12. Kapitel

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„Du bist jetzt schon zwei Wochen nicht mehr mit dem Wrestler ausgegangen", stellte Brian eines Abends fest. „Heißt das, du gibst uns noch eine Chance?"

„Nein, Brian. Das heißt es nicht. Ich weiß nicht, was es genau heißt."

„Tue ich nicht alles, um dich davon zu überzeugen, dass ich dir ein guter, ein besserer Ehemann sein will? Wir verstehen uns doch gut."

„Das tun wir. Ich glaube aber nicht, dass das noch reicht."

„Hat dein Mann eigentlich vor, jetzt jeden Tag hier zu sitzen?", fragte Kate, die offensichtlich genervt war. „Kontrolliert der dich?"

„Es tut mir leid, Kate."

„Er sitzt hier den ganzen Tag, bestellt einen Kaffee, bekommt immer nachgeschenkt und beobachtet dich bei der Arbeit. Nervt dich das nicht?"

„Ich rede mit ihm. Versprochen."

„Tu das. Ansonsten werde ich ihm Hausverbot erteilen."

„In Ordnung."

Kate nickte erleichtert.

„Vorhin ist eine Lieferung Servietten gekommen. Die Kartons stehen im Lager. Kannst du sie bitte auspacken und ins Regal stellen? Hier ist ja momentan relativ ruhig."

„Klar. Mach ich." Charlotte nickte und verschwand ins Lager.

Neue Gäste kamen ins Diner und setzten sich an den Tisch, der vis a vis zum Tresenplatz von Brian war. Kate schnappte sich drei Speisekarten und den Wasserkrug und folgte ihnen. Brian zog sein Mobiltelefon aus der hinteren Hosentasche und nahm ein Gespräch entgegen.

„Hallo. – Guten Tag, Sir. – Ja, ich hab sie gefunden. Ihre Tochter arbeitet in einem Diner. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde sie überzeugen. – Ganz sicher. – Haben Sie schon das Geld überwiesen? – Sehr gut. Danke. – Oh. Ich muss auflegen."

Eilig steckte Brian sein Telefon zurück in die Hosentasche, da Charlotte gerade zurück in den Gastraum trat. Brian hatte während des Telefonats sehr leise gesprochen. Es waren Kate jedoch einige Gesprächsfetzen zu Ohren gekommen. Sie runzelte die Stirn. Mit wem hatte Brian gesprochen? Und ging es dabei um Charlotte? Sie spitzte nachdenklich die Lippen. Den Rest des Tages war sie eher still. Charlotte wunderte sich über das unübliche Verhalten ihrer Freundin und Kollegin. Normalerweise war sie diejenige, die im Diner wie eine Stimmungskanone agierte. Zum Feierabend waren die beiden Frauen gemeinsam im Aufenthaltsraum, um sich umzuziehen. Charlotte wandte sich vom Spind ab und sah Kate an, die auf einem Stuhl saß und ihre Chucks schnürte.

„Kate, was ist los mit dir? Alles in Ordnung?"

„Wieso?"

„Du warst am Nachmittag ungewöhnlich still. Ich wollte nur sichergehen, dass es dir gut geht."

„Ich habe nur über Brian nachgedacht."

„Über Brian? Meinen Brian?"

Sie hatte das ganz automatisch gesagt, ohne viel darüber nachzudenken. Aber Kate war die Wortwahl sofort aufgefallen. Es klang, als hätte sie sich entschieden. Sie konnte ihr nicht von dem Telefonat erzählen. Es täte ihr bestimmt weh, wenn sie ihr sagen würde, dass sie glaubte, dass mit ihrem Ehemann etwas nicht stimmte.

„Oh. Ähm. Ich habe mich nur gefragt... Nach unserem Gespräch vorhin... Ich wollte nicht so hart sein. Es tut mir leid. Aber es geht tatsächlich nicht, dass er immer im Diner sitzt. Vielleicht sollte er sich einen Job hier suchen.", mutmaßte Kate.

„Das ist lieb von dir."

Andrew hatte sich mehr als zwei Wochen nicht im Diner blicken lassen. Abgesehen von den wenigen Tagen, die er nur noch in Orlando verweilte, hatte er Charlotte aus dem Weg gehen wollen. Aber er wollte auch nicht komplett seine Angewohnheiten mit seinen Freunden aufgeben und er wünschte sich, sie zu sehen. Er hatte ihr versprochen, sich zurückzuhalten und ihr Freiraum zu geben. Nichtsdestotrotz fehlte sie ihm und er wollte sie zumindest sehen. Andrew hatte seine Kumpel im Performance Center abgeholt. Wie gewohnt sprang die Tür des Diners auf. Er selbst betrat als Letzter das Diner. Sein Blick fiel sofort auf sie. Charlotte stand gerade mit dem Rücken zu ihm und hantierte an der Kaffeemaschine. Als hätte sie seinen Blick auf sich gespürt, drehte sie sich um. Sie lächelte ihm verhalten zu. Charlotte trat kurz darauf an den Tisch, begrüßte ihre Gäste und nahm ihre Bestellungen auf. Nachdem sie die Getränke an den Tisch gebracht hatte, machte sie für heute Feierabend. Sie war froh darüber. Es tat ihr weh, Andrew zu sehen.

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