Chlor. Nässe. Angenehme Kühle. All das umfängt mich innerhalb dieser Zehntelsekunden in denen Caiden und Ich, engumschlungen, die Wasseroberfläche des Pools durchbrechen. Und ich genieße es. Jeden Millimeter den ich aktiv bemerke, der mich und Caiden miteinander verbindet, brennt sich in mein Gehirn. Das Kribbeln seiner warmen Haut auf meiner von Gänsehaut überzogenen, fühlt sich besser an als jede Achterbahnfahrt und jedes Lagerfeuer zusammen. Ab hier fängt eine leise Stimme in meinem Hinterkopf an zu singen, dass das hier nur ein Disney-Moment ist, der für einen Abend anhält und ab morgen nicht mehr existent sein kann. Für beide von uns. Sowohl für Ihn als auch für mich. Wie in Zeitlupe suche ich etwas, das mich möglicherweise vor dieser getimten Erinnerung retten könnte und treffe auf das schönste und gleichzeitig wohl unergründlichste des Menschen. Das kalte, stürmische, tiefe blau der Augen die sich wie ein Meer im Aquarium verlieren, um von den gelben Kontrastsprenkeln abgelöst zu werden und mehr als ohnehin herausstechen zu können. So wie die Farbe seiner Augen abgewechselt wird, werde ich aus meinem Rettungsversuch gerissen, der mich nur tiefer ins Verderben schickte, als es mich hätte retten sollen. Auch als das Wasser kurz meine Sicht trübt, halte ich an seinem Blick an, der meinem Herz mehr Kontrolle gibt, als es haben sollte und vertragen kann. Mein knapper Atem und das Stechen meiner Lungen zwingt mich nach oben. Oder war es das Adrenalin, für das was noch passieren könnte? Ich weiß es nicht. Ehrlich nicht. Und das macht mir Angst, da jeder von uns weiß, oder es zumindest vermuten kann, das man eher verletzt, als gerettet wird.
Sein klares Lachen lässt meine Gedanken wieder alleine und mich in dieses undurchdringliche Blau blicken. "Alles klar bei dir?" Mit verwirrtem Gesichtsausdruck sehe ich ihn an und bemerke die Denkfalte die sich auf seiner Stirn bildet und durch seine Haare, die klatschnass auf seiner Stirn kleben, kaum zu bemerken ist. "Was meinst du?" Die Freude und Fröhlichkeit in seinem Blick ist immer noch da und scheint kaum nachzulassen. "Ich habe dich gerade in den Pool geschmissen und du rastest nicht mal aus?" Mit meinem Nachzüglerhirn seinem Gedankengang folgend, lächle ich ihn leicht an. "Bin ja nicht die einzige die heir drinnen gelandet ist." Sein Lachen wird lauter und ich schaue ihn noch verwirrter als ohnehin schon, ins Gesicht und versuche den Grund seiner Reaktion zu finden. "Was denn?" Das Lachen wird irgendwie zu einem Kichern, das ihn süß und wie einen kleinen Jungen wirken und aussehen lässt und mich die Welt jetzt gar nicht mehr verstehen lässt. "Du bist niedlich." Niedlich. Niedlich ist das einzige was Caiden einfällt. Was habe ich denn sonst erwartet? Sowas wie, 'Jonah du siehst aus wie eine Göttin, so wunderschön bist du'. Sowas jetzt nicht wirklich, aber niedlich ist einfach ein Wort mit dem ich mich nicht identifizieren kann. "Niedlich. Bin weder das, noch etwas ähnliches, also hör auf mich so zu nennen. Du weißt ja, das ich mit einem Pfefferstreuer umgehen kann." Mal wieder, lacht Caiden und seine Augen fangen förmlich an zu strahlen. Wie ein nasser Hund schüttelt er seinen Kopf, was dazu führt, dass das Wasser, das sich zuvor in seinen Haaren befand, zu allen Seiten hin fliegt und mich teilweise im Gesicht trifft, was mich aber recht wenig stört. Der Beat der Musik wird unmerklich lauter, die Menschenmasse wird mehr und weicht auf den Pool aus, was dazu führt das ich näher an Caiden stehen muss. Ich glaube meinen Namen gehört zu haben und drehe mich um, nur um kurz darauf meine Beine von starken Händen umgriffen zu haben. Innerhalb weniger Sekunden sitze ich auf den breiten Schultern meines Teilzeitmitbewohners und bin ihm dankbar, nicht in dieser Süffe mit schätzungsweise 40 anderen Leuten stehen zu müssen. "Na Fliegengewicht, wie ist die Sicht von da oben?" Ein Grinsen zieht sich auf meine Lippen, da die Sicht von seinen Schultern aus, besser ist als da untern zu stehen. Außerdem ist die Luft um einiges besser. "Ganz schön unscharf und neblig. King Kong winkt mir grad von dem Wolkenkratzer vor mir zu, mehr kann ich aber nicht erkennen. Halt. Warte. Da hinten fliegt doch tatsächlich Harry Potter mit einem Besen rum. Unglaublich!" Während ich rede, merke ich die Vibrationen seines Lachens auf mich übergehen, während er mit mir auf sich, als ob ich nichts wiegen würde, was unmöglich ist, auf Grund der Menge an Essen die ich verschlinge, aus dem Wasser läuft und mich irgendwo hinter einem großen Baum herunter lässt.
"Warte mal kurz. Bin gleich wieder da." Kaum hat er mich abgelassen, verschwindet er wieder und lässt mich mit einem Baum und dem darauf befindenden, dachlosen Baumhaus alleine. Irgendwie, fragt nicht wie, habe ich es geschafft da drauf zu klettern und kann eine Picknickdecke sehen und einige alte Girlanden, die heir bestimmt schon Jahre lang hängen müssen. Kurzerhand setze ich mich auf die Decke und warte auf Caiden, der mit zwei dieser roten Klischee-Bechern auftaucht und erst einmal suchend um sich blickt, bis ich ihm eine Haselnuss, die heir oben lag, auf den Kopf werfe. Schmunzelnd schüttelt er den Kopf, klettert mithilfe einer Strickleiter, die ich davor nicht bemerkt habe, hinauf und lässt sich neben mir nieder. Er reicht mir einen Becher und fast augenblicklich fangen wir an über das unbedeutendste der Welt zu reden. Ungefähr sowas wie der Name unseres ersten Haustieres und was unser Lieblingseis ist. Wir haben einfach ein Gespräch, von dem ich mir wünsche, es würde aufgrund seiner kleinen Lacher, der Grübchen in seinen Wangen und den fantastischen Augen, niemals aufhören. Eventuell hat der konsumierte Alkohol zu diesem Gespräch beigetragen. Vielleicht auch zu unserer lockeren Stimmung und unserem häufig werdenden, gegenseitigen Necken. Der Himmel wird immer dunkler und irgendwann haben wir uns nebeneinander auf den Rücken gelegt um jetzt in den Himmel zu schauen, der von Zeit zu Zeit mit mehr Sternen überseht wird.
"Jonah?"
"Ja?"
"Was war deine Erwartung an den heutigen Abend?"
"Caiden hör auf. Du hörst dich wie einer dieser Umfragezettel nach einem Vortrag an."
"Das ist eine ernstgestellte Frage, Jonah."
"Um ehrlich zu sein, hatte ich gar keine."
"Und wenn du einen Wunsch jetzt frei hättest, so als Geburtstagsgeschenk sozusagen?"
"Soll ich ehrlich sein?"
"Ja. Bitte."
"Wenn du gehst und damit meine ich gehen, im Sinne von, du schläfst nicht mehr bei mir zuhause, dass du so gehst, das ich ganz sicher nicht vergesse, wer der beste Kurzzeitmitbewohner meines Lebens war."
"Okay."
Mein Kopf zu ihm gedreht, blicke ich sein Profil an und erhoffe mir den Grund dieser Fragen zu erraten.
"Jonah?"
"Hm?"
"Schließ deine Augen."
Ohne seine Anweisung zu hinterfragen, tue ich was er sagt.
Das Rascheln seiner Badehose und ein kurzer Luftzug, geben mir den Hinweis, das er sich bewegt hat. Aber danach, nichts. Keine Berührung, Geräusche, Gerüche oder sonstiges.
Bis zu dem Moment an dem ich den Hauch von Chlor, Alkohol und Caiden rieche. Danach einen warmen Atem auf meinem Hals, dem Gesicht. Nichts. Danach kommt nichts.
"Caiden?"
Ohne die Augen geöffnet zu haben, frage ich nach ihm, in der Angst das er mir gleich etwas über den Kopf schüttet oder schlimmeres.
Ein leises Murmeln und sein warmer Atem ist seine Antwort.
Etwas weiches, warmes und gleichzeitig raues berührt meine Lippen, was sich als die Lippen von Caiden herausstellen. Wenige Augenblicke später setzt mein Gehirn aus und sanft erwidere ich den Kuss, mir nicht bewusst warum das passiert und wieso. Der Geschmack von Alkohol und Minze macht sich auf meiner Zungenspitze breit, brennt sich mit jeder vergehenden Millisekunde weiter in meinen Kopf und setzt sich fest. Es ist keiner dieser verzehrenden Küsse, die Raubtieren ähneln. Eher ist es einer dieser Küsse, von denen man nur einen Hauch spürt und wünscht es würde nie enden, da es zu schön ist um den Moment verlassen zu wollen.
Was aber immer passiert.
Sie enden.
Man verlässt den Moment.
Zärtlich und wie ein Hauch lösen sich unsere Lippen, meine Hoffnung und mein Herz daran klammernd, das es gleich wieder passieren wird.
"Auf wiedersehen."Das waren die letzten Worte die ich von Caiden gehört habe.
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Zigaretten, Spaghetti & Gummibärchen
RandomDa wäre eine geklaute Packung Spaghetti. Dann eine Schuld, begonnen durch Zigaretten. Und das Friedensangebot aus Gummibärchen. "Dir ist schon bewusst, dass du gerade auf der falschen Straßenseite fährst?" versuche ich ihn dazu zu bewegen, endlich w...