31. Vertrauen

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Ich hocke am Wasser und lasse die nackten Füße von sanften Wellen umspülen. Vorhin habe ich im Wald einen alten Waldschrat umgebracht, der hier die Leute tyrannisiert hat. Die Belohnung war angemessen. Mal sehen, was ich davon kaufe, vielleicht neue Satteltaschen für Plötze? Oder einen feinen Whiskey für Olgierd? Neue Rüstungsteile für Ciri?

Ich seufze. Ciri...

Ich ziehe die Beine an und lege die Arme darauf ab, starre auf das Wasser hinaus. Ich habe einmal gelesen, das Wasser würde alles tragen. Man solle sein Glück darauf legen und das Wasser würde es wie auf Händen zu den Sternen tragen. Ebenso sein Leid soll man dem Wasser übergeben, und das Meer nimmt es in nimmermüdem Lauf von einem. Ich wünschte, es wäre so. Erfolg ist, wenn man Abends zu Bett geht und die Seele Frieden hat, doch in letzter Zeit fühlt mein Leben sich alles andere als friedlich an.

„Geralt!" höre ich da, und ich sehe mich danach um. Da kommt Ciri auf mich zu, sie winkt fröhlich. Neben ihr ist Olgierd.

Ciri setzt sich zu mir, zu meiner linken, Olgierd zu meiner rechten.

„Alles klar?" fragt die kleine Schwalbe.

Erst sehe ich Ciri an, in ihrem Blick liegt jetzt ehrliche Sorge, dann Olgierd. Seine Augen suchen in meinem Gesicht irgendeinen Hinweis, eine kleine Regung, die ihm sagt, wie ich mich fühle oder was er tun kann, aber ich sehe wieder auf's Meer hinaus.

„Es fällt mir nicht leicht, das alles zu glauben. Olgierd sagt mir, er hätte eine Ciri aus der Zukunft gesehen, die Hexeraugen hat...ich habe so eine Ciri noch nicht gesehen."

„Daran müssen wir dringend was ändern," stellt Ciri fest.

Olgierd dreht sich um und lächelt dann jemanden an, ich folge seinem Blick.

Und da steht sie, wie gerufen. Aber es ist logisch, warum gerade jetzt dort eine Ciri steht. Die Ciri der Gegenwart merkt sich diesen Zeitpunkt und reist später in der Zeit zurück, um jetzt hier zu sein.

Aber...verdammt noch eins....

Ich stehe auf, achte kaum auf meine Füße, habe nur Augen für die Hexerin dort drüben und komme recht unbeholfen auf die Beine. Auch Olgierd und die derzeitige Ciri stehen auf.

Verunsichert sehe ich zwischen den beiden Ciris hin und her. Ist es wirklich wahr? Kann es wirklich sein...?

Die Ciri der Gegenwart kichert. „Geh schon zu ihr. Ich warte!"

„Es ist deine Tochter. Geh zu ihr," ermuntert auch Olgierd mich und ich sehe ihn an, versuche mit einem Blick zu sagen, dass es auch seine Tochter ist. Er lächelt warm.

Langsam gehe ich auf nackten Füßen auf meine Ciri zu, die dort steht, in edler Rüstung, ganz wie es sich für eine Hexerin der Wolfsschule gehört. Sie hat den Blick gesenkt und die Hände verschränkt als würde sie beten. Schüchtern sieht sie zu mir auf, als ich näher komme. Goldene Katzenaugen erfassen mich.

Ich kann mich einfach nicht zurückhalten, ich nehme ihr zartes Gesicht in meine Hände und sehe sie an.

„Ist es wirklich wahr, Süße...?" frage ich leise.

Ciris Unterlippe bebt, ein paar Tränen bilden sich in ihren Augen, als sie kaum merklich nickt.

„Meine Cirilla wird Hexerin?" kommt es mir mit dünner Stimme über die Lippen und ich wische ihr eine Träne weg. Ich staune, es reißt mich sozusagen von den Füßen.

„Du musst mir vertrauen, Vater. Ich kann das, ich schaffe die Kräuterprobe," wispert sie und die Art, wie sie mir das sagt, wie sie mich dabei ansieht...lässt all meine Sorgen vergessen. Ciris Hexeraugen sind wunderschön. Klar, ich werde ihre leuchtend grünen Augen vermissen, aber diese Augen sind ebenso wunderschön.

Die Seelen der HexerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt