Wunden der Vergangenheit

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Der frisch gefallene Schnee knirschte unter meinen Schuhen. Ich vergrub mein Gesicht tiefer in den Schal hinein. Schneeflocken tanzten im kalten Wind vor meinem Gesicht auf und ab. Um mich besser vor der Kälte zu schützen, zog ich meine Jacke etwas enger an mich. Mehrere Passanten liefen geschäftig an mir vorbei, beladen mit Einkäufen und Geschenken.

An diesem Abend sollte ich Chloe bei den letzten Weihnachtseinkäufen helfen. Ich hatte noch gearbeitet und ich war wie sooft spät dran. „Chloe, ich bin unterwegs. Treffen wir uns am Eingang des Einkaufszentrums?", sprach ich auf die Mailbox. „Vielleicht was sie schon vorgegangen?", dachte ich mir. Dann ging alles ganz schnell.

Polizeiautos und Krankenwagen schossen an mir vorbei. Die Menschen um mich herum blieben plötzlich stehen. Was war da los? Immer mehr Unruhe machte sich breit in der Menschenmenge. Ich versuchte mich an ihnen vorbei Zudrängen. Ellenbogen, wiederwilliges Murren und skeptische Blicke wurden mir zu Teil. Je näher ich dem Einkaufszentrum kam, desto mehr stieg die Angst in mir auf. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich mein Ziel.

Der Anblick der sich mir bot, war so surreal. Die Polizei hatte das Einkaufszentrum weitläufig abgesperrt. Sirenen heulten durch die Nacht. Durcheinander und Panik herrschte vor Ort. Wie betäubt näherte ich mich dem Absperrband. Ein Polizist neben mir packte mich an der Schulter:„ Sie dürfen nicht weiter! Es gab einen Anschlag. Bitte treten Sie zurück!"

Chloe... Das war der einzige Gedanke zudem ich noch fähig war. Gewaltsam riss ich mich vom Griff des Polizisten los. Ich musste zu ihr. Wo war sie? Ging es ihr gut? Drei Schritte kam ich weit, bis ich brutal zurück gerissen wurde. Zwei Polizisten hielten mich am Boden fest. „ Sind Sie Wahnsinnig?!?", schrie mich einer der beiden an.
Der andere bekam einen Funkspruch rein: „ Mehrere Verletzte... sechs Tote... Kinder und eine junge Frau.....Verstanden." Von ganz weit weg bekam ich mit, wie jemand Chloes Name rief. Ihr Name hallte immer lauter in meinem Kopf. Alles drehte sich. Bis ich merkte, dass ich es war der Schrie. Aus tiefster Seele.

„Chloe!", rief ich laut aus. Es dauerte einige Augenblicke, bis ich registrierte wo ich genau war. Kalter Schweiß ran mir über die Stirn. Mein Atem ging stoßweise und ich konnte mich nur sehr langsam beruhigen. Zitternd tastete ich nach meinem Handy. Und schon lächelte sie mir entgegen. Chloe.

Wieder dieser Traum. Wieder diese Qual. „Sie ist nicht mehr da.... Sie kommt nicht zurück...", flüsterte ich in die Dunkelheit. Auf meinem Handy las ich die Uhrzeit. 3:17 Uhr. Morgens. Ich stand vom Bett auf, um mich im Bad frisch zu machen. Anschließend ging ich zurück. Das Zittern meines Körpers lies langsam nach. Nach eine gefühlten Ewigkeit sank ich zurück, in einen gnädigen traumlosen Schlaf.

A different view (Rayan Zaidi FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt