Kapitel 12- Milans Verhängnis

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Unruhig starrt Milan über das weite Meer zu der grünen Insel. Wild trommeln seine Finger dabei auf der Reling des Schiffs. Nur dieses Geländer und die tosenden Fluten trennen ihn noch von seinem Rivalen. Wenn er die Augen schließt scheint es sogar so, als könne er ihn mit seiner Klinge bereits erreichen. Als könne er seine Waffe tief in sein Herz bohren, um Luis das Leben aus dem Körper zu ziehen. Wütend krallt er seine Finger tiefer in das feuchte Holz. Als er die Augen wieder aufschlägt, ist alles vorbei. Seine Wut scheint wie weggeflogen. Denn eine kleine Gestalt mit goldenen Strähnen legt sanft eine Hand auf seine Schultern. Milan schaut zu ihr und ein tröstender Blick trifft ihn.

„Worüber denkst du nach?", obwohl es Milan oft so vorkommt als wäre Suki seine Seelenverwandte, merkt er in solchen Augenblicken, dass auch ihre Beziehung nicht perfekt ist. Suki würde niemals verstehen, warum Milan ihren Bruder umbringen will.

„Ich glaube er weiß es bereits. Und das ist das einzige das zählt.", antwortet Milan knapp, während sein Griff um die Reling fester wird und ein von Zorn erfüllter Blick über sein Gesicht huscht. Suki überlegt ehe die Sorgenfalten auf ihrer Stirn verraten, dass sie herausgefunden hat, was Milan mit diesem Satz meint.

„In Lavandria stieß mir von Luis so eine Wut entgegen. Er wird das gleiche über dich denken", sie weiß, dass es diese Antwort auf keinen Fall besser macht, doch trotzdem kann sie den Jungen nicht anlügen. Das einzige, dass sie tun kann ist ihm einen Arm umlegen und hoffen, dass der Zorn für diese Sekunde verfliegt.

„Milan", vernimmt er eine kratzige Stimme direkt hinter ihm. Er dreht sich um und blickt zu Marius, der von seinem Vater an Deck des Schiffes getragen wird. Fassungslos starrt Milan zu der von Kratzern und Blut bedeckten Gestalt seines Freundes. Seine Glieder fühlen sich in diesem Moment wir versteift an und das Blut rauscht in seinen Ohren. Als Milan nicht reagiert stürzt Suki nach vorne, um die Hand des Orakels zu packen und ihre heilenden Fähigkeiten auf ihn zu verwenden. Misstrauisch mustert der Drache sie dabei. Doch er unterbricht es nicht. Nach all der Zeit traut Tenebrea der Tochter der Leere immer noch nicht. Irgendwann schaut Milan dann zu seinem Vater. Auch dieser sieht nicht besser aus. Seine Schuppen sind ramponiert und von Blut bedeckt. Eine Kralle wurde abgehackt und in seinem Schweif ist eine riesige Narbe von einem heftigen Hieb zu sehen, aus der immer noch dunkles Blut läuft. Nicht zu vergessen sind die ganzen kleineren Narben, die vor allem seine Flügel und sein Gesicht überziehen.

„Du hättest mich mitnehmen sollen. Ihr hättet nicht versagt hättest du auf mich gehört und mich mit dir in den Kampf ziehen lassen", faucht Milan wütend seinen Vater an. Die zwei blitzen sich durch ihre grünen Augen an. Man könnte meinen dies ist ein harmloser Starr-Wettbewerb, wenn die Luft um sie herum nicht so vor Zorn knistern würde.

„Wir hatten das geklärt! Deine Augen sind laut diesem Fremden noch nicht ganz geheilt und das weißt du auch!", stolz richtet sich Tenebrea vor seinem Sohn auf, während seine Muskeln eindrucksvoll in der langsam sinkenden Sonne glitzern.

„Seit wann vertraust du Fremden so sehr? Ich kann auf beiden Augen sehen! Da gibt es nicht mehr was wieder heilen kann. Also lass mich gehen, sonst...", Blind vor Wut greift Milan zu seiner Sense bis eine Berührung an der Schulter ihn aufschrecken lässt.

„Beruhig dich!", flüstert ihm eine vertraute Stimme ins Ohr. Zögernd lockert Milan seinen Griff. Danach schaut er zu der Person und sanfte, violette Augen treffen ihn.

„Lucy! Du bist wieder zurück. Heißt das, du weißt wo sie sind?", fragt Tenebrea sie. Lucy zögert kurz. Danach schüttelt sie den Kopf.

„Der Urwald ist zu dicht. Ich kann sie von oben nicht entdecken", erklärt sie mit fester Stimme. Ein knurren ertönt aus Tenebreas Kehle. Danach spreizt er die Flügel und hebt ab. Ein starker Windstoß streicht durch Milans schwarze Locken.

Die Drachenlegende - Die Kinder der LeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt