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Clary
Ich stehe hinter der Glasscheibe. Ich spiegel mich in ihr. Doch meine Aufmerksamkeit liegt auf Alec. Er ist immer noch nicht aufgewacht und die Ärzte halten seinen Zustand für kritisch. Obwohl die Operation bereits vor einer Woche war. Seitdem weicht Magnus ihm keinen Zentimeter von der Seite. Aller zwei Tage fährt er nach Hause und geht duschen, danach kommt er sofort wieder. Ruhe gönnt er sich keine. Wir machen uns alle ziemliche Sorgen um ihn. Er schien sich verändert zu haben. Nur konnte ich es nicht beschreiben. Er wirkte wie in einer anderen Welt. So richtig da war er nicht. Er sah keinen wirklich mehr an und wenn dann nur kurz. Trotzdem war es noch Magnus, wenn man mit ihm sprach. Doch auch hier brachte er nur das nötigste über seine Lippen. „Findest du nicht auch, das wir hier nur die Zuschauer sind?" Jace hatte seinen Arm um meine Hüfte gelegt. Mein Kopf lehnte an seiner Brust. Ich sah zu ihm auf. „Wie meinst du das?" frage ich leise. „Wir sind Zuschauer, wie in einem Film. Wir hoffen, das, das ganze hier ein Happy End hat. Vielleicht haben wir auch Wünsche was noch passiert. Doch sobald es schlimm wird, schauen wir nicht mehr hin. Obwohl wir unsere Augen offen haben, haben wir sie doch geschlossen vor dem, was gerade vor uns passiert. Und einzig allein das Leben scheint zu wissen, wie das ausgeht." Jace Stimme ist ernst. „Und gerade habe ich das Gefühl, das wir alle hinsehen aber nicht verstehen, was da vor uns geschieht." Ich umschlingen Jace fest und auch er drückt mich an sich. Ich habe unendliche Angst. „Heute morgen hat das Gericht  angerufen, der Prozess wurde verschoben. Der Staatsanwalt sitzt ebenfalls in Untersuchungshaft, aufgrund Mittäterschaft." Ich löse mich leicht von ihm und betrachte wieder Magnus. Er hält Alec' Hand. Mags hatte immer schon eine perfekte Körperhaltung. Jetzt, schien sie müde und wie ein Kartenhaus, was in sich zusammen gefallen ist. „Sie ist in zwei Wochen bereits. Bis dahin würde ich gerne das Haus fertig haben." Ich nicke. Für mich kam es ziemlich überraschend, als Jace mir mitteilte, das er das Haus gern verkaufen würde. Als er mir seine Gründe nannte, verstand ich ihn und würde ihn dort unterstützen, wo es nur ging. „Wo liegen deine Eltern eigentlich?" frage ich leise. Jace Atem stockt und ich sehe ihn an. Schon lange wollte ich ihm diese Frage stellen. Nur hatte ich es mir nie getraut. „In einem Waldfriedhof. Bekannte von meinen Eltern hatten sich darum gekümmert, worüber ich Ihnen sehr dankbar bin. Bis jetzt habe ich sie nicht besucht, weil ich kein Bedürfnis hatte. Schließlich ist der sicherste Ort in meinem Herzen und dort sind sie fest verankert." Leicht lächle ich. Tief atmete ich seinen Geruch ein. Gesundheitlich fühlte ich mich so wohl wie schon lange nicht mehr. Irgendwie hatte ich es geschafft mich an meinen Körper zu gewöhnen. Nur seelisch war ich instabil. Mir ging das alles so nah und ich musste Jace recht geben. Ich wollte weg schauen aber es ging nicht. Ich sah zu und handelte nicht. „Hey Leute." Ertönte eine bekannte Stimme hinter uns. Aline hatte ihre weiß, blaue Uniform an. Sie sah relativ müde aus. Ich zog sie in meine Arme und schnell erwiderte sie die Umarmung. Auch Jace begrüßte sie. Danach stellte sie sich neben uns an die Glasscheibe. „Wie geht es den beiden denn?" In ihrer Stimme hörte man die Sorge heraus. „Alec geht es unverändert und Magnus ist nur noch eine Hülle seiner selbst." Aline mustert beide aus verengten Augen. „Ja so sieht er auch aus. Bitte passt auf ihn auf. Bei seiner Vorgeschichte, ist Stress nicht gesundheitsfördernd." Ernst sah sie uns an und wir erwiderten diesen Blick. Ihr Telefon klingelte. „Die Station braucht mich. Sagt Bescheid, wenn ich irgendetwas für euch tun kann." Sie lächelte leicht bevor sie wieder ging. Die Zeit wirkte verrückter als sonst. Alles schien so schnell zu vergehen und trotzdem zogen sich manche Stunden wie Kaugummi. „Ich brauch einen Kaffee, möchtest du auch etwas?" Ich schüttelte nur den Kopf. Jace gab mir noch einen Kuss. Nach kurzem überlegen ging ich in das Zimmer herein. In diesem Raum war es etwas wärmer, was wahrscheinlich an Alec' Temperatur lag, die er nicht eigenständig halten konnte. Er rauschte immer wieder in eine Unterkühlung. Ich setzte mich auf seine rechte Seite. Magnus sah nicht auf und das musste er auch nicht. „Möchtest du nicht doch mal nach Hause? Dich wenigstens für eine Stunde mal ordentlich hinlegen." Er schüttelte unmerklich seinen Kopf und rieb sich während dessen seine Schläfe. Seine Hand zitterte unaufhörlich. „Magnus du musst zum Arzt. Alec braucht dich wenn er aufwacht." Wir alle hatten es schon mehrmals versucht. Aber er blockte total ab. „Wenn er überhaupt wieder aufwacht. Seine Hand ist eiskalt und er ist blasser als sonst. Er sieht nicht mal friedlich aus, während er hier liegt." Ich schaue Alec intensiver an. Sein Gesicht erinnert mich an einen unruhigen schlaf, wenn man von Alpträumen geplagt ist. Ich konnte Magnus nur recht geben. „Ja vielleicht denkt er gerade wieder über etwas nach. So wie er es immer macht." Ich kann ein kleines Lächeln bei Magnus sehen. „Ja das kann sein. Zumindest wäre es typisch für ihn." Auch ich verzog meine Lippen zu einem Lächeln. Eine angenehme Stille legte sich über den Raum und wir beide waren in unsere Gedanken. So lange bis die Geräte von Alec Alarm schlugen und Magnus wie versteinert auf seinen Freund schaut. Ich sah wie Alec' Augen sich schnell unter seinen Augenlidern bewegte. Sofort kamen Schwestern und Ärzte in das Zimmer gerannt und schickten uns heraus. Ich musste Magnus heraus führen. Auf dem Flur stand Jace der uns vollkommen erschrocken ansah. Doch ich hatte keine Zeit es zu erklären, denn Magnus klappte zusammen. Seine Knie gaben nach. Er versuchte an der Wand halt zu finden, aber das was mit ihm gerade passierte war stärker. Jace ließ seinen Kaffee fallen und versuchte Magnus aufzufangen. Aber es war zu spät. Mit seinem Kopf traf er auf dem Boden. Es wirkte alles wie Zeitlupe. Ich nahm das durchgängige fiepen in Alec' Zimmer war und die Ärzte die sich auch auf Magnus stürzten. Und erst jetzt hatte ich den Eindruck richtig hinsehen zu können.

To the EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt