Fifteen

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Verschlafen und meinen Traum nachtrauernd  taste ich nach meinem Handy. Nach mehreren Anläufen schaffe ich es den grünen Hörer auf die Mitte des Bildschirms zu ziehen und den Anruf anzunehmen, nicht bereit und erahnend was die nächsten Stunden passieren wird.
"Jonah? Jonah, mir scheiß egal das du frei hast und es verdammt nochm- AH FUCK VERDAMMTE SCHEIßE! KOMM IN DAS VERDAMMTE KRANKENHAUS ODER ICH TRETE DIR IN DEINEN ARSCH UND DU WIRST NIEMALS PATENTANTE SEIN!!! NIEMAND DIESER DRECKS ARZTSÄCKE HAT GESAGT DAS ES SO VESCHISSEN WEH TUT!!! WAG ES ALSO JA NICHT DIR ZEIT ZU LASSEN ODER ICH BRING EIGENHÄNDIG JEMANDEN UM! WARUM KÖNNT IHR NICHT MIT DEM STORCH KOMMEN WIE MAN ES DEN GANZEN KNIRPSEN ERZÄHLT???????"
Patentante. Pa-ten-tan-te. Krankenhaus. Kran-ken-haus....die einzigen Worte die ich aus diesem 'Gespräch' heraus gehört habe.
Ava hat Wehen. Sie ist im Krankenhaus. Die Zwillinge kommen.
Ich werde Patentante.
Mein Kopf ist langsamer wie meine Beine, denn ich stehe schon halb auf der Treppe, bevor mir klar wird, dass ich eine Hose und Schuhe brauche. Und ein Taxi.
Nach oben stolpernd schlüpfe ich, für meinen Geschmack viel zu langsam, in meine Hose und meine Schuhe, renne nach unten, greife währenddessen nach meinem Handy und meinem Portemonnaie, bevor ich die Türe elegant zuschmeise.
Während ich in Richtung des Supermarktes renne, rufe ich ein Taxi, damit es mich von dort in das Krankenhaus fährt. Schnaufend komme steige ich in das schon wartende Taxi. Wie in Zeitlupe fährt der Fahrer los und die Lichter der Ausenwelt ziehen vorbei. Nervös blicke ich immer wieder auf meine Armbanduhr. Die Sekunden verstreichen wie Minuten und die Minuten wie Stunden. Nach einer gefühlten Ewigkeit wird das Auto langsamer und bleibt Schluss endlich vor dem Krankenhauseingang stehen. Neben mir selbst, drücke ich dem Taxifahrer einen zwanziger in die Hand und sprinte los. Irgendwie schaffe ich es zum Empfang ohne die Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. Bevor ich jedoch fragen kann, wo sich meine beste Freundin befindet. Wie in Watte gepackt, nicke ich der Dame entgegen und folge meinen Füßen.
Die Kleinen kommen.
Meine beste Freundin wird Mutter.
Ich werde Patentante.
Jetzt erst realisiere ich alles und mein Kopf stürzt vor lauter Fragen ein. Wie lange ist sie schon in den Wehen? Wie lange dauert das normalerweise? Hätte ich was mit bringen sollen? Was ist, wenn ich eine schlechte Patentante werde? Wie wird ihr Verlobter auf mich reagieren? Was muss ich überhaupt tun? Werde ich bei der Geburt helfen? Oder hätte ich was zum Essen bringen sollen? Oder doch Eiswürfel oder einen nassen Lappen?
Bevor ich überhaupt noch weiter darüber nachdenken kann werde ich an der Schulter angestupst. Eine Hebamme sieht mich freundlich und mit einem warmen Lächeln an, spricht irgendetwas, was ich nicht verstehe.
"Entschuldigen sie, aber was haben sie gerade gesagt?" frage ich verwirrt nach.
"Ich habe sie gefragt ob sie ein Familienmitglied von dieser Patientin aus Raum 576 sind?" Wiederholt sie freundlicherweise nochmal für mich Vollpfosten.
"So in etwa. Ich bin die Patentante der Kinder."
"Ach, dann sind sie Jonah Harrison. Die Geburt verläuft bisher sehr gut. Der Gebärmutterhals ist wie geplant geweitet und die Geburt verläuft reibungslos. Abschätzend wird die Geburt bald ein Ende haben und sie werden ihre Patenkinder in den Händen halten können. Sie können hinein gehen, aber zuvor bitte ich sie ihre Hände zu desinfizieren und jeglichen Schmuck an den Händen abzunehmen, sowie ihre Haare zusammen zu binden. Sagen sie der Patientin Bescheid, dass ich in einigen Augenblicken wieder bei Ihnen sein werde." Einknicken meinerseits ist ihr wohl Antwort genug, denn sie verschwindet und lässt mich mit frisch desinfizieren Händen stehen, ehe ich die Tür öffne. Was jetzt vor mir geschieht lässt mein Herz stillstehen, meinen Kopf rattern und meine Lunge ohne Sauerstoff zurück.

Unsicher ob ich jetzt zuerst zu meiner, in den Wehen liegenden, schreienden und vor Schmerzen ausgelaugten, besten Freundin oder dem Mann der an ihrer Seite steht, ihr zuspricht, die Hand seiner Verlobten und Mutter seiner Kinder, hält, so glücklich aussieht und mir docho so bekannt vorkommt, bis es mich wie ein Blitzschlag durchfährt.

Dort, neben dem Bett steht ein großer Mann mit ein und derselben Lockenmähne und der gleichen gebräunten Haut wie ich sie besitze.
Mit dem selben Lächeln wie meine Mutter es besitzt.
Mit den selben stechend grauen Augen wie die meines Vaters.
Dort neben Ava, steht Joshua Harrison.
Mein Bruder.
Halt.
Mein genetisch und biologischer Verwandter.
Ein alter Bekannter.
Aber nicht mehr mein Bruder.
Diesen Titel und Namen hat er nicht verdient.
Nicht mehr.
Sein Blick hat sich von Ava nicht gehoben, das Lächeln immer noch auf seinen Lippen, die Hand beruhigend auf ihrer Stirn. Seine Stimme ein Fluss an beruhigenden Wörtern, der auf Ava zu fließt.
Diese beruhigende Seite von ihm lässt mich wieder in das jetzt zurück kommen und ihn ihn weiter zu beachten udn mein Herz mal außen vor zu lassen, eile ich auf das Bett zu und ergreife Avas andere Hand, die sich wie ein Schraubstock um meine schließt und mich beinahe einen Arzt rufen lässt, weil sie sich jetzt alles andere als gesund und ungebrochen anfühlt.
"Hey Süße. Die Hebamme kommt gleich wieder."
"Jonah. Gott sei um Himmels Willen Dank. Ich schwöre das hier fühlt sich schlimmer an als alle es beschreiben. Wenn diese kleinen Bälger auf der Welt sind schwöre ich, dass mich keine tausend Pferde dazu bringen jemals wieder Kinder zu bekommen. Und ich schwöre auch dir Josh, wehe du schwängerst mich nochmal, dann kastrieren ich dich mit zwei Ziegelsteinen und ner Machete." zischt mir die werdende Mutter entgegen, während sie sich auf die immer kürzer und öfter werdenden Wehen konzentriert. "Aber Schatz, dann musst du dich auch zurück halten, denn an all dem sind immerhin nicht nur ich, sondern auch du Schuld." Ava wirft Joshua einen vernichtenden Blick zu, ehe sie sich wieder mir zuwendet. "Versprich mir, dass du ihm nachher eine runter schlägst. Vor allem weil er sich weder vorstellt - ein weiter Blick trifft meinen biologischen Verwandten - noch seiner Frau irgendwann mal erklärt hat, dass ich den Bruder meiner besten Freundin zu dem Vater meiner Kinder gemacht habe."
Kaum sind diese Worte aus ihrem Mund, hebt er langsam seinen Kopf aus dem jegliche Farbe gewichen ist, öffnet und schließt seinen Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen, bringt aber keinem Ton heraus.
Ohne weiter auf ihn zu achten, sehe ich wieder meiner, so wie es scheint, Schwägerin ins Gesicht und hebe fragend eine Augenbraue.
"Jonah ich bitte dich. Nicht mal ich bin so blöd und merke die Ähnlichkeit zwischen euAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHH. VERDAMMTE SCHEISE."
Immernoch meinen "Bruder" ignorierend, sehe ich auf als die Hebamme hinein kommt, sich Avas Lage genauestens ansieht, ehe sie sagt: "Sie haben es gleich geschafft. Sie müssen nur noch ein, zweimal pressen."
Avas Antwort ist ein stilles Nicken und Schluchzen.
"Auf Drei atmen sie bitte tief ein und dann langsam aus, während sie pressen."

Ab diesem Moment, ist mein Kopf wieder in Watte gepackt und auf Schlafmodus. Ich spüre ihre Hand um meine, ihre Schreie, mich selbst wie ich ihr Zurede.
Und einen Schrei.
Und einen Zweiten.
Und die Freudentränen und Schluchzer auf den Gesichtern dieser kleinen Familie als die kleinen Racker in den Armen ihrer Eltern liegen.
Und meine eigenen Tränen. Aus Dankbarkeit, Freude und Herzenswärme für dieses Glück und diesen Moment.


Hallihallöchen meine Lieben:)

Ich wünsche euch allen noch ein frohes Weihnachten und schon mal ein frohes neues Jahrzehnt und eine guten Rutsch:)

Dieses Kapitel ist überhaupt nicht so wie ich es wollte, aber was will man machen.

Ich hoffe ihr habt noch ein schönes restliches Jahr:)

Fühlt euch gedrückt♡

Diana;)

Zigaretten, Spaghetti & GummibärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt