15. Kapitel

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Charlotte fuhr zum Flughafen von Orlando. Sie hatte in der WWE App nachgesehen, von wo Andrew heute kommen würde. Sie wollte ihn überraschen und einen schönen Tag mit ihm verbringen. Sie stand am Ausgang des Gates und wartete. Der Flieger aus Portland sollte in wenigen Minuten landen. Sie konnte es kaum erwarten, Andrew zu sehen und ihm alles zu erklären. Hoffentlich würde er ihr verzeihen. Immer wieder sah sie auf die Uhr. Ständig kamen Menschen vom Gate in die Ankunftshalle. Aber Andrew war nicht dabei. Sie saß auf einer der harten Bänke und rutschte ungeduldig hin und her. Irgendwann ging sie zum Schalter.

„Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, ob schon alle Passagiere aus dem Flieger von Portland raus sind?"

„Schon längst. Der Flieger ist bereits wieder in der Luft."

Enttäuschung breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Vielleicht hatte er seine Pläne geändert und beschlossen an seinen freien Tagen nicht nach Hause zu kommen, sondern sie irgendwo anders zu verbringen. Er war ihr schließlich keine Rechenschaft schuldig. Langsam trottete sie aus dem Flughafengebäude und fuhr wieder zurück in die Stadt. In einem Coffee-Shop, der zwischen ihrer Wohnung und der von Andrew lag, kehrte sie ein, um einen Kaffee zu trinken. Aus ihrer Handtasche fischte sie ein Blatt Papier und einen Stift und schrieb eine Nachricht.

Sie atmete tief durch und schob die Notiz unter Andrews Wohnungstür hindurch. Langsam wandte sie sich ab und ging Richtung Treppe. Gerade als sie die erste Stufe hinabstieg, öffnete sich die Tür. Andrew hielt den gefalteten Zettel in der Hand und sah sie an.

„Ist das für mich?" Er hielt die Notiz zwischen zwei Fingern hoch.

Sie lächelte und kam zurück zur Tür.

„Ja. Hi. Du bist ja hier?", sagte sie überrascht.

Er lehnte sich in den Türrahmen und verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust.

„Ja, sicher. Es ist quasi Wochenende." Er wiegte mit dem Kopf. „Jedenfalls für mich."

„Ich war am Flughafen und wollte dich abholen."

Er zog fragend die Augenbrauen zusammen.

„Wo warst du denn da? Ich hab dich nicht gesehen?"

„Heißt das, du warst am Flughafen?" Ihre Stimme klang ein wenig höher als geplant.

„Sicher. Wir waren die letzte Woche kurz vor der kanadischen Grenze unterwegs. Da fahre ich nicht."

„Ich stand die ganze Zeit am Gate und habe dich nicht gesehen."

„Du warst da nirgends", beharrte er weiterhin.

„Doch. Ich habe ungefähr eine halbe Stunde an Gate 4 gewartet."

Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Ich bin auf Gate 18 angekommen."

„Aber.....Bist du nicht aus Portland gekommen?" Charlotte schien die Welt nicht mehr zu verstehen. Andrew dafür umso mehr.

„Ich bin aus Maine gekommen."

Sofort schlug Charlotte die Hände vors Gesicht.

„Und das Gate, an dem ich war, war Portland, Oregon."

Andrew ergriff ihre Handgelenke und zog ihre Hände vom Gesicht.

„Wir müssen an unserer Kommunikation arbeiten", lächelte er. „Willst du nicht reinkommen? Dann können wir reden. – Oh, soll ich den Zettel lesen?"

Charlotte trat an ihm vorbei ins Apartment und blieb mit dem Rücken zu ihm stehen.

„Nein. Der war nur, weil ich dachte, du willst mich vielleicht nicht sehen."

Nichtsdestotrotz faltete er das Papier auseinander und las. Gleich darauf fischte er sein Mobiltelefon aus der Hosentasche und wählte ihre Rufnummer. Charlotte holte ihr Telefon aus der Tasche und sah, dass er sie anrief. Sie nahm das Gespräch an und schüttelte innerlich den Kopf.

„Natürlich will ich dich sehen", sagte er und beendete das Telefonat. Lächelnd drehte sie sich zu ihm um. Sie ließ ihre Handtasche fallen und schritt nervös auf und ab. Andrew war bei der Tür stehen geblieben und beobachtete sie.

„Es tut mir alles schrecklich leid." Beinahe erleichtert atmete sie aus, als Andrew langsam auf sie zu ging.

„Erklär es mir", forderte er auf.

„Okay. Mein Dad ist nicht einfach nur ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Um ans Ziel zu kommen, ist ihm jedes Mittel recht. Ich habe schon als Teenager viel mitbekommen, aber nachdem meine Mom bei einem Bootsunglück ums Leben gekommen ist, welches kein Unglück war, war ich mir ziemlich sicher. Aber ich wurde in diese Familie hineingeboren und es hat etwas gedauert, bis ich mir darüber klar wurde, dass ich damit nichts zu tun haben will."

„Deshalb hast du das Tattoo machen lassen?"

Charlotte nickte zustimmend.

„Ja. Ich habe es mit knapp 16 Jahren machen lassen. Nach meinem Highschoolabschluß war ich mir sicher, dass ich nichts mit der Familie und den Machenschaften zu tun haben will. Ich habe mit meinem Dad eine Einigung gefunden. Er war damit einverstanden, dass ich gehe und stattdessen sollte Greg, mein kleiner Bruder, die Erbfolge antreten. Ich habe die Stadt verlassen und meinen Namen geändert. Ich wollte alles hinter mir lassen und ein komplett neues Leben anfangen. Die Geschichte mit Brian kennst du. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als du und ich in Las Vegas waren, hat mein Dad erfahren, dass Greg schwul ist. Ich weiß es schon seit zehn Jahren. Für Mason Angel kommt Greg jetzt nicht mehr als Erbe in Frage, weil er nicht für einen Erben sorgen wird. Deshalb hat er mich gesucht und ist bei Brian in der Werkstatt aufgetaucht. Er bot ihm Geld dafür, wenn er unsere Ehe wieder in Ordnung bringt und wir ein Baby bekommen, damit er einen Erben hat. Tja, der Rest ist Geschichte. Als ich jetzt in Philly war, hab ich ihm ziemlich deutlich gemacht, dass ich bei den Spielchen nicht mitspiele und ihm keinen Erben für seine Organisation schenken werde."

Sie senkte den Blick zu Boden. Verlegen spitzte sie die Lippen.

„Ich wollte dich nicht anlügen oder verletzen."

Traurig sah sie ihn von unten an. Ihr Anblick brach ihm beinahe das Herz. Wie sollte er ihr böse sein? Er legte zwei Finger unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Langsam beugte er sich zu ihr runter und legte für einen Moment seine Lippen auf ihre. Kurz zog er sich zurück und sah ihr in die Augen. Seine Zunge strich über ihre Unterlippe und sie vertieften den Kuss. Er legte seine starken Arme um sie und zog sie eng an sich. Charlotte lächelte in den Kuss hinein und Andrew löste sich von ihr.

„Was?"

„Danke."

„Wofür?"

„Weil du mir verzeihst."

„Nicht nur das. Ich finde die Idee mit dem Erben zeugen gar nicht so schlecht. Wir brauchen allerdings sehr viel Übung bis dahin."

Charlotte hob amüsiert die Augenbrauen.

„Ich bin dabei."

Andrews Hände strichen über ihren Hintern und er hob sie hoch. Charlottes Beine schlangen sich um seine Hüften. Während er an ihrem Hals knabberte, trug er sie ins Schlafzimmer und ließ sich mit ihr auf das Bett sinken. Dort versanken sie in einem innigen Zungengefecht.

No easy way outWo Geschichten leben. Entdecke jetzt