Ich wachte am nächsten morgen auf und schaute auf den Wecker. Genau genommen war es nicht mehr morgen, sonder schon 15:55.
Ich stand auf und erinnerte mich mit schlechter Laune an das Date mit Marc. Ich war sowieso noch sehr müde und verzweifelt wegen der gestrigen Nacht. Die Jagd mit Stephen und mein Durst waren anstrengend gewesen. Außerdem kam dazu noch das Drama mit Sam. Sie tat mir sehr leid und ich war daran schuld.
Seufzend ging ich in die Küche und machte mir ein Müsli. Ich aß es im stehen an die Spüle gelehnt, als Phillip herein kam.
"Hi, Jenny. Ich habe gehört, du warst weg heute Nacht", sagte mein kleiner Bruder und nahm sich Saft aus dem Kühlschrank.
Ich nickte misstrauisch. "Ja, bei einer Freundin."
Er schaute mich grinsend an. "Ich glaube ja, dass du geschlafen hast, aber nicht bei einer Freundin. Eher bei einem gewissen Jungen mit wundervollen blauen Augen." Er seufzte mädchenhaft.
Ich knurrte. "Da läuft gar nichts. Und jetzt zisch ab." Wie kleine Brüder nerven konnten!
"Und wehe du erzählst Mum oder Dad davon!", zischte ich, als ich ihn in sein Zimmer jagte.
Seine Augen leuchteten auf. "Also stimmt es?!", jauchzte er.
Ich verdrehte genervt die Augen. "Nein!" Schnell schob ich ihn durch die Türe und schloss sie.
Ich holte einmal tief Luft, dann ging ich ins Bad, um mich fertig zu machen. Ich duschte und zog eine Bluse und eine dunkle Jeans an.
Nachdem ich mich etwas geschminkt hatte, war es schon fünf Uhr, also noch drei Stunden bis zu meinem Date.
Missmutig verzog ich das Gesicht.
Ich ging wieder in mein Zimmer und fing an zu zeichnen. Ich skizzierte das Gesicht von Stephen und das von Sam, als sie über der Leiche hockte.
Wenn ich malte, dann konnte ich die Ereignisse gut verarbeiten und völlig abschalten. Manche hatten das, wenn sie Musik machten, ich hatte es bei der Kunst.
Als ich alle möglichen Szenen gezeichnet hatte, war es auch schon sieben.
Dave schrieb mir eine SMS, ob wir uns treffen wollten. Ich musste mit einem komischem Gefühl im Bauch absagen.
Als es viertel vor acht war, lief ich zum Kino.
Marc wartete schon auf mich. Er hatte ein weißes Hemd an und die Haare nach hinten gestylt. Er sah sehr gut aus, doch das viele Gel gefiel mir nicht so.
Dennoch lächelte ich vorsichtig, um ihn nicht direkt vor den Kopf zu stoßen. Ich wusste, dass ich es ihm irgendwann sagen musste, aber noch zögerte ich es hinaus.
"Hi", sagte Marc lächelnd.
"Hi", sagte ich freundlich.
"Äh... Sollen wir dann?", fragte er unsicher und wedelte mit den Armen in Richtung Eingang.
"Ehm... Klar", sagte ich schnell und ging voran ins Kino.
Marc kaufte zwei Karten für Ein Platz für zwei und ich stöhnte innerlich auf. Das war eine Schnulze, die ganz und gar das klassische Klischee ausfüllte. Mit Dave hatte es vielleicht noch seinen Anreiz aber jetzt hatte nunmal überhaupt keine Lust, knutschenden Pärchen auf der Leinwand und im Kinosaal zuzuschauen.
Besonders wenn Marc genau dieselbe Absicht hatte.
Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend ging ich in den verdunkelten Saal. Der hormongesteuerte Marc setzte sich neben mir auf den Platz und der Film begann.

DU LIEST GERADE
Bloodmoon (pausiert)
VampirosJennifer zieht nach Hamburg um. Da sie vorher auf dem Land lebte, ist das neue Leben in der Großstadt für sie sehr anstrengend. Doch sie findet neue Freunde und wird besonders auf Dave aufmerksam, der mysteriöse Junge verhält sich eigenartig. Mit se...