Twelve

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Eine einzige knallrote, wunderschöne Rose liegt inmitten meines verschneiten Hauseingangs und gleicht damit einem Blutstropfen im Schnee. Die Verwunderung weicht aus meinem Kopf und wird genau so wie die aufkommende Kälte an meinen Füßen verdrängt, und macht meinem faszinierenden Blick platz. Wer lässt eine rote Rose nachts und mitten im Februar an meiner Tür liegen? Der Tag sollte mich nicht verwundern, denn es ist der ach so übertrieben gefeierte Valentinstag. Ich wette das waren diese kleinen Nachbarskinder, die sich einfach nur einen schlechten Witz erlaubt haben. Vorsichtig umschließe ich den Stiel der Rose mit meinen Fingern, komme aber nicht darum, mich mit einer Dorne in den Finger zu stechen. Immer noch fasziniert beobachte ich, wie sich ein kleiner Tropfen Blut an der Stelle des Stiches sammelt, und wie in Zeitlupe, in den Schnee unter mir, direkt vor meine nackten Füße fällt. Fast sofort holt mich die Kälte ein, was mich dazu bringt, nach innen zurück zu kehren und mich meinem Essen zu widmen, wobei die Rose jetzt in der einzigen Vase steht die ich besitze und wie ein falsch platzierter Farbklecks am Kopfende des Tisches steht. Die kalten Nudeln finden ihren Weg Stück für Stück in meinen Mund, während irgendein Nachrichtensender als Hintergrundgeräusch im Fernseher läuft. Ein positiver Punkt, nicht in einer der Mietwohnungen im Herzen der Stadt zu wohnen ist, das sich keiner meiner Nachbarn beschweren kann, wann und wie laut ich Fernseher sehe, Musik höre oder vor mich hin gröle. Instagram weiß um 4 Uhr in der Nachts auch nichts neues, was mich zur Couch führt und Netflix zum Einsatz bringt. Die ersten Filme die auftauchen und mir vorgeschlagen werden, sind diese typischen Teenager Filme, in der das Ende immer gut ist und jeder die Liebe des Lebens findet. Das echte Leben sieht aber sehr viel anders aus. Die wahre Liebe und die Liebe auf den ersten Blick gibt es nicht. Zumindest nicht für mich. Diese Gedanken und Hoffnungen habe ich aufgegeben, als mich die zwei Personen in meinem Leben verlassen haben, für die ich jemals mehr als Freundschaft empfunden habe. Klar habe ich in den letzten Jahren den ein oder anderen Typen getroffen und bin der Meinung gewesen in ihn verliebt zu sein, bzw. einen 'Crush' zu haben, was sich aber immer nur als so eine einseitige Sache herausgestellt hat. Joshua hingegen, hatte nur Augen für sie. Kann ich ihm auch nicht verübeln, denn Lorena war damals wunderschön, mit ihren großen, runden und blauen Puppenartigen Augen und dem vollen, blonden gelockten Haar. Gesehen habe ich sie nur zwei mal, das erste mal als ich die Scheiße mit Joshua herausgefunden habe und das zweite mal als sie ihn festgenommen haben. 'Raub' hieß es damals. Sie haben einen gottverdammten Handyladen ausgeraubt und waren der Meinung, dass die Überwachungskameras nur Attrappen waren. Tja, Karma kommt halt zurück. Ich muss jetzt für andere ziemlich herzlos klingen, würdet ihr aber auch. Der Grund für meine Wut auf meinen Bruder geht weit über seine Verhaftung hinaus. Tagelang bin ich wach in seinem Bett gelegen und mir den Kopf zerbrochen, warum er das getan hat, bis er Mutter, Vater und Mir in einem Brief eröffnete, dass sein Freundeskreis damals als Mutprobe angesehen hatte, um ihn in Ihre Gruppe aufzunehmen. Totaler Mist, wenn ihr mich fragt und ich schweife gerade einiges von meinen Gedanken ab, wobei ich einen wohl zu großen Einblick in mein Leben und meine Vergangenheit gegeben habe. Manche sagen, all das ist meinem fantasievollem Kopf entsprungen, andere sind der Meinung, dass ich gewaltig unter dem nicht vorhandenen Einfluss meiner Eltern gelitten habe, da beide nie wirklich zuhause waren oder Zeit hatten. Vertreter im Außendienst, hauptsächlich Amerika und Europa, ab und an mal auch Australien und China, für eine dieser großen Autokonzerne.  Ihre Arbeit hat mich nie interessiert und wird sie höchst wahrscheinlich auch nie, obwohl sie der Grund ist, warum wir nie, bis auf dieses eine mal, Geldsorgen hatten. Mutter und Vater haben sich damals zu sehr auf die Aktien ihrer Firma verlassen und dabei den Großteil unseres Geldes verloren, das kommende Jahr dennoch einen riesigen Gewinn gemacht, der das Erbe meines Bruders und meines erheblich steigert, aber erst ausgezahlt bekommen, wenn wir beide das Alter von 21 Jahren erreicht haben und unser Vater verschieden ist, was sich hoffentlich nicht in nächster Zeit passieren wird. Hoffentlich. 
Ohne es in irgendeiner Weise bemerkt zu haben, habe ich 4 Folgen der Serie die ich frisch angefangen habe. Was solls, dann ist sie so oder so nicht interessant, wenn ich gaze 4 Folgen nicht aufgepasst habe. Warte mal. 4 Folgen? Wie viel Uhr ist es jetzt? Kurz vor halb fünf in der früh? Um Gottes Willen, was für ein Glück ich habe, dass ich heute, sowie die kommenden zwei Tage nicht ins Diner muss, da Don jeden Valentinstag schließt um seine Freundin zu besuchen, die leider Gottes 320 Kilometer entfernt in dem Bundeskrankenhaus arbeitet und somit Tag und Nacht eingespannt ist. Dieses Jahr bedeutet das für alle Angestellten drei Tage bezahlten Urlaub, da der 'Tag der Liebe und der Liebenden' auf einen Freitag fällt und unser Chef kurzerhand beschlossen hat, somit das darauffolgende Wochenende auch das Diner geschlossen zu haben, damit er mehr Zeit mit seiner Freundin verbringen kann und uns somit einige Tage Pause gibt, den wir mit Handkuss entgegen nehmen. Rein technisch macht es also nichts, jetzt gleich noch eine Pfanne voll mit Rührei und Speck zu machen und danach einen Filmmarathon zu starten, um auf andere Gedanken zu kommen, was mir mein Körper aber so bald nicht verziehen wird, da ich seit fast 24 Stunden wach bin und möglicherweise sogar noch länger, aber wie sagte eine weise Person mal? "Fuck it. Just do it!" Ganz so war es vielleicht nicht, aber das juckt niemanden. Mit einem eingeschlafenem Bein und einem trockenen Hals, sowie einem nach Essen stinkendem Körper setze ich mich in Bewegung um meinen, mal wieder knurrenden Magen zu versorgen und meinem Körper auch einmal eine Dusche und ein bisschen Entspannung zu gönnen. Der Tag hat komisch und gut angefangen, also kann es nur besser werden. Oder nicht? 

Zigaretten, Spaghetti & GummibärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt