Er trat in mein Zimmer ein und schloss die Tür hinter uns. Alexander lief zu meinem Bett und setzte sich während ich stehen blieb. "Also", sagte ich mit verschränken Armen, "erzähl schon." "Als Erstes musst du wissen, dass es mir jetzt nicht einfach fällt, dir das zu erzählen. Ich habe noch nie mit jemanden so darüber geredet." Alexander seufzte und begann zu erzählen.
"Ich hatte mal eine Freundin", begann er zu erzählen. "Ich war 17 Jahre alt und sie war 18. Ich habe sie hier in New York kennengelernt, im Central Park, sie stand auf einer Brücke und hat Enten gefüttert. Ich wusste nicht wieso, aber ich habe mich sofort zu ihr hingezogen gefühlt. Sie hatte wunderschöne blonde Haare und ein strahlendes Lächeln. An dem Tag hab ich sie zum ersten Mal angesprochen. Und den Tag darauf, trafen wir uns an der selben Stelle wieder. Und an dem darauffolgenden Tag auch, und dem darauffolgenden. Sie wusste jedoch nichts von meinem eigentlichen Leben. Von dem Leben als Sohn eines Mafioso, meines Vaters. Wir trafen uns jeden Tag und begannen schon bald, auch woanders hin zu gehen: ins Kino, in ein Restaurant oder in ein Café. Ich habe mich in sie verliebt und sie sich in mich. Sie war so ein guter Mensch. Während ich Schlägereien anzettelte und Drogendealer erpresste arbeitete sie im Tierheim und half obdachlosen Menschen. Wir waren wie Tag und Nacht, wir passten kein bisschen zusammen, aber trotzdem funktionierte es. Immer wenn ich mit einem blauen Auge oder geschundenen Händen durch ihr Fenster im dritten Stock geklettert kam, versorgte sie mich liebevoll.
Sie fragte nicht, woher die Wunden kamen, sie konnte es sich schon denken und nach den ersten fünf Mal, hatte sie es auch aufgegeben, mich davon abhalten zu wollen. Die Zeit verging, wir waren bereits zwei Jahre zusammen und ich liebte sie über alles. Aber ich hätte es besser wissen müssen. Ich hätte wissen müssen, das ich sie in Gefahr brachte, ich hätte wissen müssen, das dieses Leben nicht funktionieren würde. Eines Tages, ich war gerade auf dem Weg zu ihr, erhielt ich einen Anruf. Als ich ihren Namen auf dem Bildschirm sah, dachte ich mir nichts dabei und ging ran, doch es war nicht sie. Am anderen Ende der Leitung war die Stimme eines Jungen in meinem Alter zu hören. Er sagte mir eine Adresse und das ich alleine kommen soll, unbewaffnet, wenn ich sie noch Mal lebend wiedersehen will. Ich hatte wirklich Angst in diesem Augenblick, Angst um sie, davor, dass diese Schweine ihr etwas antun würden. Also gehorchte ich und kam an den Treffpunkt. Die Straße war eine dunkle Gasse, mitten im Getto. Dort sah ich diese Arschlöcher dann. Sie waren zu sechst und an den Gesichtern erkannte ich sie wieder. Das waren alles Typen, die ich schon mindestens einmal verschlagen hatte. Und in ihrer Mitte lag sie, misshandelt und nur noch in Unterwäsche gekleidet. Rasende Wut überkam mich als ich ihre dreckigen Gesichter und das Lächeln sah. Ich stürmte ohne ein Wort zu sagen auf diese Arschlöcher zu, wollte ihnen ihr Lächeln aus dem Gesicht schlagen, doch gegen sechs hatte ich natürlich nicht die kleinste Chance. Sie packten mich und schlugen auf mich ein bis ich nicht mal mehr Knien konnte. Sie zerrten mich wieder hoch um dem ganzen noch den Rest zu geben.
Ihr Anführer stellte sich hinter meine Freundin, zog sie nach oben und ging ein paar Schritte zurück. Der Blick von meiner Freundin war angsterfüllt und sie schaute mich nur mit ihren leuchtenden Augen an. "Spüre, wie es sich anfühlt, wenn man dir alles nimmt", sagte ihr Anführer. Er holte seine Knarre raus, zielte und schoss auf meine Freundin. Die Kugel durchschlug ihr Herz und sie fiel zu Boden. Sie war sofort tot. Die Typen ließen mich los und ich zog mich zu meiner Freundin während die Arschlöcher dreckig lachend verschwanden. Die Beerdigung war drei Tage später. Ihre Eltern und ein paar ihrer Freunde waren da. Es hieß, dass sie überfallen worden war, dafür hatte mein Vater gesorgt. Ihre Mutter kam nach der Beerdigung zu mir und schellte mir mit geröteten Augen eine. Dabei sah sie mich so schmerzerfüllt an. Sie wusste natürlich, dass ich der Grund für ihren Tod war. Ich hatte es verdient, darum ließ ich sie mich beschimpfen, bis ihr Mann sie stoppte und in den Arm nahm. Bis auf ein "Es tut mir Leid", brachte ich nichts mehr raus. Ab diesem Tag an beschloss ich, nie wieder jemanden zu lieben. Ich wollte nie wieder diesen Schmerz spüren wollen."
Alexander sah still zu Boden. Ich merkte , dass es ihm wirklich alles andere als gut ging. Vorsichtig lief ich zu ihm und setzte mich. "Wie war ihr Name?", fragte ich leise nach. "Emilia", antwortete er ohne aufzusehen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. So verzweifelt und verletzt hatte ich ihn noch nie gesehen. Wie sollte ich mit ihm am Besten umgehen. Ich entschied mich dazu, vorsichtig seine Hand zu nehmen und sie halten. Er sah zu mir auf und ich ein Lächeln schlich sich auf seine Mundwinkel. "Was ist danach passiert?", wollte ich wissen und er fuhr mit seiner Geschichte fort.
"Ich begann meine ganze Konzentration der Arbeit meines Vaters zu widmen und er brachte mir alles bei, was ich wissen musste. Ich bekam auch meine eigenen Männer, einer von ihnen war Max. Nebenher suchte ich nach den Verantwortlichen und ich fand sie alle. An ihnen übte ich das Foltern und wie es sich herausstellte, was ich ziemlich gut darin. Sie haben ihre Strafe erhalten, doch selbst nachdem ich sie über Monate hinweg gefoltert und schließlich jeden einzelnen getötet hatte, ging es mir nicht besser. Nach drei Jahren übernahm ich dann die Mafia meines Vaters vollständig und begann nach einiger Zeit mir Spielzeuge zuzulegen. Menschliche Spielzeuge. Sie dienten nur dazu, mich zu beschäftigen, meinen Frust abzubauen und meine Lust zu befriedigen. Die meisten von ihnen hielten nicht lange durch. Sie ergaben sich schon nach wenigen Tagen und gehorchten mir aufs Wort. Nach einer Weile wurden sie mir dann zu langweilig und ich ersetzte sie durch ein Neues. Das lief so für zwei Jahre bis ich du uns auf einmal dabei ertappt hast, wie wir einen Drogendealer zurecht wiesen. Mein altes Spielzeug war gerade fällig gewesen, also passte das perfekt."
"Nur eine kurze Frage", unterbrach ich ihn. "Wieso hast ausgerechnet du, der Mafiaboss, mit so einem kleinen Dealer abgerechnet. Dafür hast du doch eigentlich andere Männer?" "Nun ja", sagte Alexander, "das war eigentlich mehr ein Zufall. Eigentlich war ich auf dem Weg gewesen, mich mit einem der Chefs zu treffen, doch als ich diesen Dealer sah, fiel mir wieder ein, dass er was für mich besorgen sollte. Darum habe ich ihn abgefangen und den Rest hast du ja mitgehört." Ich nickte zustimmen. "Aber wieso hast du mich nicht wie die anderen Spielzeuge einfach weggeschmissen?" "Weil du anders warst. Im Gegensatz zu denen hattest du einen starken Willen und egal was ich getan habe, du hast dich nicht richtig brechen lassen. Zudem warst du ziemlich unterhaltsam und stur. Ich meine, du hast mir einen Wecker über den Schädel gezogen und bist dann über das Gartenhäuschen abgehauen! Ich habe noch nie erlebt, dass jemand Anderes das gemacht hat! Und irgendwann mal, wollte ich dir nicht mehr wehtun. Ich dachte ich würde dich wie jeden anderen nach einiger Zeit ersetzten, aber das konnte ich nicht. Und ich habe lange Zeit nicht verstanden warum. Aber jetzt weiß ich es und ich will es auch nicht länger verleugnen."
Er nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und küsste mich innig. "Ich liebe dich Erik. Ich liebe dich so sehr! Du hast es geschafft, mich aus diesem ewigen Kreislauf herauszuholen und mir so klargemacht, dass ich auch lieben darf und mir wieder gezeigt, wie es sich anfühlt zu lieben und geliebt zu werden." Er sah mir in die Augen und ich dachte, Tränen erkennen zu können. "Danke", hauchte er und wir küssten uns erneut. "Ich liebe dich auch", hauchte ich zurück und lächelte ihn glücklich an.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ich zuckte zusammen. Max stand dort und schien verstanden zu haben, in welche Situation er gerade geplatzt war. "Entschuldigung, dass ich störe, aber Jona ist wach."
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My own hell
Любовные романыErik ist ein Außenseiter, der sich nicht gerne auf andere Menschen einlässt und lieber alleine seinen Weg geht. Als er aber dann mit seiner Klasse auf Abschlussfahrt nach New York geht, wird der Kalifornier Zeuge eines Mordes. Daraufhin wird er enfü...