Mein Vater ist immer noch nicht zurück. Nicht, dass es mich stört, aber es ist ein komisches Gefühl. Mein Vater hat einen reizenden Job in einer Recycling-Anlage, doch außer für die Arbeit verlässt er das Haus so gut wie nie. Vielleicht mal zum Einkaufen, aber das war es dann auch schon. Ich denke über die Möglichkeiten nach, wo er sich aufhalten könnte und wieviel Zeit mir noch bleibt. Und das bringt mich dann auch zu dem Problem, dass die Sache mit sich bringt. Ich kann es nämlich einfach nicht genießen, dass ganze Haus für mich zu haben. Immer, wenn ich beginne mich zu entspannen, kehren meine Gedanken wieder zu der Frage zurück, wieviel kostbare Zeit mir noch bleibt. Im Endeffekt ist das Ganze nicht viel besser als sonst. Nur ein bisschen. Die Gewissheit, dass ich zumindest bis jetzt ein Vater-freies Haus habe ist auch nicht übel.
Ich schaue mich in der Küche um. Sauber, wie immer. Man wäscht sein Geschirr lieber sofort, um ihm einen Grund zum ausrasten zu geben. Ich sehe die Obstschale mit den alten Äpfeln und noch älteren Bananen, die Kochbücher, ordentlich gestapelt, diverse Aufbewahrungsbehältnisse und...warte mal. Kochbücher. Das wäre doch eine Möglichkeit, die Zeit sinnvoll zu nutzen, und ich könnte auch keine Dummheiten machen, wie in sein Zimmer gehen, oder so. Für beide Seiten ein Gewinn. Ich setze mich ins Wohnzimmer und blättere durch die Bücher. Garnelen-Muffins, Gemüsewaffeln und frittierte Reisbällchen scheiden aus und am Ende entscheide ich mich für eine Paella. Auch wenn es sich vielleicht so anhört, bin ich nicht der geborene Koch. Ich koche selten, da die Küche nicht zu meinem Revier gehört. Ich nehme extra ein bisschen mehr Reis, man weiß ja nie, wer noch kommt und mitessen will. Das Gemüse brennt ein bisschen an, bei dem Fleisch bin ich zu unsicher und lasse es einfach gleich weg, aber insgesamt bin ich mit meinem Gesamtergebniss zufrieden.
Einmal ist mein Vater längere Zeit weg gewesen. Er setzte mich meinem damals noch lebenden Großelten vor die Tür und machte sich aus dem Staub. Mein Großvater staunte nicht schlecht, als um vier Uhr morgens mein sechsjähriges Ich bei ihm klingelte. Da die Beiden mich furchtbar gern hatten nahmen sie mich, wenn auch ein bisschen verwundert, auf. Sie wussten natürlich nicht, dass mein Vater nicht der Beste war, aber ihnen war bewusst, dass er nicht mehr der Alte war. Nach einigen Tagen holte er mich dann wieder ab, ließ sich von meinen Großeltern aber nicht entlocken wo er gewesen war. Ich wollte nicht gehen und machte ein großes Theater, was aber auch nichts brachte. Am Ende war ich doch wieder hier.
Später in der Nacht, ich bin gerade am wegdösen, höre ich, wie sich die Haustüre öffnet und schließt. Da ist er also wieder. Es ist sein Recht wegzugehen, aber ich frage mich wirklich, wo er war. Vor allem jetzt, da er leise summend ins Bad geht. Wann hat er zuletzt gesummt? Ich beschließe, meine Neugierde zurück zuhalten und seine gute Laune zu genießen. Wenn er gute Laune hat, droht sicher keine Prügel.
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Mann im Mond
Romance"Ich bin Steve." Ich ignoriere ihn und setzte mein letztes Gläschen an die Lippen. "Und du?" Ich trinke. "Der Mann im Mond", sage ich einer Eingebung nach. Was will der von mir? Steve lacht laut auf.