Es war nur wenige Tage später, als Krallenstreif gemeinsam mit seiner Jagdpatrouille bestehend aus Schattenlied, Blitzpfote und ihm ins Lager kam und sofort merkte, dass etwas nicht stimmte. Sie waren seit Sonnenaufgang draußen gewesen und jetzt weit nach Sonnenhoch zurück gekommen und hatten trotzdem kaum etwas gefangen.
Es herrschte eine bedrückte Stimmung im Lager. Davon ein wenig verunsichert tappte der Krieger zusammen mit den anderen beiden Katzen zum Frischbeutehaufen, als Eisensee auf ihn zu kam. In ihren Augen lag Trauer und auf einmal überkam Krallenstreif eine schreckliche Vorahnung.
"Krallenstreif, wir müssen reden...", hauchte die Zweite Anführerin und bedeutete ihm ihr zu folgen. Sie führte ihn zum Lagerrand in eine schattige Ecke, wo sie noch für einen Moment stumm blieb.
"Worum geht es, Eisensee?"
Krallenstreif war sich sicher, dass man die Ungeduld, Sorge und ja, auch Angst aus seiner Stimme deutlich heraushörte.
Leise seufzte die grau-silberne Kätzin. "Es tut mir so leid, Krallenstreif, aber... Kurz nachdem du heute früh das Lager verlassen hast, ist... Ist Wasserfall gestorben."
Den letzten Teil hatte sie nur leise geflüstert und so dauerte es einen Moment, bis er es komplett verstanden hatte.
Schockiert machte er einen Schritt zurück, die Ohren hatte er angelegt und auch sein Nackenfell begann sich zu sträuben. Schnell schüttelte er den Kopf.
"Nein... Nein, das kann nicht sein." Seine Stimme zitterte, genauso wie auch er selbst, während ein unglaublich starker Schmerz seinen gesamten Körper durchzog. "Sie ist nicht tot, das ist unmöglich."
Eisensee blickte ihn traurig an und machte einen Schritt vor, um ihre Schnauze an seine Schulter zu drücken, und sie hauchte erneut:
"Es tut mir wirklich so leid, Krallenstreif."Zitternd drückte sich der Krieger, ohne groß darüber nachzudenken, an sie und schloss die Augen, während die Trauer ihn zu überwältigen schien. Ein leiser, nach Trauer und Schmerz klingender Laut verließ seine Kehle. Er spürte, wie Eisensee sich vorsichtig an ihn schmiegte, versuchte, ihm Trost zu spenden.
Noch nie war er ihr so dankbar gewesen wie in diesem Moment. Als er sich wieder halbwegs beruhigt hatte, fiel ihm etwas anderes ein und er löste sich langsam von Eisensee, um sie anzublicken.
"Weißt du, wo Rußfell ist? Sie sollte jetzt nicht alleine sein..."
"Nachdem Wasserfall aus dem Lager gebracht wurde, ist sie in den Kriegerbau gegangen, um alleine zu sein, aber..."
Die Kätzin stoppte kurz und sah an Krallenstreif vorbei und er folgte ihrem Blick. Rußfell saß neben dem Eingang zum Kriegerbau, neben ihr Blitzpfote, der sich tröstend an sie drückte und gerade etwas zu ihr sagte.
Die beiden verbrachten auffällig viel Zeit mit einander und es war für Krallenstreif mehr als nur offensichtlich, dass seine beste Freundin den Kater mehr als nur mochte, auch wenn er sie noch nicht darauf angesprochen hatte.
Trotz seiner Trauer lächelte er leicht und wendete sich dann wieder an Eisensee.
"Ich schätze, sie hat gerade jemanden, der für sie da ist."
Eisensee nickte leicht. "Ja. Aber du solltest auch nicht alleine sein, weißt du? Wasserfall hat auch dir viel bedeutet."
Der Krieger senkte kurz den Blick. "Stimmt... Aber ich bin ja gerade nicht alleine, oder?"
Nun schaute er wieder auf, wollte nicht, dass sie ihn alleine ließ. Zu seiner Erleichterung lächelte sie ihn sanft an.
"Da hast du recht. Willst du vielleicht ein wenig spazieren gehen? Das kann manchmal helfen."
Zustimmend neigte er den Kopf und folgte ihr aus dem Lager. Es lag ein wenig Schnee, wenn auch nicht viel, und während er schweigend hinter Eisensee herlief, musterte Krallenstreif die Pfotenspuren, die sie im Schnee hinterließ.
Warum, SternenClan? Warum musstet ihr Wasserfall zu euch holen?
Wie erwartet bekam er natürlich keine Antwort, stattdessen stupste ihn allerdings Eisensee leicht mit der Nase an.
"Tut mir leid, hast du was gesagt?"
Ein wenig verlegen sah er sie an, doch sie lächelte nur leicht und auch noch immer ein wenig traurig.
"Ich habe nur gesagt, dass es wieder zu schneien anfängt."
Krallenstreif blickte hoch zum Himmel und tatsächlich, langsam flogen Schneeflocken nach unten und eine landete genau auf seiner Nase. Durch die plötzliche Kälte und das geschmolzene Wasser, das nun seine Schnauze hinunter lief, musste er niesen und Eisensee neben ihm lachte leise auf.
"Ach, du findest das also lustig?"
Mit blitzenden Augen sah er zu ihr und im nächsten Moment ließ er mit seiner Pfote eine ganze Ladung Schnee auf ihren Rücken regnen. Erschrocken quiekte sie auf. Diesmal war es an dem Tigerkater zu lachen.
"Na warte! Gleich vergeht dir noch das Lachen!"
Kurz darauf rannten die beiden wie zwei Junge durch den Wald und jagten einander, während immer mehr Schnee vom Himmel fiel.
Für einen Moment konnte Krallenstreif seine Trauer vergessen. Besonders als er sich nach einer Weile, als es bereits dunkel wurde, neben Eisensee auf den Boden sinken ließ. Sie beide lachten noch immer leise.
Doch auch das Lachen verstarb bald, sodass sie schweigend nebeneinander lagen und die Stille und die Nähe des jeweils anderen genossen.
Nach einem kurzen Moment schmiegte sich Eisensee zögerlich an Krallenstreif und er lächelte leicht, drückte sich einfach ohne etwas zu sagen noch enger an sie.
Noch eine Weile lagen sie dort gemeinsam, bis es schließlich doch zu kalt wurde. Als sie dann schließlich im Lager waren, waren die Gedanken des Kriegers bereits wieder zurück zu Wasserfall gewandert und Trauer hatte ihn umfasst.
"Ich muss nochmal mit Nebelstern reden", meinte Eisensee entschuldigend, drückte ihre Nase nach kurzem Zögern noch einmal kurz in sein Fell und ging dann zum Anführerbau.
Trotz der Kälte und des Schmerzes, den er fühlte, wurde Krallenstreif augenblicklich ein wenig wärmer.
Noch kurz sah er ihr hinterher, dann blickte er sich im bereits sehr leeren Lager um und bemerkte Rußfell, die ungefähr in der Lagermitte kauerte und in den Nachthimmel starrte.
Langsam tappte er zu ihr und ließ sich neben ihr nieder. Zuerst zuckte sie überrascht zusammen, doch als sie sah, dass er es war, drückte sie sich eng an ihn und wimmerte leise auf.
"Wieso? Wieso ist sie tot? Was hat das für einen Sinn? Was bezweckt der SternenClan damit?", fragte sie leise mit zittriger, gebrochener Stimme.
Doch leider konnte Krallenstreif diese Fragen selbst nicht beantworten, schließlich hatte er sich bereits genau dieselben Fragen gestellt. Also schüttelte er nur leicht den Kopf und murmelte kaum hörbar: "Ich weiß es nicht, Rußfell... Ich weiß es nicht."
Stumm hob die Kätzin den Blick wieder zu den Sternen und auch Krallenstreif sah nun nach oben. Nach einigen Herzschlägen glaubte er, einen Stern aufleuchten zu sehen, heller und strahlender als alle anderen.
Wasserfall?, fragte er in Gedanken und wie als Antwort schien der Stern zumindest für einen Moment noch heller zu leuchten - zumindest glaubte, hoffte er das. Ach Wasserfall, ich vermisse dich jetzt schon so sehr... Was sollen Rußfell und ich nur ohne dich tun?
Doch natürlich erhielt er wieder keine Antwort auf seine Fragen und leise seufzend starrte er einfach weiter zum Stern hinauf, während er Trost und Zuflucht in Rußfells Nähe suchte und hoffte, dass der Schmerz bald aufhören würde.
Doch aus Erfahrung wusste er, dass dieser Schmerz niemals komplett weggehen würde, ein Teil seines Herzens würde sich bei dem Gedanken an Wasserfall immer schmerzvoll zusammenziehen und sie sich zurück wünschen.
Aber das war unmöglich. Wasserfall war tot und er würde sie bis zu seinem eigenen Tod nicht mehr wieder sehen.
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Warrior Cats - Echo der Sterne
FanficKrallenpfote ist ein junger Schüler des WasserClans, doch sein Leben ist nicht wie das der anderen Katzen im Clan. Seine Mutter war die Heilerin des Clans und verstarb bei seiner Geburt, deshalb beschließen die anderen Clanmitglieder, ihn für die Ve...