Als ich wieder erwachte, lag ich in einem weichen Bett, das in einem fast leeren Raum stand. Ich sah noch zwei große Schränke und einen Stuhl. Auf Letzteres saß ein großer starker Mann mit schwarzen Haaren und meeresblauen Augen, die meinen ziemlich ähnlich sahen. Er fokussierte sich auf das Buch in seiner Hand. Das Cover zeigte eine Hand, die ein Seil hielt. Steht der Typ etwa auf BDSM? Ich glaube, dass ich Angst haben sollte, doch ich spürte keine. Ich habe schon schlimmeres erfahren.
Der Mann richtete seinen Blick auf mich.
,,Schön, dass du wach bist, kleine."Ich wollte mich aufrichten, doch das ging nicht. Ich wurde liegend ans Bett gefesselt. Ich zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen und versuchte so, die Fesseln zu lösen.
,,Versuche es nicht und spare dir deine Kraft. Die bekommst du nicht so einfach los, Ilona."
,,Woher kennst du meinen Namen?!"
,,Das ist nicht das einzige, das ich über dich weiß. Monate lang habe ich dich beobachtet und diese Bemühungen zeigen jetzt ihr Ergebnis."
Was hat das zu bedeuten? Der Schock wurde zur Angst. Er kam näher und setzte sich schließlich neben mir. Unsere Gesichter kamen sich gefährlich Nahe. Mein Atem wurde flacher. Seine Hand legte sich auf meine Wange.
,,Du bist wunderschön, meine Kleine. Dein Opa sah das wohl genauso."
Als ich an Opa dachte, kamen mir die Tränen wieder hoch. Doch sie stoppten, als die Lippen meines Gegenübers auf meine trafen. Sie sind weich, warm und behutsam.
,,Wenn ich dir die Fesseln abnehme, wirst du dich dann wehren?"
,,Nur unter der Bedingung, dass ich deinen richtigen Namen erfahre."
,,Michael."
Mehr sagte er nicht und lößte die Fesseln. Darauf richtete ich mich auf und er drückte mich an sich.
,,Was hast du mit mir vor, Michael?"
,,Ich werde dich dazu bringen, mich und dich selber zu lieben."
,,Guter Witz."
,,Das meine ich vollkommen Ernst. Ich habe mich in dich verliebt, Ilona. Deshalb habe ich dich auch von deinem Vater getrennt."
,,Nenn ihn nicht so. Er hat es nicht verdient, Vater genannt zu werden."
,,Aus unerklärlichen Gründen lässt dein Erzeuger nach dir suchen. Daher möchte ich, dass du im Haus bleibst, keine Anrufe tätigst und nicht ohne Aufforderung die Haustür öffnest. Denn sonst würdest du diesem gewalttätigen Arschloch zurückkehren. Möchtest du das?"
Ich schüttelte den Kopf. Er war ziemlich dominant und ließ mich auch nicht los. Selbst als ich etwas zum Essen haben wollte, ließ ich mich unfreiwillig in die Küche tragen. Er machte mir große Angst. Schließlich war er mehr als einen Kopf größer und viel stärker als ich. Letzteres sah man an seinen ausgeprägten Muskeln. Er möchte, dass ich ihn liebe, jedoch weiß ich nicht ob ich das kann. Er hat mich entführt, aber dadurch aus der Hölle geholt. Außerdem hat er mich gefesselt.
Er setzte mich auf einen Stuhl vor dem Esstisch ab.
,,Wenn du versuchst abzuhauen, werde ich dich an den Stuhl fesseln."
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging in die anliegende Küche. Nicht viel später hörte man schon das Brutzeln der Pfanne. Ich suchte nebenbei irgendwelche Durchgänge nach draußen. Wenn mir die Flucht gelingt, kann ich einfach zum Jugendamt rennen. Dies konnte ich vorher nicht, weil mein Vater mir es wortwörtlich in den Kopf geprügelt hat. Als er mich trug, entdeckte ich eine Tür in den Garten. In ihr steckte der Schlüssel, daher konnte ich sie aufschließen, wenn sie geschlossen wäre. Ich wartete auf einen unachtsamen Moment von Michaels Seite und machte mich schon bereit. Das ließ ich mir aber nicht anmerken, da Michael alle paar Minuten rüber sah.
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Angst zu Liebe
SonstigesIlona ist ein junges Mädchen, das unter Depressionen leidet. Seit dem Tod ihrer Mutter misshandelte ihr Vater sie. Als sie eines Tages entführt wird, änderte sich ihr Leben schlagartig. Erst hatte sie Angst, aber was ist, wenn ihr Entführer ihre wa...