Der letzte Klang der Musik verhallte in meinen Ohren. Auf meinem MP3 Player leuchtete der Titel der Musik auf. „Jump" von Two Steps From Hell. Es war einer der Titel, die mich bei meinem Workout des Öfteren begleiteten. Früh morgens in der Trainingshalle war es ruhig. Nur hin und wieder traf ich auf Kim oder bessergesagt auf den „Coach". Oder auf ein jungen Mann mit kurzen blonden Haaren, der sich immer an einem Sandsack austobte.
Die letzte Stunde hatte ich genutzt, um meine Muskeln weiter aufzubauen. Mit der Ausdauer war ich zufrieden, doch man durfte das andere nicht außer Acht lassen. Die richtige Mischung macht es und eine Balance zwischen Kraft- und Ausdauertraining gingen immer einher.
Ich wischte mir mit dem Handtuch den Schweiß von der Stirn. Mit zufriedenem Grinsen stand Kim neben mir. „ Na Rayan? Alles klar bei dir? Es ist schön, dass du dich öfters hier blicken lässt." Ich erwiderte ihr Lachen:" Ja, Coach. Danke der Nachfrage."
„Jep, ich erinnere mich noch gut an das erste Training von dir. Du hast ganz schön für Aufsehen gesorgt." Befangen dachte ich an diese Situation zurück. Damals hatte ich die Blicke der Damen nur so auf mich gezogen. Prüfend schaute mich Kim an:" He, kein Grund verlegen zu werden. Du gehst wenigstens regelmäßig trainieren. Nicht so wie manch alte Freundin, die sich nur einmal im Monat blicken lässt." Bei diesen Worten verdüsterte sich Kims Mimik. Sie musste anscheinend an jemand bestimmtes denken.
„Apropos...Das bringt mich auf eine Idee. Am kommenden Wochenende veranstaltet unser Fitnessstudio einen Surfwettbewerb am Strand. Wenn du Lust hast kannst du ja mal vorbei schauen. Danach gibt es noch eine Party, mit Strandbar und allem Drum und Dran."
Abwägend gab ich ihr meine Antwort:" Ich werde sehen, was ich machen lässt." Die Augen von Kim verengten sich und sie stemmte ihre Arme gegen ihre Hüfte:" Ich weiß, dass du einiges zu tun hast an der Uni. Und als Prof, hat man es sicher nicht leicht. Doch nimm das als Weißung deines Coachs. Gönn dir eine Auszeit. Geh was trinken, triff dich mit anderen oder schlepp irgendjemanden ab. Was? Schau mich nicht so an. Bei deinem Aussehen ist das keine große Sache. Und im Kopf hast du auch etwas. Das sollte reichen. Wir sehen uns dort."
Sprachlos ließ sie mich zurück. Kim war wirklich eine Nummer für sich. In der kommenden Woche wurde mir ihre Anweisung unliebsam in Erinnerung gerufen.
Das beste Beispiel dafür war mein erster Kurs in der folgenden Woche. Überall lagen die Flyer von diesem Event aus. Mein Pult und selbst die Tafel waren davon tapeziert. In großen Buchstaben stand „Sex and Surf" und die Stimmung der der Studenten war mehr als heiter. Sarkastisch bemerkte ich, wie gespannt meine Studenten auf meinen Unterricht wären. „Solange es keine Mädels in Bikinis gibt, ist es nicht so interessant wie das, was am nächsten Wochenende laufen wird!", rief einer meiner Studenten in die Runde. Selbstgefällig grinste mich dieser an.
„Ich hoffe, Sie benutzen solche Sprüche nicht auch, um zu flirten.... Denn damit würden Sie die Damen nicht nur vertreiben, sondern sich möglicherweise auch noch die eine oder andere Ohrfeige einhandeln...", stellte ich nur fest. Die Lacher waren auf meiner Seite.
Kichern, kindisches Verhalten und platte Sprüche wurden laut. „Sex and Surf" war nicht gerade das Thema meiner Stunde. Doch als ich erwähnte, dass ich aus dem Thema „Sex and Bodypainting" etwas machen konnte, eskalierte es. Ein Mädchen aus der hinteren Reihe rief:" Bei Ihnen haben wir auch nichts gegen ein paar Praxisstunden."
In was für einen Kindergarten bin ich nur geraten. Es half nur eins. Ich musste dieses Spiel mitspielen. Demonstrativ warf ich meine Unterlagen in den Eimer. Gegen das Pult gelehnt, schaute ich die hier versammelten Studenten an. „ Sie wollen, über das kommende Wochenende reden? Dann nur zu." Wie zu erwarten trat Stille in den Raum.
Provozierend stellte ich fest, dass dieses Thema nichts Neues war. Sollten meine Studenten doch einen Zusammenhang zu modernen Kunstgeschichte herstellen, war ich gewillt diesem Thema nachzugeben. Natürlich wussten meine kindischen Studenten keine Antwort. Ruhig und bestimmend kehrte ich zu meinem eigentlichen Thema zurück.
„Game of Thones". Der Unterricht folgte seiner gewohnten Bahn. Es war interessant den Meinungen meiner Studenten zuzuhören. Besonders Lynn schenkte ich meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie hatte die Theorie, dass Tyrion Lannister als Hand des Königs oder der Königin der heimliche Strippenzieher war. Egal wer auf dem Thron saß. Er würde versteckt in aller Öffentlichkeit regieren. Und am Ende, war der endgültige Thronanwärter eine Marionette von Tyrion.
Am Ende meiner Unterrichtsstunde, fiel mir auf, dass Lynn sich nicht von ihrem Platz erhob. Sie schaute nach unten und war sichtlich mit etwas beschäftigt. In der heutigen Zeit konnte es nur ihr Handy sein. Wieder bot sich mir eine Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. Oder um sie etwas zu ärgern.
Als ich die Stufen empor stieg, musterte ich sie genauer. Ihre Mimik war konzentriert und das nutzte ich aus. Sie bemerkte mich gar nicht, als ich direkt vor ihr stand. „Wollen Sie nicht auch gehen? Die Vorlesung ist vorbei." Aus dem Konzept gebracht, schreckte Lynn aus ihrer Tätigkeit hoch. Sie hatte wie zu erwarten ihr Smartphone in der Hand.
Ehrlich gab sie zu mit den Gedanken woanders zu sein. Verständnisvoll zeigend erwiderte ich nur:" Keine Sorge...Ich verstehe das nur zu gut. Als Student kann man sich wenigstens noch hinter seinem Tisch verstecken. Sobald man Prof ist, ist es damit vorbei!"
Lynn lächelte, das auch ihre Augen erreichte. Es war so schön sie so zu sehen. Von ihr ermutigt gab ich zu gedacht zu haben, dass sie noch mit mir reden wollte. Zögernd antwortete Lynn mir:" Ehrlich gesagt wollte ich Sie fragen.... Fahren Sie dieses Wochenende auch ans Meer?"
Bei dieser direkten Frage wurde ich verlegen. .....auch ans Meer? Bedeutete das, dass Lynn hingehen würde? Und mich auch ....sehen wollte? Stotternd fragte ich sie, ob sie ginge. „Nein, einfach so...", reagierte Lynn scheinheilig. Dieses Spiel hatte sie definitiv gewonnen. „G-gut. Vielleicht sehen wir uns ja dort." Vielsagend musterte sie mich. Ein gewinnendes Lächeln machte sich bei ihr breit:" Ja, vielleicht....".
Stolz stand Lynn auf und verließ den Saal. Ich blieb zurück. Alleine mit meinen verbotenen Gedanken.
An diesem Tag sah ich sie überall. Ob nun in der Mensa, im Büro oder wo anders. Immer schlich sie sich in meine Gedanken ein. Ich stellte sie mir vor wie sie in einem leichten Sommerkleid aussehen würde, im Bikini oder auch...nackt.
Das ganze spitzte sich noch zu. Den Abend verbrachte ich zuhause. Ich hatte es mir wie immer auf der Couch bequem gemacht. Ob es nun Bücher, Tee oder ein Film waren. Sie halfen mir nicht mehr über meine Sehnsüchte hinweg. Schwerer wurden meine Augen. Und ehe ich es mir versah, war ich in einen Traum entschwunden.
Die Sonne schien warm auf meine Haut. Ich hob meine linke Hand, um mich vor dem grellen Licht besser zu schützen. Blinzelnd versuchte ich mehr von meiner Umgebung zu sehen. Ob es nun der salzige Geruch war, das Rauschen der Wellen im Hintergrund oder das Gefühl des warmen Sandes unter meinen Füßen. Nachdem ich dies registrierte, nahm ich meine Umgebung klarer war. Es war einer der schönsten Strände die ich je gesehen hatte. „Rayan kommst du?", rief mich eine vertraute Stimme.
Ein paar Meter von mir entfernt lag eine Frau mit langen offenen Haaren. Sie hatte sich auf den Bauch gelegt und ihren Kopf auf ihre Hände abgestützt. Sie trug einen einfachen Bikini. „ Du wolltest mit deinem Projekt weiter machen. Also, kommst du?" forderte sie mich ungeduldig auf. Ihr Gesicht konnte ich nicht sehen, da ihr Haar das meiste davon verdeckte. Neben ihr lagen Pinsel und verschiedene Farben. Kaum war ich bei ihr, ließ ich mich neben ihr nieder.
Mit meinem Zeigefinger, strich ich ihr behutsam die Haare auf die Seite. Vom Nacken hinunter zu ihrem Oberteil, lies ich meine Finger weiter wandern. Bei dem Verschluss hielt ich inne. Ein Seufzen kam ihr über die Lippen. "Ich soll an... meinem Projekt weiter machen?", fragte ich sie. „Deswegen sind wir doch da? Und ich glaube mich daran zu erinnern, dass es unser Projekt ist. Herr Professor.", stichelte sie zurück. Ein leises Lachen war von ihr zu hören. Wie sehr ich es liebte von ihr herausgefordert zu werden.
Mit meiner freien Hand öffnete ich den Verschluss ihres Bikinis. Sorgfältig legte ich die Träger auf die Seite. Den Pinsel tauchte ich in die Farbe. Die ersten Tropfen ließ ich absichtlich auf ihre Haut fallen. Sie zuckte zusammen und bekam sogleich eine Gänsehaut. „Du hättest mich vorwarnen können!", murrte sie. „Ja, das hätte ich können.", antwortete ich amüsiert. Weiter folgte ich meinem Impuls. Sie wurde Still und lies mich gewähren.
Die ersten Linien gaben grob das Bild vor, dass ich auf ihrem Rücken zeichnete. Mit bedacht, wählte ich die nächsten Konturen aus. Die Details kamen von ganz alleine. Durch die Schattierungen gewann das Bild immer mehr an Lebendigkeit. Ob nun Aquamarin, Azur, Royal oder Mitternachtsblau, die Farben erstrahlten in allen Facetten der Blautöne. Doch auch Jade, Chrysopras oder Sommergrün waren zu sehen. Die Adern hob ich mit letzten feinen Pinselstrichen hervor. Mein Werk war vollendet.
Eine Ranke aus blauen Rosen wand sich an ihr hoch. Von unten waren nur die ungeöffneten Knospen zu sehen. Doch je höher die Ranke wuchs, desto mehr stand sie in voller Blüte.
„Gefällt dir was du siehst?"
Den Pinsel legte ich auf die Seite. „ Es ist... Nein du bist wunderschön.", sprach ich sanft. Farbe klebte an meinen Händen, doch es störte mich nicht. Sie drehte den Kopf zu mir und ich schob ihr zärtlich eine Strähne hinter das Ohr. Etwas Farbe blieb dabei an ihrer Wange hängen. Lachend versuchte ich mein Missgeschick wieder weg zu machen. Sie jedoch schmiegte ihr Gesicht gegen meine Hand und schloss dabei die Augen. Ein Gefühl von Traurigkeit überkam mich. „Ich wünschte dieser Moment würde nie enden.", vertraute ich mich ihr an. „ Dann darfst du nicht aufwachen!", wand sie ein.
Ihre Lippen liebkosten meine Fingerspitzen. Die Farbe verteilte sich auf ihrem Mund. Wer war sie? Zu diesem Zeitpunkt öffnete sie erneut ihre Augen. Ich hätte sie überall erkennen können. Meine Lynn.
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A different view (Rayan Zaidi FF)
Fanfiction„Ab dem heutigen Semester, bin ich Ihr neuer Professor für moderne Kunstgeschichte. Mein Name ist Rayan Zaidi." Die ersten Gedanken die ich zu seiner Person hatte waren ideenreich, pflichtbewusst, selbstkritisch, strategisch, verantwortungsbewusst...