Sixteen

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Jetzt stehe ich hier und sehe in die wohl bezaubernsten honigbraunen Augenpaare die ich je in meinem Leben gesehen habe. Das  wundervolle Gefühl der kleinen Fingerchen die sich um jeweils einen meiner Zeigefinger schließen und das friedliche Lächeln auf den Lippen meiner Neffen. Meine Neffen.
Michael Terrish.
Matthew Terrish.
Mike und Matt Therrish.
Meine allerliebsten kleinen Bengel.
Die Söhne meiner besten Freundin. Und meines Bruders. Dennoch kenne ich beide gerade mal einige Stunden und weiß jetzt schon ganz genau, dass ich für Beide die Hölle in Bewegung und die Sterne vom Himmel holen werde. Glaubt mir wenn ich euch sage, dass ich bisher keine Kinder wollte, aber die Beiden es mir gerachte ziemlich schwer machen mich daran zu halten. Langsam gleiten die Finger der Kleinen von meinen, bis sich schlussendlich Ihre Augen schließen und sie tief und fest in den Armen ihrer Mutter eingeschlafen sind. Meine Augen wandern zu dem Gesicht meiner besten Freundin, welche noch nie im Leben so friedlich und glücklich ausgesehen hatte. Mit glitzernden Augen und einem Lächeln auf den Lippen wie ihre beiden Jungs sieht sie mich nun an. "Du und Josh. Geht. Ihr solltet euch nach solch langer Zeit wirklich aussprechen." Erstaunt und doch mit schlechtem Gefühl im Magen nicke ich. Ebenso muss mein Bruder auch aussehen. Langsam, wie in Zeitlupe gehen wir beide auf die Tür zu, die sich hinter uns schließt. Die jetztige Situation muss sich mit anderen verglichen, ungefähr wie das erste Mal mit den Eltern des festen Freundes oder der festen Freundin reden. So stehen wir beide also vor dem Zimmer der neugewordenen Mutter, mit verschränkten Armen und verlegen, mit trockener Zunge auf den Boden blickend. Keiner von uns wollte den ersten Satz sagen.
"Glückwunsch."
"Dankeschön."
"Du musst wohl sehr stolz auf dich sein. Und auf Ava. Du wirst sicherlich ein guter Vater."
"Das bin ich . Und ich hoffe es wirklich sehr."
Schweigen. Seine leicht dreckigen Sneaker quietschen auf dem Boden, als er verlegen einen Kreis mit seinem Fuß zieht.
"Es tut mir leid."
Mit fragenden Augen und hochgezogener Augenbraue hebe ich meinen Kopf.
"Was genau? Dass du gegangen bist? Dass du den wohl dümmsten Scheiß abgezogen hast? Oder dass du seit mehr als 4 Jahren mit meiner besten Freundin zusammen bist, mit ihr verlobt bist und sie geschwängert hast, ohne einmal nach deiner kleinen Schwester zu sehen?"
Meine Stimme wird mit jedem Wort lauter, doch meine Stimme bricht gegen Ende wieder.
Eine Antwort habe ich nicht zu erwarten. Diesmal nicht. Die vorherigen Male nicht. Die kommenden Male nicht. Niemals habe ich eine Antwort zu erwarten.
"Alles."
Wenn das mal keine Lüge oder soetwas wie bereuen ist. Was es ist weiß ich noch nicht.
"Hör zu Jonah. Ich weiß ich hab Scheiße gebaut. Ich weiß es war verdammt nochmal dumm da mit zu machen. Es war dumm dich allein zu lassen, aber ich verspreche dir, ich bin anders. Die Zeit hat mich verändert. Ich bin kein Arschloch mehr. Zumindest nicht mehr so wie früher."
"Erzähl mir keinen Teufelskram Joshua. Seit acht Jahren habe ich nur ein Sterbenswörtchen von dir gehört und das war, als du um Geld gebettelt hast. Und ich Idiotin hab es dir auch noch gegeben. Ich hatte Hoffnungen dass du zurück kommen würdest. Zu mir. Zu Kilian. Nach Hause. Das war vor 6 Jahren damit du aus dem elednigen Gefängnis kommst. Und was ist passiert? Du hast es jedem anderen gegeben aber nicht für dich selbst benutzt. Aber du kanns dir sicher sein, mit meinem 15-Jährigen Ich bist auch du gestorben, also glaube ja nicht wir können jetzt Friede-Freude-Eierkuchen spielen. Und keiner verändert sich. Nicht so. Du kannst das jedem anderen erzählen, aber verkauf mich nicht für dumm. Du hast lieber Lorena gevögelt und diesen Drecks Angeber scheiß durchgezogen, anstatt Erwachsen zu werden wie der Rest von uns. Du hast Kilian im Stich gelassen. DU hast mich im Sich gelassen. DU hast DICH SELBST im Stich gelassen WEIL DU SO VERDAMMT TIEF IN DIE SCHEIßE REINGELATSCHT BIST." Eine einzige heiße Träne läuft meine Wange hinunter. Meine Wangen glühen und meine Stmme bebt. Mit verletztem und Reue zeigendem Blick sieht er mich an.
"Jonah..." "NICHTS MIT JONAH. ICH LIEBE AVA ÜBER ALLES ABER DU HAST SIE MIR VORGEZOGEN. DEIN EIGENES GLÜCK VOR DEINER SCHWESTER. ICH HABE TAG UND NACHT AUF DICH GEWARTET, NACH DIR GESUCHT, MICH IN DEN SCHLAF GEHEULT." Die Schutzdämme in meinen Augen sind gebrochen. Der Staudamm offen. Die Tränen frei. Heiß und glühend fließen sie, sich gegenseitig ein Rennen liefernd, mit schmerzvollen Erinnerungen und all der Wut und Enttäuschung getränkt.
"Ich wollte dich nie verletzen. Ich war dumm. Zu dumm. Und ein schwanzgesteuertes Arschloch. Ich bitte dich nicht um Vergebung. Ich bitte dich nur, dir alles anzuhören. Die ganze Geschichte. Danach kannst du mich auf Lebenszeit hassen, aber bitte glaube mir, ich habe das alles nie so gewollt." Auch Joshua, meinem Bruder fließen die Tränen aus den Augen. Er hat nie geweint. Immer war er der Stärkere von uns.
Mein Schweigen deutet ihm zu beginnen und er erzählt.
Alles.
Von seinem Plan mit Lorenas Freunden und Brüdern.
Die ihn verarschen wollten und ihn bei einem Deal hochgehen lassen wollten.
Er, der trotz seiner Liebe zu Lorena an mich gedacht hat und ihre Familie und Freunde verraten hat an die Cops.
Die Cops, die im trotz alledem gefangen genommen haben und ihm seine Aussage und Zusammenarbeit nicht glaubten, bis Kilians Vater ins Spiel kam. Wie er im Gefängnis, aufgrund eines falschen angehängten Vergewaltigungsvergehens 3 Jahre sitzen musste, bis Lorena die Anklage zurück gezogen hatte. Wie sie ihn angezeigt hatte, um sich an ihm zu rächen für den Verrat. Wie er nicht nach Hause gekommen ist, da er mir und unseren Eltern nicht unter die Augen treten wollte.
Wie er versucht hat sich von Möchtegernfuckboy zu einem Gentleman zu verbessern. Wie er eine Stelle als Mechaniker in einer Kleinstadtwerkstatt angenommen hatte, um sich mit selbstverdientem Geld ein besseres Leben leisten zu können. Wie er Ava kennen lernte, als sie ihre Eltern in der Kleinstadt besuchte. Wie sich mehr entwickelte, bis hin zum jetzigen Zeitpunkt.
Seine, so wie Meine Tränen sind versiegt und wir stehen uns stumm anblickend entgegen.
"Wie du schon gesagt hast. Ich werde dir nicht verzeihen. Jetzt nicht. Aber ich werde dich akzeptieren und versuchen all das zu verarbeiten."
Seine Augen fangen an zu leuchten und seine Zähne kommen zum Vorschein, während er noch mehr strahlt als bei der Geburt seiner Kinder. Überschwänglich kommt er auf mich zu und zieht mich in seine Arme. "Ich danke dir." flüstert er ganz leicht in meinen Nacken, als seine Tränen auf meine Schulter tropfen. Beruhigend entgegne ich die Umarmung, schiebe ihn jedoch sachte von mir und schaue ihn, mit dem Ausdruck eines Neuanfangs in den Augen, an. "Hopp jetzt. Du darfst keine Heulsuse sein. Deine Frau hat gerade Zwillinge auf die Welt gebracht also ab mit dir." Während ich das von mir gebe, finden wir beide den Weg in das kleine Zimmer, in dem eine glückliche Ava uns von dem Bett aus anstrahlt.
"Endlich kann ich euch beide gleichzeitig in meinem Leben lassen."

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