Kapitel 25

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Zufrieden tappte Krallenstreif kurz nach Eisflug aus dem Anführerbau. Donnerpfote und Efeupfote hatten heute beide erfolgreich ihre Kriegerprüfung abgelegt, was bedeutet, dass sie nun beide bereit wären, zu Kriegern ernannt zu werden.

Krallenstreif war unglaublich stolz auf seine Schülerin. Sie war in den letzten Monden immer bereit gewesen, alles im Training zu geben, hatte immer aufmerksam zugehört und versucht, das eben gelernte auch sofort umzusetzen. Natürlich hatte das nicht immer sofort perfekt geklappt, aber sie hatte nie aufgegeben.

Als er hörte, wie jemand seinen Namen sagte, blickte der Krieger auf und erkannte mit einem Lächeln, dass Eisensee auf ihn zulief.

"Krallenstreif!" Schnurrend begrüßte sie ihn Nase an Nase. "Willst du vielleicht kurz spazieren gehen?"

Kurz zögerte der Kater. Nebelstern hatte gesagt, dass sie die Zeremonie für die beiden Schüler noch heute abhalten wollte. Allerdings hatte sie auch gesagt, dass sie trotzdem noch ein wenig warten wollte, also stimmte er zu und tappte mit Eisensee aus dem Lager.

Sie liefen in einem gemächlichen Tempo durch den Wald, so dicht beieinander, dass sich ihre Pelze streiften. Mittlerweile sollte es normal für Krallenstreif sein, sie waren jetzt bereits seit Monden Gefährten.

Doch noch immer schlug sein Herz höher, wenn er Eisensee sah. Noch immer kribbelte seine Haut dort, wo sie ihn berührte. Noch immer lächelte und schnurrte er jederzeit, wenn er bei ihr war.

Sie redeten über verschiedene belanglose Sachen, doch irgendetwas stimmte nicht. Krallenstreif beobachtete Eisensee genau, spitze bei jedem ihrer Worte die Ohren und er war sich sicher, sie wollte ihm etwas sagen. Aber sie schien ein wenig nervös und er wollte sie nicht drängen, also wartete er geduldig ab, bis sie bereit war.

Sie waren bereits fast an der Grenze, über die Krallenstreif damals in das Territorium gekommen war, als er das Gefühl bekam, dass Eisensee nun bald sagen würde, was ihr auf dem Herzen lag.

Doch nur einen Herzschlag später durchriss ein Schrei die Luft. Die beiden EchoClan Katzen starrten sich für einen kurzen Moment erschrocken an, bevor sie, so schnell sie konnten, in die Richtung des Schreis rannten.

Ohne darauf zu achten, setzten sie beide über die Grenze, die in unbeanspruchtes Territorium führte, und schon bald brachen sie durch Gestrüpp auf eine Lichtung.

Einige Schwanzlängen von ihnen entfernt stand ein Fuchs. Er sah nicht glücklich aus und wirkte bereit zum Sprung, doch dann musste er die beiden Clankatzen gehört haben, denn er wirbelte herum und blickte den beiden nun direkt in die Augen.

Krallenstreifs Blick huschte für einen Herzschlag zum anderen Ende der Lichtung, wo eine Kätzin zusammengekauert da saß, die Augen weit aufgerissen und voller Angst auf den Fuchs gerichtet. Sie musste wohl diejenige gewesen sein, die geschrien hatte.

Doch der Tigerkater hatte nicht viel Zeit, sich auf sie zu konzentrieren, denn vor ihm stand noch immer ein nicht gerade freundlich aussehender Fuchs. Sowohl Krallenstreif als auch Eisensee machten sich knurrend kampfbereit.

Es dauerte nicht lange, bis sie den Fuchs in die Flucht geschlagen hatten und er so schnell wie möglich durch die Büsche davon sprang.

Sobald der Fuchs verschwunden war, wandte sich Krallenstreif an die verängstigte Kätzin, die noch immer an derselben Stelle kauerte.

Ihr schwarzes Fell war stumpf und ungepflegt und man konnte deutlich ihre Rippen sehen. Ihr Schweif war buschig, aber komplett verklebt und selbst von dieser Distanz aus konnte Krallenstreif die ganzen Knoten sehen. Ihre Ohren waren verunsichert angelegt und ihre gelben Augen noch immer vor Angst geweitet.

Doch was Krallenstreif am meisten erschreckte, war, als sie sich langsam aufsetzte und er eine Wölbung in ihrem weißen Bauch sehen konnte. Sie war so unglaublich abgemagert und offensichtlich in keinem guten Zustanden, und das alles während sie Junge erwartete.

Es war Eisensee, die schließlich einen Schritt nach vorne machte und die fremde Kätzin freundlich anlächelte.

"Hallo. Ich bin Eisensee und das hier-" Sie deutet mit einem Schwanzschnippen auf Krallenstreif. "Ist mein Gefährte Krallenstreif. Wir haben deinen Schrei gehört. Ich hoffe, der Fuchs hat dich nicht verletzt?"

Besorgt musterte nun auch Krallenstreif die Kätzin erneut und diesmal entdeckte er einen kleinen Kratzer an ihrer Flanke, doch es schien glücklicherweise nichts schlimmes zu sein.

Die Kätzin schüttelte dementsprechend auch den Kopf und schaute zwischen den beiden hin und her, bevor sie mit rauer und eindeutig müder Stimme anfing zu sprechen.

"Nein, mir... Mir geht es gut. Danke." Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über den Mund. "Ich bin Mila. Wo... Wo kommt ihr beiden denn her?"

Ihre Augen schienen einen leichten Hoffnungsschimmer in sich zu tragen. Krallenstreif erkannte diese Hoffnung sofort und für einen Moment verkrampfte sich sein Herz, als er daran dachte, was Mila vermutlich alles hatte durchmachen müssen.

"Wir kommen aus dem EchoClan. Das-"

Noch bevor er weiter reden konnte, leuchteten die Augen der Streunerin nun komplett auf und wie von neuer Energie gepackt sprang sie auf.

"EchoClan! Also seid ihr von einem der Clans am Fluss? Oh, ich habe so lange nach euch gesucht!"

Sie hielt inne und schien zu bemerken, dass sie vielleicht ein wenig mehr erklären sollte. Mit einem Lächeln neigte sie den Kopf in einer kleinen Geste der Entschuldigung.

"Ich wurde bei Zweibeinern geboren und habe auch lange bei ihnen gelebt, aber ich habe mich dort nie wohl gefühlt. Und dann, vor einigen Monden, bin ich weggerannt. Nach einer Weile traf ich Blake. Er wurde auch bei Zweibeinern geboren, aber rannte bereits als Junges mit seiner Mutter weg. Er war... Er war unglaublich und wir wurden Gefährten. Dann hörten wir beide von einer Kätzin, dass es Clans geben soll. Sie meinte, sie wäre aus dem NachtClan, aber hätte ihn auf unbestimmte Zeit für eine Mission verlassen müssen."

Krallenstreifs Herz stockte und mit geweiteten Augen starrte er Mila an. Konnte es wirklich sein?

"Mila... Weißt du, wie diese Kätzin hieß?"

Mila kniff die Augen nachdenklich zusammen, nickte dann aber. "Ihr Name war Tigerflamme."

Freude strömte durch Krallenstreif und er lächelte. Tigerflamme ging es also gut. Dankbar nickte er. "Vielen Dank, Mila."

Die Kätzin nickte ebenfalls, ehe sie mit ihrer Geschichte fortfuhr.

"Blake und ich, wir waren begeistert von dem, was Tigerflamme uns erzählt hatte. Also beschlossen wir, nach den Clans zu suchen. Doch es dauerte nicht lange, bis wir einen Donnerweg überqueren mussten und Blake..."

Traurig schüttelte Mila den Kopf, ihr betrübter Blick auf den Boden gesenkt.

"Er hat es nicht rechtzeitig zur anderen Seite geschafft. Von da an musste ich alleine weiter reisen. Nach einer Weile fing ich aber an, mich komisch zu fühlen und na ja, ich erwarte Junge von Blake, wie man sehen kann. Ich weiß es jetzt bereits seit einer Weile und werde so schnell müde. Es ist anstrengend zu jagen und ich fange immer seltener richtige Beute. Aber jetzt- Jetzt habe ich euch gefunden!"

Ihre Augen fingen wieder an, ein wenig zu leuchten, als sie mit solch großer Hoffnung zu den beiden Katzen blickte.

Kurz sahen Krallenstreif und Eisensee sich an, sie brauchten nicht zu reden, um zu wissen, was die richtige Entscheidung war.

"Du kannst mit zu unserem Lager kommen, Mila. Wir können zwar nicht versprechen, dass du auf Dauer bleiben kannst, das ist die Entscheidung unserer Anführerin, aber du wirst bei uns zumindest für jetzt Hilfe bekommen. Unsere Heilerin kann dich untersuchen und du kannst essen und trinken", erklärte Krallenstreif schließlich und dankbar nickte Mila.

Zumindest für's erste schien ihr diese Antwort zu genügen und kurz darauf tappten die drei zusammen zum EchoClan Lager.

Warrior Cats - Echo der Sterne Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt