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Jace 

Immer noch sitze auf dem Bordstein und schaue mein altes zu Hause an. Von hier kann ich sehen, das es noch polizeilich beschlagnahmt ist. Das ist auch wahrscheinlich gut so, denn so habe ich noch etwas Zeit. Wenn ich überhaupt jemals wieder dieses Haus betreten kann. Es schien mir so fremd und doch löst es in mir ein neues Gewitter voller schmerz aus. Die Sehnsucht nach meinen Eltern wird immer größer. Sie hatten mir immer halt gegeben und erst jetzt merkte ich, das ich ohne sie mein Gleichgewicht nicht halten kann. Alles von den letzten Wochen schien nie da gewesen zu sein. So als sei alles nur ein Traum. Ich fühle mich müde und trotzdem hatte ich das Gefühl nie gekämpft zu haben. In meinen Kopf bildete sich die Frage ob es mir auch so ging, wäre ich jetzt noch im Krankenhaus. Denn da war alles ok. "Jace?" neben mir ertönte eine tiefe Stimme, die man so selten hörte. Kurz darauf setzte sich Alec neben mir auf den Bordstein und betrachtete das Haus, was vor uns lag. Ich war froh, das es Alec war, der mich hier gefunden hatte. Denn er konnte schweigen. Er stellte keine Fragen und ließ einen einfach, solange bis man reden wollte. Ich schätze das sehr an ihm. Ich erinnerte mich an Luke' Worte. Ich sollte reden, wenn mich etwas beschäftigt. Nur hatte ich Angst, Alec zu sehr damit zu belasten. Doch mir lag soviel auf dem Herzen. Ich wusste nur nicht wie ich es formulieren sollte. "Momentan fühle ich mich so leer. Da sind nur diese Gefühle, die mich so überrennen. Angefangen von Sehnsucht und Liebe bis hin zu Angst und Wut. Ich fühle mich hin und her gerissen. So als seien sie erst gestern gestorben. Als wären die letzten Wochen wie ausgelöscht in mir. Ich konnte nicht schlafen und mit meinen Tränen hätte man einen See füllen können. Ich habe mich in meinen ganzen Leben noch nie so schwach und machtlos gefühlt wie jetzt. Nicht mal als ich gesehen habe, wie das Leben aus ihnen gewichen ist. Da habe ich gar nichts gefühlt. Und ich wünschte, das es jetzt auch so wäre." Wieder sammelten sich Tränen in meinen Augen an. Ich wollte sie nicht gehen lassen. "Es ist alles so unfair.." Mit einer Hand umklammere ich meine Kette. Die Tränen rollen und die Kraft sie zu stoppen, habe ich irgendwo auf dem Weg hier her verloren. Bin ich überhaupt schon gelaufen? Wieder höre ich seine Stimme und erst jetzt merke ich wie froh ich wirklich bin, das Alec gerade hier ist. "Trauern ist eine lange qualvolle Zeit und selten bleibt es nicht nur bei einem See, den man füllen kann. Meistens ist die Zeit dunkel. Aber in der Dunkelheit der Trauer leuchten auch Sterne der Erinnerung. Glaub mir, Jace. Der Schmerz wird nie ganz weg gehen, du gewöhnst dich an ihn und irgendwann leuchtet auch die Sonne der Freude wieder. Du darfst nur eins nie tun." Fragend sehe ich ihn an. "Aufgeben. Denn manchmal ist das Leben zu wahr, um schön zu sein. Aber auch das ändert sich. Jace du kannst alles schaffen. Auch wenn es jetzt unmöglich erscheint. Du musst nur an dich glauben. So wie es die Leute um dich herum machen. Clara glaubt an dich, Luke, Simon, Izzy, Magnus, ich und vor allem deine Eltern. Sie schauen zu dir herunter und werden dich auf deinen Weg begleiten." Seine Hand legt sich auf meine Schulter. Ich schaue ihn an und ich kann ihm nur zunicken. Langsam steht er auf und reicht mir seine Hand. Somit zieht er mich hoch und als ich endlich wieder auf meinen Beinen stehe, kann ich nur eins. Ich umarme Alec. Er scheint erst perplex zu sein, schließt dann aber auch seine Arme um mich. Diese Umarmung ist wie Balsam für die Seele. Sie bringt mich etwas herunter. "Dankeschön." flüstere ich und bekomme ein nicken von Alec. "Immer wieder Jace. Schaffst du es allein zu Clary?" Dieses mal bin ich es der nickt. Wir lassen uns los und schlagen dann unterschiedliche Richtungen ein. Ich habe ihn gar nicht gefragt, wie es ihm überhaupt geht. Er schien sehr stabil zu sein. Aber Alec konnte man sich nie sicher sein. Erst jetzt merkte ich wie lange ich überhaupt gerannt bin. Nach einer Dreiviertel Stunde kam ich bei der Wohnung an. Natürlich hatte ich keinen Schlüssel mit. Deswegen drückte ich nach kurzen Zögern auf die Klingel. Sofort öffnete sich die Tür und Clary schmiss sich in meine Arme. Ohne große Mühe fing ich sie auf und hielt sie ganz fest. Ich brauchte gerade jeden Halt den ich kriegen konnte und ich wusste das sie das merkte. Denn sie blieb ganz ruhig und drückte sich nur noch näher an mich heran. Ich atmete ihren Duft ein und spürte ihre Wärme. Mein Kopf vergrub sich in ihre Halsbeuge. Mit einer Hand spielte ich mit ihrem Haar. Es beruhigte mich und langsam spürte ich auch die Müdigkeit in mir aufsteigen. "Ich hab mir Sorgen gemacht und nein ich möchte jetzt keine Entschuldigung hören." Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich liebte dieses Mädchen so sehr. Ich merkte das ihr noch etwas auf dem Herzen lag. Deswegen löste ich mich langsam aus der Umarmung. Ich schaute in ihr Gesicht. "Was ist los?" Meine Hand wanderte an ihre Wange. Sie schaute nach unten. "Du hast Post vom Gericht und von der Polizei." Luke hat sie vorhin vorbei gebracht, da sie im Krankenhaus gelandet waren. Die Polizei hat sie wahrscheinlich persönlich vorbei gebracht. Luke hat ihnen mitgeteilt, das man dich erstmal unter der Adresse findet. "Ok, na dann lass uns mal rein gehen." Sie nickte. In der Wohnung begrüßte mich Jocelyn ebenfalls mit einer Umarmung. Ich war ihnen sehr dankbar das sie die Fragen auf später verschoben. Clary' Mum überreichte mir die Briefe. Dort stand mein kompletter Name. Jonathan Christoper Herondale. Ich hasste meinen vollen Namen. Tief atmete ich nochmal durch, bevor ich die Briefe öffnete. War ich wirklich bereit dafür? War ich überhaupt nochmal zu irgendwas bereit? Alec' Worte kamen mir in den Sinn und mit etwas mehr Wut nahm ich die Briefe heraus. 

To the EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt