„Bist du eigentlich noch dabei?", vernimmt Marius, während sein Blick abwesend über das Meer gleitet. Sanfte Wellen schlagen unter der brennenden Sonne, die hoch am Himmel steht. Ohne auf das Spielbrett zu schauen erfühlt er eine Figur und schiebt sie ein Feld weiter. Plötzlich spürt er eine Hand auf seiner, die den Zug auf das richtige Feld lenkt.
„Marius!", versucht ihn die Stimme wieder aus den Gedanken zu reißen. Dieses Mal fährt Marius herum.
„Hm?", Sein Blick trifft auf die ruhigen Augen seines Vaters.
„Ich denke wir können das Spiel hier abrechen", Kasper seufzt schwer.
„Aber wieso denn?", fragt Marius verblüfft ohne einen Blick auf das Spielfeld vor ihm zu richten.
„Weil du nicht mehr richtig dabei bist. Du wolltest gerade den Kerkermeister aus dem Spiel werfen. Du weißt doch was dann passiert", erklärt Kasper seinem Sohn. Marius schaut ratlos zu seinem Vater. Er muss eine Weile überlegen bis er sich erinnert, dass sie ein Spiel mit dem Namen Infiltro gespielt haben.
„Natürlich weiß ich was dann passiert. Dann kann ich meine Verbündeten nicht mehr zurückholen", versucht Marius sich noch irgendwie zu retten. Doch er hat zu lange mit seiner Antwort gewartet.
„Vorhin wolltest du einen Schildträger von vorne angreifen! Du wusstest schon als 10-jähriger, dass das nicht möglich ist", wirft Kasper ihm vor. Marius blickt betrübt auf das Spielfeld. Tatsächlich muss er zugeben, dass seine Figuren nicht gerade gut verteilt sind und erst recht nicht so, dass er gegen seinen Vater eine Chance haben könnte.
„Was bedrückt dich", fragt Kasper. Trotz der strenge in seiner Stimme, blickt er besorgt zu seinem Sohn.
„Es ist nur so, dass ich mir Gedanken darüber mache, was wäre, wenn ich tatsächlich manipuliert wurde. Ich wäre nutzlos ohne diese Fähigkeiten!", Marius schaut zu seinem Vater auf.
„Ich besitze doch auch keine Fähigkeiten. Bin ich deswegen etwa nutzlos?", sagt Kasper etwas gekränkt.
„Nein, so meinte ich das nicht...", verteidigt sich Marius schnell. Sein Vater lächelt ihn verständnisvoll an. Marius seufzt kurz ehe er sich erhebt und unter Deck geht.
„Wie geht es Milan?", fragt Marius als er das Zimmer seines besten Freundes betritt. Suki sitzt auf einem kleinen Hocker vor dem Bett und hält die Hand des schwarzhaarigen Jungen. Milans Augen sind zwar geöffnet, doch der graue, trübe Schleier über seiner eigentlich grünen Iris verrät Marius, dass er nun auf beiden Augen blind ist.
„Bist du das Marius?", fragt Milan, während sein starrer Blick nach oben gerichtet ist. Marius tritt näher an die beiden heran. Die ganze Fahrt über ist Suki kein einziges Mal von seiner Seite gewichen.
„Ja. Ich wollte nur bescheid geben, dass wir heute noch in Arion ankommen. In der Bergkette östlich der Stadt liegt der Tempel Itra. Dort wird es möglich sein dich zu heilen.", erklärt Marius.
„Wird er je wieder das Tageslicht sehen können?", fragt das zärtliche Mädchen mit zitternder Stimme. Marius überlegt kurz wie er es am schmerzfreisten Formulieren kann ehe er Suki eine Antwort gibt:
„Nun, wie schon gesagt, denke ich, dass er auf einem Auge wieder sehen wird.", sagt er und lässt dabei weg, dass es für sein linkes Auge keine Hoffnung mehr gibt und das selbst bei seinem anderen Auge nichts sicher ist. Suki nickt kaum erkennbar. Marius ist aufgefallen, dass sie während den letzten fünf Monaten keine einzige Träne mehr vergossen hat. Trotz der immer schlimmer werdenden Situation ihres Liebhabers. Ob sie dies aus Stolz tut? Eigentlich kam sie für ihn so herüber, als würde ihr Stolz nichts bedeuten, doch umso länger er nachdenkt, umso unwahrscheinlicher kommt es ihm vor, dass sie überhaupt keinen Stolz besitzt bei so einer Verwandtschaft.
DU LIEST GERADE
Die Drachenlegende - Die Kinder der Leere
Fantasía„Es wird nie wieder wie früher werden!", faucht Milan die zerbrechliche Gestalt vor ihm an. Einige Tränen lösen sich aus den Augen seiner Freundin und rollen über die heißen Wangen. „Es tut mir leid, aber er muss seine Strafe bekommen. Wenn ich es...