„Es begann vor zwei Wochen....Diese Gerüchte.... Um es kurz zu sagen, war ich an einem Wochenende am Strand und da wurde ich mit einigen Studenten gesehen. Vielleicht sollte ich sie einfach weiterhin ignorieren....", seufzte ich. Mark Stirn legte sich in Falten und die Verwirrung zeichnete sich in seinem Gesicht ab." Moment. Du hast nur einen Tag am Strand verbracht? Na und? Was ist schon dabei?"
„Eben.", gab ich ihm recht." Das versuchte ich auch dem Direktor klar zu machen, doch..." Mark unterbrach mich:" Culann hat dich darauf angesprochen? Dann ist es was Ernsteres." „Nein ist es nicht.", schüttelte ich den Kopf.
Mir wurde die Sache immer unangenehmer. Je mehr ich versuchte es runterzuspielen, desto mehr bohrte Mark nach. "Also, dafür, dass du nur am Strand warst, mit ein paar Studenten eventuell Geredet hast, machst du einen sehr angespannten Eindruck auf mich. Solche Gerüchte kommen nicht von ungefähr."
Ich zog mich weiter zurück und versuchte seinen Fragen auszuweichen. „Es waren auch einige weibliche Studenten dabei. Wir saßen am Tisch und haben etwas getrunken. Doch mehr war da nicht. Ich hab mir nicht viel dabei gedacht. Dass alleine, genügte um die Gerüchteküche anzuheizen."
„Verstehe. Das eine gab das andere. Und je mehr Personen darüber reden, desto mehr wird verdreht. Aber du und eine Studentin? Das klingt nach dem perfekten Drama. Kein Wunder, dass sich die Leute darauf stürzen. Rayan du alter Schwerenöter...", Mark begann zu lachen. Ich verdrehte die Augen: „Das ist nicht zum Lachen. Mark meine Karriere steht auf dem Spiel. Was soll ich nur tun?"
„Ganz einfach?", er hielt mir die Schüssel mit Chips hin. „Lass die Leute reden. Das geht von alleine vorbei. Hattest du wenigstens ein bisschen Spaß am Strand?"
Ich griff nach den Snacks und musste bei seiner Frage an Lynn denken. Wie sie mit mir gelacht hatte, unser Tanz und die Berührungen. Etwas von meinen Gedanken musste sich in meinem Gesicht wiedergespiegelt haben. Mark lehnte sich nach vorne und er musterte mich genauer. „Sehe ich da etwa ein Lachen Professor Zaidi? Aha! Wusste ich's doch. " Sein Grinsen wurde breiter. „Mark. Nein!", wehrte ich nur ab.
„Rayan, du warst schon immer ein schlechter Lügner. Wer ist die Glückliche?" Er ließ mit seinen Fragen nicht locker. Entsetzt malte ich mir nur aus, was passieren konnte. Wenn alles raus käme. Mein Interesse an Lynn, meine Gedanken, meine Sehnsucht all das. Der Preis war einfach zu hoch. Die letzten Wochen waren nicht einfach für mich. Lynn war in den Fokus der Gerüchte gerutscht. Das Getuschel, die Blicke die Fragen der Schüler und Kollegen konnte ich noch ertragen. Aber dass sie drunter litt und selbst zur Zielscheibe wurde, brach mir das Herz. Ich musste dem Ganzen einen Riegel vorschieben. „Mark, es gibt keine Frau in meinem Leben. Ich war nur an diesem Abend weg gewesen und habe mit meinen Studenten einen getrunken. Ja. Mehr nicht. Dass ein paar weibliche Studenten dabei waren, dafür konnte ich nichts. Das einzige Problem ist, dass eine Studentin davon auch betroffen ist. Das macht mir Sorgen."
Er legte einen Finger auf sein Kinn:" Und diese Studentin bereitet dir Sorgen? Warum? Das geht von alleine vorbei. In ein paar Wochen spricht niemand mehr davon. Da kann es dir doch egal sein." Sein Ton war gleichgültig. Wut stieg in mir auf:" Ach, ja? Was wenn es sich nicht von selbst löst. Was, wenn es sich nur noch verschlimmert? Ich bin für meine Studenten verantwortlich. Lynn mit eingeschlossen!"
Und da schnappte die Falle zu. Der alte Fuchs hatte mich absichtlich provoziert und Lynn's Name war mir einfach heraus gerutscht. Selbstzufrieden schaute mich Mark an:" Lynn heißt sie? Soso..." Verdammt. Jetzt konnte ich mich auf etwas gefasst machen. „Per Zufall, war diese Lynn auch da?"
Dieses Verhör..., ich war ihm komplett ausgeliefert. „Ja...", gab ich wiederwillig zu. „Sie gehört zum Freundeskreis eines Bekannten. Es war mehr Zufall, dass wir am selben Tisch saßen. Ich habe mich an diesem Abend, auch mit den anderen sehr gut Unterhalten. Mit ihr auch ab und zu. Das blieb nicht aus."
„Hmm, schon klar.", war der einzige Kommentar von ihm. Er glaubte mir kein Wort. Ich rang nach Worten, doch je mehr ich mich versuchte rauszureden, desto mehr zog Mark seine Schlüsse. Stumm und ohne Regung, erhielt ich kein Feedback von ihm. „Mark, ich..". Seine Handfläche erhob sich warnend und ich verstummte. „Du willst mir allen Ernstes weiß machen, dass dir nichts an dieser Lynn liegt? Streitest es ab und dann rechtfertigst du dich? Vor mir? Deinem Freund? Ich dachte du kennst mich besser. Egal was du in der Vergangenheit durch gemacht hast.... Ich bin noch nicht fertig. Unterbrich mich nicht. Ich bin immer für dich da. Und wenn sie der Grund ist deines Anrufes, bin ich froh das es so ist. Nur hör auf dir selbst etwas vor zu machen."
„Was verstehst du schon davon!?!" In meiner Rage stand ich von der Couch auf. „ Sie ist nur meine Studentin. Ich bin für sie verantwortlich. Es ist meine Pflicht, dass zu tun was richtig ist."
Ungerührt, ließ Mark mich toben. Bis er die eine Frage stellte. „Es ist zwar schön, dass du unbedingt den Helden spielen musst. Doch was hält deine Studentin davon? Hast du sie selbst mal danach gefragt? Es ist doch ziemlich egoistisch einfach so über die Köpfe anderer zu entscheiden. Das habe ich dir nicht beigebracht."
Seine Frage traf mich tief. In all den Szenarien, die ich mir ausmalte, hatte ich kein einziges Mal an die Meinung von Lynn gedacht. In den letzten Wochen, hatte ich nicht das Wort mit ihr gesucht. So ertrug sie es und schwieg. Ob im Unterricht, auf den Fluren oder in der Mensa. Stets wich ich ihrem Blick aus. Wie selbstsüchtig es von mir war.
Mit dieser Erkenntnis nahm ich neben Mark wieder Platz. Mein Zorn verflog. Doch neue Zweifel befielen mich. „Willst du mir vielleicht mal erklären, was du an ihr findest?" Versöhnend reichte Mark mir etwas zu trinken. Seufzend nahm ich es entgegen. „Sie ist im letzten Jahr für moderne Kunstgeschichte. Mein Fach ist eines ihrer Hauptfächer. Im Unterricht ist sie Aufmerksam und ihre Antworten sehr schlüssig."
„Ach Rayan, komm schon. Das kannst du über jeden zweiten Studenten sagen, der im Unterricht wach ist. Was macht, sie für dich so besonders?"
Sie ist,...sie ist....". Meine Hände zitterten. "Ach was soll's. Sie ist Intelligent, Aufmerksam und Mitfühlend. Außerhalb des Unterrichts, wenn ich mit ihr Rede sind die Gespräche faszinierend. Rhetorik ist ihr nicht fremd. Sie trifft ihre Entscheidungen mit bedacht und sie geht auch Mal Risiken ein. Dabei macht sie dies zum Wohle ihrer Mitmenschen. Doch jedes Mal, wenn ich mit ihr zu tun habe, fordert sie mich erneut heraus. Ob in den Gesprächen, im Wissen oder meine Ansichten. Sie hat Potenzial. Je mehr ich Zeit mit ihr verbringe desto..." mehr wollte ich von ihr. Diesen Satz, ließ ich unvollendet im Raum stehen. Eine gefühlte Ewigkeit verging, als sich Mark räusperte.
„Was wirst du jetzt tun?" So einfach wie seine Frage, wusste ich bereits die Antwort. Ich musste mir Klarheit verschaffen. Meine Bedenken, Ängste und Hoffnungen hatten keinen Sinn, wenn ich Lynn's Meinung nicht respektierte. Es konnte so nicht weiter gehen. „Ich werde mir ihr darüber reden."
Diese Gelegenheit, sollte sich so schnell nicht ergeben. Die weiteren Tage, versuchte ich Lynn über den Weg zu laufen. Je mehr Zeit verstrich, umso mehr erfasste mich die Ungeduld. Es war ausgerechnet Melody, die mich über die weiteren Ereignisse unterrichtete.
Seit dem Gespräch in der Gasse, verhielt sie sich mir gegenüber distanziert. An diesem Nachmittag brachte sie mir verschiedene Dokumente ins Büro. Ihre Mine war besorgt. „Melody? Ist irgendetwas?", fragte ich sie. Ich löste dabei meinen Blick von meiner Arbeit. Nervös fuhr sie sich, mit der Hand durch ihr Haar. „Ja, Professor. Ich mache mir nur Sorgen, um eine Freundin." Eine Freundin? Wer konnte das sein? Doch nicht...Meine ersten Bedenken schluckte ich hinunter. „Was ist den passiert?"
„Sie ist in einem Kurs zusammen gebrochen. Seitdem, befindet sie sich auf der Krankenstation. Ich hoffe es geht ihr gut." Bitte nicht. Lass es sie nicht sein. Verkrampft hielt ich mich am Stift fest. Für mich hörte sich meine Stimme spröde an. Melody bekam nicht davon mit. „Richten Sie ihrer Freundin eine gute Besserung aus."
„Das werde ich Herr Professor. Lynn wird Ihre Anteilnahme zu schätzen wissen."
Als Melody die Tür hinter sich schloss, packte mich die Panik. Lynn war zusammen gebrochen? In einem Kurs? Wann ist es passiert? Warum wusste ich nichts davon? Wie schlimm stand es um sie? Ohne zu Zögern ging ich Richtung Krankenstation. Niemand sollte mich davon abhalten. Ich konnte mich nur selbst davon überzeugen, ob es ihr gut ging. Schwungvoll öffnete ich die Tür.
Die Szenerie die sich mir bot war alles andere, als erwartet. Lynn lag in eines der Betten der Station. Doch sie war nicht alleine. Ein älteres Paar war gerade im Begriff, sich von ihr zu verabschieden. Die Frau hatte, ähnliche Züge wie Lynn. Doch die Augen, waren die des Mannes. Es mussten ihre Eltern sein. So Vertraut sie miteinander umgingen, sosehr fühlte ich mich fehl am Platz. Inmitten dieser Familienbande, gehörte ich nicht dazu.
Entschuldigend, versuchte ich mich zu entfernen, doch wurde ich von ihnen freundlich begrüßt. Lynn stellte mich als ihren Professor vor und ich fand schnell wieder meine Fassung. Da Lynn wohlauf war, fühlte ich mich nur erleichtert.
„Ich habe von Lynns Schwächeanfall gehört und wollte mich erkundigen, ob es ihr schon besser geht... Ich hatte keinesfalls vor, sie beim Wiedersehen mit der Familie zu stören." Ihre Mutter sah mich ermunternd an:" Das ist wirklich nett von Ihnen. Bei der großen Anzahl von Studenten, die Sie sicher haben, ist das ziemlich ungewöhnlich."
Ihr Vater stellte mir zögernd eine Frage:" Ihr Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor... Sie waren nicht zufällig vor fünf Jahren auf einem Konzert von Deep Purple?" Bei dieser Frage kam mir die Erinnerung hoch. Es war in Paris gewesen, zu meiner Praktikumszeit im Musée d'Orsay. „Doch! Ich... Wir standen nebeneinander vor der Bühne. Jetzt erinnere ich mich auch. Die Welt ist wirklich klein!"
„Gut, lassen Sie uns doch auf dem Gang weiterreden. Und Du ruh dich noch aus. Wir sehen uns morgen." Ihre Mutter stich ihr beim Abschied über die Wange. Der verunsicherte Blick von Lynn traf mich, als ich mich nochmal zu ihr wandte. Soviel wollte ich noch sagen, doch ich wurde von ihrer Mutter unterbrochen. „Und versprich uns, noch bis morgen hier auf der Krankenstation zu bleiben! Wir wollen schließlich, dass du schnell wieder auf dem Damm bist, Sabberli!"
Das verunsicherte Gesicht von Lynn, verwandelte sich in Sekundenbruchteilen in das einer roten Tomate. Sabberli? Aha... Es war wieder eines der Puzzleteile, die mich immer über Lynn erstaunten. Das ihre Freunde sich um sie auch sorgten und das Vertrauen ihrer Eltern sprach für ihren guten Charakter. Als sich die Tür hinter mir schloss, war es mir mehr als bewusst, dass diese Szene für Lynn sehr peinlich war. Für mich, machte es sie nur liebenswerter.
„So, Herr Zaidi. Sie sind der Professor unserer Tochter?", fragte mich ihr Vater. Er hatte den Arm um seine Frau gelegt. „Ja, ich bin seit diesem Semester an der Uni." „Da haben Sie in den letzten fünf Jahren so einiges an Erfahrung gewonnen. Haben Sie Lust, Lucia und mir Gesellschaft zu leisten?" Er sah mich Erwartungsvoll an. „Warum nicht. Nicht weit von hier, gibt es ein Restaurant.", stimmte ich ihm zu.
„Prima! Phil hat damals, ihre Begegnung mit ihm erwähnt. Ihr habt euch sicher so einiges zu erzählen.." Lucia schmiegte sich dabei noch enger an ihren Mann. „Gut. Machen wir uns auf den Weg."
Das Restaurant „Munchies Like", war einer der Treffpunkte in der Stadt. Gemütliche Atmosphäre, gutes Essen & Getränke und die Bedienung war freundlich. Es gab zu den Getränken immer Knabbereien, die je nach Wochentag variierten. Der Direktor und einige andere Professoren, hatten mich bei einem gemeinsamen Essen hierher eingeladen. Erst war ich skeptisch, doch am Ende war es ein nettes Lokal.
Lucia, Phil und ich setzten uns an einen Ecktisch. Es war nicht viel los und der Kellner brachte uns rasch die Speisekarte. „Schau mal Phil, heute ist „oriental Day"! Das heißt, es gibt extra einige Spezialitäten aus dem Nahen Osten. Morgen wäre China dran. Das erinnert mich an unsere letzte gemeinsame Reise...", schwelgte Lucia in ihren Erinnerungen.
„Und Mr. Zaidi? Was haben Sie so in den letzten fünf Jahren erlebt?" Phil lenkte das Gespräch wieder in meine Richtung. Ich erzählte ihnen von meinen Reisen nach New York und Tokio. Unser Essen kam prompt und ich entspannte mich in ihrer Gegenwart. Phil bot mir das Du an und wir hat einen schönen Nachmittag zusammen.
Sie waren froh, dass es ihrer Tochter besser ging. Mir ging es genauso. Lynn war nicht ohne Grund zusammen gebrochen. In meiner Annahme gab ich den Gerüchten und dem Stress der daraus resultierte die Schuld. Und auch mir. Ich musste endlich mit ihr reden.
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A different view (Rayan Zaidi FF)
Fanfiction„Ab dem heutigen Semester, bin ich Ihr neuer Professor für moderne Kunstgeschichte. Mein Name ist Rayan Zaidi." Die ersten Gedanken die ich zu seiner Person hatte waren ideenreich, pflichtbewusst, selbstkritisch, strategisch, verantwortungsbewusst...