Kapitel 5

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Leila POV

Der junge Mann kam nicht mehr zurück. Darüber war ich zwar ziemlich erleichtert, aber irgendwie hätte ich auch gewollt, dass er wiederkam. Dann könnte ich ihn nämlich fragen, warum ich hier war. Ich wollte endlich Gewissheit haben. Auch wenn ich dann vielleicht noch mehr Panik habe, weil er mir Schlimmes antun will, aber dann wäre ich wenigstens vorgewarnt. Oder aber ich könnte versuchen, ihn zu überwältigen, wenn er kam. Dann kann ich flüchten, aber zuerst müsste ich besser wissen, wo ich hier überhaupt bin, weil ich sonst sicher nicht mehr nach Hause finde. Noch immer hoffte ich, dass  sich alles irgendwie doch nur um einen ziemlich blöden Scherz handelte. Aber das kann einfach nicht sein, das ist einfach nur verrückt und schwachsinnig- sowas macht doch niemand! Oder aber war es vielleicht ein Einschüchterungsversuch?

Doch wem galt der? Mir? Meinen Eltern oder irgendwelchen Freunden? Irgendwie kam ich zum Entschluss, dass es kaum mir galt, da ich, erstens, den Mann noch nie gesehen hatte, und ausserdem konnte ich mich nicht erinnern, dass ich irgendjemandem was Böses getan habe. Im Scherz sicherlich mal, das tut ja schliesslich jeder, aber darauf würde wohl niemand mit einer Entführung reagieren. Ausser vielleicht irgend so ein Psycho. Diese Vorstellung begann mir erneut Angst zu machen.

Dann kam mir abermals ein neuer Gedanke. Der erschien mir als der plausibelste von allen. Verdammt, warum war ich nur nicht schon früher auf diese Idee gekommen? Diese Idee war so naheliegend. Ich dachte mir nämlich, dass diese Entführung meinen Vater einschüchtern soll. Der ist nämlich Polizist. 

Also vielleicht hat Dad einen Fall, und der Täter wird zwar verdächtigt, aber es gibt keine Beweise. Oder es gibt eben doch Beweise und deshalb wurde ich entführt, dass Dad diese Beweise vernichtet.

Falls es so wäre, müsste ich sehr wahrscheinlich darauf warten, dass man mich befreit, denn ich glaube nicht, dass mein Vater Beweise vernichten würde und dürfte. Ich weiss nicht ob er es tun würde, wenn er der Oberste Polizeibeamte, oder wie man den nennt, wäre, und deshalb die nächsten Schritte bestimmen könnte. Aber irgendwie denke ich trotzdem nicht, dass er es, auch als Chef, nie tun würde, da er einfach mit Herz und Seele Bulle ist und sehr an seinem Job hängt. Ich wette er würde gefeuert werden, wenn er Beweise vernichtet.

Was bin ich nur für ein Trottel, ich kann ja jetzt meinen Vater anrufen, damit er mich befreien kommt. Warum habe ich daran bloss nicht mehr gedacht? Naja ich war damit beschäftigt, selber einen Weg zu finden, um abzuhauen. Das scheint aber nicht zu klappen, also werde ich jetzt professionelle Hilfe holen. Dad wird aber sicher trotzdem stolz auf mich sein, weil ich wenigstens probiert habe, selbständig zu sein. Keine Ahnung, warum ich jetzt plötzlich daran denke, wahrscheinlich, weil ich mich ablenken will.  

Ich holte mein Handy aus der Tasche und wollte es einschalten, als ich mir überlegte, ob es wirklich so eine gute Idee ist, Dad anzurufen. Was wenn die Leitung besetzt ist? Mein Guthaben ist wahrscheinlich nur noch mickrig. Aber wenn er nicht abnimmt, dann kostet es ja nicht. Doch es wird mir Akku nehmen, und ich habe nicht mehr so viel. Aufladen kann ich das Gerät ja nicht. Wenn ich also Dad im Büro anrufe und die Leitung besetzt ist und mein Akku dann schlapp macht, habe ich ein ziemlich grosses Problem. Vielleicht sollte ich ihm also lieber eine SMS schreiben, die kriegt er ganz sicher. Aber wenn der Akku schlapp macht bevor ich sie abschicken konnte, habe ich dasselbe Problem. Naja, Zeit hätte ich sicher noch, die Nachricht zu senden, bevor das Gerät endgültig ausschaltet. Aber wenn ich Pech habe, dann hat es zum Beispiel viele Rechtschreibfehler, oder das, was ich habe, ergibt einfach keinen Sinn, eine falsche Spur oder so. Sollte ich also lieber sonst jemanden anrufen? Aber wen? Meine Mutter ist nicht zu Hause und meine Freundinnen- naja, ich weiss nicht, ob sie es wirklich ernst nehmen würden. 

Vielleicht sollte ich auch einfach den Notruf wählen, da nimmt ganz sicher jemand ab. Ich meine, da muss ja immer mindestens eine Leitung frei sein, falls irgendjemand, wie ich, dringend Hilfe braucht und nur wenig Zeit für das Telefonat hat. Nun schöpfte ich neue Hoffnung und schaltete das Gerät ein. Zum Glück konnte man den Notruf tätigen, ohne das Handy zu entsperren. Das ersparte mir weitere Sekunden, und deshalb logischerweise auch Akku. Leider wusste ich immer noch nicht, wo ich gefangen gehalten wurde, denn wenn ich es gewusst hätte, könnte man mich schneller finden. Eventuell hilft es weiter, wenn ich die Umgebung beschreiben kann, oder sonst etwas erklären, nach was mich die Person fragt. Doch da kam das Problem, dass ich nicht mehr genau wusste, wie die Umgebung aussah... Irgendwann werden sie mich schon finden, denn wenn mein Vater davon erfährt, wird er sicher Himmel und Hölle in Bewegung setzen, bis man mich gefunden hat. Es beruhigte mich zu wissen, dass er mich nicht im Stich lassen wird.

Als ich die Notrufnummer eingab und die Verbindung herstellen wollte, kam die Meldung, dass keine Verbindung hergestellt werden konnte, da ich kein Netz hatte. Scheisse!!

White & BlackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt