Kapitel 16

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Luke POV

Als ich sah, wie Joel Leila schlug, brannte mir einfach die Sicherung durch und ich begann ihn anzuschreien, ja, ich drohte ihm sogar.  Angst, dass mir Oliver nun das Messer in die Kehle rammte, hatte ich nicht, denn ich kenne ihn gut genug um zu wissen, dass er das nicht tun würde. Er mochte zwar ein Idiot und Sadist sein, doch er hatte noch nie jemanden getötet. Ich hoffe, dass das auch so bleibt. Aber ich denke nicht, dass Oli Ärger will wegen uns. Wenn schon würde er schauen, dass Ric Sandro oder Pete den Ärger kriegen.  

Schliesslich liess Benji Leila los und gab ihr einen Stoss. Es ging nicht lange, dann fiel sie einfach hin und begann zu weinen. Obwohl es irgendwie noch witzig aussah, wie sie so zusammenklappte, lachte ich, im Gegensatz zu den meisten andern, nicht. Sie tat mir einfach nur Leid. Ich konnte erkennen, wie Pete grinste, daraufhin warf ich ihm einen vernichtenden Blick zu, denn das finde ich echt fies von ihm. Hoffentlich hatte sie sich nicht fest wehgetan. Beinah gleichzeitig mit Ric fragte ich Leila, ob bei ihr alles in Ordnung ist, oder ob sie Schmerzen habe.  Ich hatte sogar das Glück, dass ich mich von Oli losreissen konnte und rannte sogleich zu ihr rüber und richtete sie auf.  Nun legte sie ihren Kopf an meine Schulter und weinte weiterhin. Einen Moment dachte ich darüber nach, ihr erneut einen Kuss zu geben, doch ich weiss nicht einmal genau, wieso ich das vorhin gemacht habe. Stattdessen strich ich ihr behutsam, und so gut es ging, wegen den Fesseln, über den Rücken um sie zu beruhigen.

Auf einmal kam einer der Jungs von Oli, wahrscheinlich Joel und riss mich weg von Leila. Da ich sozusagen ihre Stütze war, kippte sie erneut zu Boden. Sofort versuchte ich mich von Joel loszureissen und sie wieder aufzurichten, doch dann spürte ich Benjis Tritt in die Magengrube. Auf den ersten Moment war der Schmerz so doll, das mir fast die Luft wegblieb. Als ich dann endlich wieder nach Luft schnappen konnte, landete schon der nächste Tritt in meinem Magen. Weil ich wie immer den Mund nicht halten konnte spottete ich:
"Ist das alles was du drauf hast Benji? Da schlägt meine dreijährige Schwester noch härter zu als du!" Reue für diese Worte empfand ich keine, nicht einmal als Benji mir noch die Faust ins Gesicht rammte. Es hatte zum Teil wirklich etwas Wahres dran, denn Eva, meine kleine Schwester, konnte wenn sie wollte, wirklich noch fest zu schlagen oder sie packt mich an den Haaren. 

Nach zwei weiteren Tritten in den Magen, die nun etwas härter ausfielen als die zuvor und mich nach Luft ringen liessen, schaute Leila zu uns rüber. Na toll, dachte ich mir, jetzt beginnt sie natürlich wieder zu schreien und zu kreischen. Das machen Mädels schliesslich immer. Wie Eva. Wenn sie was wollte, dann warf sie sich auf den Boden und trommelte mit den Füssen und den Fäusten, dazu schrie sie. Aber Leila begann nicht zu kreischen. Sie robbte zu uns rüber, immer noch weinend. Ein Blick zu Ric und Pete liess mich schliessen, was sie vorhatte.

Tatsächlich. Als Leila genau hinter Benji war, packte sie sein Bein und zog es nach hinten. Zu seinem Pech und unserem Glück, hatte er mit dem anderen Bein gerade Anlauf geholt, um es mir in den Magen zu rammen. Deshalb fiel Benji auch sogleich um. Ich war zuvor extra noch ein wenig zur Seite gerutscht und dann knallte er genau dorthin auf den Boden. Ich atmete aus und wollte mich gerade wieder aufrappeln, als plötzlich Leila um meinen Hals hing und mich wieder runter drückte. Sie vergrub ihr Gesicht an meiner Brust, wobei mich ihre braunen Haare Am Hals kitzelten. Vorsichtig legte ich meine Wange auf ihren Kopf genoss das Kitzeln, das ihre Haare auf meiner Haut auslöste. Eigentlich war ich total überrascht, dass sie zu mir kam, denn ich wusste, dass sie eigentlich in Ric verliebt war, aber das konnte ich verstehen, auf ihn standen beinah alle Mädchen die ich kannte. Manchmal wünschte ich mir auch etwas mehr Aufmerksamkeit des anderen Geschlechtes, doch wenn ich sah, wie sich mein Freund gegen die oft aufdringlichen Mädchen wehren musste, war ich froh, dass ich meine Ruhe hatte. Ich dachte wieder an vorhin, als ich ihr den Kuss gab. Da hätte ich fest damit gerechnet, dass sie mich wegstossen würde, doch sie blieb. Zwar erwiderte sie den Kuss nicht, aber gewehrt hat sie sich auch nicht. Zum Teil frage ich mich echt, wie Mädchen ticken.

Plötzlich hob Leila den Kopf. Da es so ruckartig war, knallte sie direkt an meinen Kiefer, der sogleich hefig zu ziehen begann, wahrscheinlich auch aufgrund der Schläge. Dann sah sie mir in die Augen und entschuldigte sich. Wofür wusste ich nicht und fragte sie deshalb.
"Für alles", seufzte sie, "dass ihr wegen mir Ärger habt, dass ich dir die Hände gefesselt habe, dass sie dich geschlagen haben, weil du mir helfen wolltest, und weil ich dir vorhin meinen Kopf an deinen geschlagen habe." 
"Ist alles schon Ok, es ist ja nicht deine Schuld", presste ich mühsam hervor. Ich wusste nicht, was mit mir los war, dass es mir die Sprache verschlug, jedenfalls spürte ich, wie mir das Blut in den Kopf schoss. Normalerweise finde ich die Röte im Gesicht noch passend zu den Haaren, aber jetzt war es mir peinlich, weshalb ich etwas wegsah. Dabei sah ich Pete, der sich ein Lachen kaum mehr verkneifen konnte.  Oft hatte ich keine Ahnung, was meinen Cousin ständig zum Lächeln brachte, da er beinah alles witzig fand, solange es nicht ihn betraf. Selbst ich fand noch vieles witzig, doch konnte ich es gar nicht ausstehen, wenn mich jemand auslachte, selbst wenn es einer meiner Freunde ist. Sanft wand ich mich aus der Umarmung von Leila und ging auf meinen Cousin zu. Er wusste genau, dass ich ihn nicht schlagen würde, weshalb er weiterhin stehenblieb und mich angrinste. Einen Schubs gab ich ihm trotzdem. Pete konnte sich auf den Füssen halten, aber es hätte mir im Moment auch nichts ausgemacht, wenn er hingefallen wäre. Sandro sah mich ziemlich schräg an.  

"So wenn ihr nichts dagegen habt, könnten die Herrschaften bitte mitkommen?" neckte Oli. Langsam aber bestimmt drehte ich mich um meine eigene Achse und sah unserem Erzfeind direkt in die Augen.
"Und wenn ich was dagegen hab?" 
"Luke ich glaube nicht, dass das der richtige Moment für solche Spielchen ist", nuschelte Sandro hinter mir. 
"Da hat der Fettmops einmal Recht", spottete Joel, der nun genau neben Leila stand. Dann packte er ihre Handgelenke und riss sie hoch. Um zu verhindern, dass sie wieder umkippte rannte ich sogleich zu ihr um sie zu stützen. Ich hatte keine Ahnung, wie sie es schaffte, dauernd umzufallen. Doch ich musste zugeben, dass ich das irgendwie noch süss fand. So hilflos und auf jemanden angewiesen. Oli riss wahrscheinlich langsam der Geduldsfaden.
"So, wenn das Prinzesschen nun endlich auch einmal bereit ist" Mit einem grossen Schritt war er bei uns und packte Leila am Oberarm. Ziemlich grob zog er sie in die Richtung des hinteren Raumes. Wir blieben stehen und sahen uns nur an.
"Was ist los, kommt ihr wohl?" fauchte Oli. Sandro reagierte als Erster und ging ebenfalls zu der Tür. Langsam setzen sich auch Ric und Pete in Bewegung. Doch Ric ging nicht nach hinten, zu Oli, sondern er kam zu mir und murmelte:
"Ist Marius noch hinten?" Shit, den hatte ich ja ganz vergessen! Vorhin hatte Marius im hinteren Raum nämlich Ric am Kragen gepackt und Leila holte mich, damit ich Eric half. Das tat ich dann auch und schlug Marius k.o. Entsetzt blickte ich zu Ric und blieb stehen, wenn Oli sieht, dass sein bester Kumpel noch dort liegt, haben wir gewaltigen Ärger am Hals. 

Urplötzlich stand Benji hinter uns und stiess mich in Richtung der Tür, wo Oli immer noch stand. Seinem Gesichtsausdruck konnte man entnehmen, dass er ziemlich auf der Palme war. Kaum waren wir bei ihnen schubste er Leila von sich weg, die zum Glück nicht hinfiel, da Sandro sie im letzten Moment stütze. Dann packte Oli mich am Kragen und schleppte mich etwas weiter in den Raum, wo er auf Marius deutete, der noch immer auf dem Boden lag und sich nicht rührte.
"Kannst du Volltrottel mir sagen, was das soll?", schrie er mich an und deutete mit einer Hand auf den am Boden liegenden Schwarzhaarigen.

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