Der große Raum, den wir betraten, beinhaltete ein paar luxuriöse Sofas mit den darauf sitzenden Mafiosi. In ihrer Mitte befand sich ein großer, oval-förmiger Glastisch. Jeder der Bosse hatte ein paar seiner Gefolgsleute dabei, welche alle muskulös und durchtrainiert aussahen. Zudem waren alle bewaffnet, wie schon erwartet. Nur eine kleine Gruppe von drei Leuten war noch ohne Anführer. Und genau auf die steuerte Alexander zu. Das waren wohl unsere Mitglieder. Als wir nun den Raum passierten zogen wir die Blicke der anderen auf uns. Kein Wunder, wir waren auch die letzten die noch zu fehlen schienen. Alexander setzte sich zu seinen Männern und ich stellte mich hinter den Sessel zu Max. Während sich Alexander Wein einschenken ließ, ließ ich meinen Blick über die anderen schweifen und bemerkte etwas. Bei vielen saß ein Mädchen auf der Lehne des Sofas oder zu den Füßen der Bosse. Auch gab es mehrere Jungs, die das Gleiche taten. Sie alle waren leicht bekleidet und hatten tiefe Augenringe, den wenigsten schien es gut zu gehen. Blaue Flecken zierten ihre Körper und die Erschöpfung stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Die Lebenslust war aus ihrem Blick erloschen. Mir war bewusst, was das für arme Menschen waren: die Haustiere der anderen Mafiosi.
Ich musste den Klos in meinen Hals herunterschluckenals ich sie so sah. Augenblicklich dachte ich an meine Zeit als Alexanders Gefangener zurück. Im Gegensatz zu denen konnte ich mich ja wirklich noch glücklich schätzen. Sie hatten sicherlich viel schlimmere Qualen durchleben müssen als ich. Ich hatte wirklich großes Mitleid mit ihnen und hätte ihnen auch am liebsten geholfen, doch ich wusste, dass ich das nicht konnte. Nur bei einem Mafiaboss stand ein Junge, etwa in meinem Alter, neben dem edlen Sessel. Er schien nicht so geschändet worden zu sein, wie die anderen, nur einen blauen Fleck an seinem Hals konnte ich erkennen. Er trug einen schwarzen Anzug und hatte einen türkisenen Ohrstecker im linken Ohr. Seine Haare waren gerade so hinten zusammengebunden, da sie fast zu kurz dafür waren. Vorne hatte er zwei Stähnen hängen, welche sein rechtes Auge fast komplett verdeckten. Alles in allem schien er also in Ordnung zu sein, aber trotzdem kam er mir komisch vor. Er starrte mich durchgehend mit einem komischen Blick an, welchen ich nicht deuten konnte. Es war eine Mischung aus Verzweiflung, Hoffnung und Freude, dachte ich zumindestens. Dieser Junge kam mir ihrgendwie bekannt vor, ich war mir sicher ihn schon mal gesehen zu haben, aber wo? Wer war er nur? Und wieso hörte er nicht auf mich anzustarren?
Bevor ich mir weiter Gedanken machen konnte begann einer der Mafiosi zu sprechen. "Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten!", rief er durch den Raum und die Blicke von allen richteten sich auf ihn. "Ich darf sie heute herzlich willkommen heißen zu unserem Treffen. Diese Versammlung wurde von Mister Wood einberufen, darum übergebe ich nun an ihn. Mr. Wood, würden sie uns bitten den heutigen Anlass schildern?" Alexander lächelte und erhob sich mit seinem Weinglas.
"Auch ein herzliches Willkommen von meiner Seite", begann Alexander zu sprechen. "Wie sie sicherlich schon mitbekommen haben, hatte ich eine kurze Ruhephase gehabt, in der ich nicht von mir hören ließ." "Dürfte ich den Grund dafür erfragen", fiel ihm ein anderer Boss ins Wort. Alexander lächelte unbeirrt weiter. "Ich wurde angeschossen und brauchte Zeit zur Genesung", beantwortete er die Frage wahrheitsgemäß, bevor er fortsetzte. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass es ein paar Unruhen während meiner Abwesenheit gab." Alexander ließ seinen Blick über die Mafiosi im Raum schweifen. "Und ich wollte mich vergewissern, dass alles bei seiner Ordnung bleibt. Und das wir Konseqenzen ziehen." Ich wusste nicht, von was Alexander sprach, doch das sollte ich noch erfahren. Es herrschte eiserne Stille bis sich einer der Bosse erhob und zu sprechen begann. "Mr. Wood, auch wir haben von diesem Vorfall gehört, doch, was hat das genau mit uns zu tun?" "Nun ja, sie alle wissen ja, dass meine neueste Lieferung überfallen und gestohlen wurde. Und sie wissen ebenfalls, dass wir alle ein Abkommen unterzeichnet haben, welches besagt, dass wir uns nicht in die Geschäfte einmischen. Aber genau das ist hier passiert. Einer von den uns Anwesenden hier im Raum, hat einen Vertragsbruch begannen." Ein Raunen ging durch die Menge und man hörte leises Getuschel. Jeder schien seine Vermutungen aufzustellen, wer der Übeltäter war. Alexander wusste es genau, das sah ich in seinem festen Blick.
"Nun denn, um den Täter zu enthüllen, habe ich ein paar Vorkehrungen treffen lassen", sprach Alexander weiter und nickte Max zu. Dieser verließ daraufhin den Raum und kam kurze Zeit später wieder. Er war nicht mehr alleine, er schleifte einen Körper hinter sich her, den er dann mittig im Raum neben dem Glastisch achtlos fallen ließ. Der Mann richtete sich schnell auf und sah sich panisch um. Er versuchte sich hinzustellen, doch ihm knicken die Beine weg. Sein Auge war blau geschlagen und überall waren Schwellungen und Blauflecke zu sehen. Seine Nase stand schräg und blutete sowie seine Lippe. Er war übel zugerichtet worden. "Wer ist das?", fragte einer der Mafiosi wärend er den Mann betrachtete. Alexander lief zu dem Verletzten und stellte sich vor ihn. "Das, meine Herrschaften, ist der Mann, der den Überfall auf meine Lieferung geleitet hat." Ich bekam für kurze Zeit nicht mit, was Alexander sagte, weil ich mit den Gedanken noch immer bei dem seltsamen Jungen war, doch er trat auf einmal dem verletzten Mann ins Gesicht. Ich hörte ihn aufstöhnen und musste schwer schlucken.
Alexander hatte harte Tritte drauf, das wusste ich aus eigener Erfahrung. Der Mann am Boden spuckte Blut und hustete. Alexander kniete sich zu ihm runter und zog seinen Kopf hoch. Der Mann verzog vor Schmerzen das Gesicht. "Elliot Nock, wollen sie uns nicht aufklären, wer sie angeheuert hat?", fragte Alexander mit einer freundlichen Stimme, die zugleich extrem bedrohlich wirkte. "I-Ich weiß es nicht!", stammelte der Mann, welcher anscheinend Elliot hieß. Alexander holte aus und schlug Elliot in die Magengrube. Dieser stöhnte auf und krümmte sich. Alexander hielt jedoch noch immer seinen Kopf fest, welchen er nun erneut hochzog. "Sie lügen. Lügner werden bestraft. Wer ist ihr Auftraggeber?", fragte Alexander erneut. "Ich sagte doch schon, dass ich es nicht weiß! Es war ein anonymer Auftrag!", schrie der Mann verzweifelt. "Ein anonymer Auftrag einen Mafiaboss zu bestehlen? Und so etwas nimmt man einfach an? Verkaufen Sie uns nicht für dumm, kein normaler Mensch würde das tun ohne bedroht oder mit einer Menge Geld belohnt zu werden! Bei einem anonymen Auftrag hätten Sie nie die Versicherung auch dafür am Ende bezahlt zu werden! So ein Auftrag wird von Angesicht zu Angesicht besprochen! Also raus mit der Sprache, wer ist der Auftraggeber?" Zum Ende hin wurde Alexander sehr laut sodass er fast schon schrie.
Alexander begann auf Elliot einzutreten und nach jedem Tritt wiederholte er die Frage. Mir viel es schwer, dabei zuzusehen, wie er diesen Mann zurichtete. Hätte er ihn foltern wollen, hätte er das doch auch woanders machen können, bei uns im Keller zum Beispiel, auch wenn ich nicht davon begeistert gewesen wäre. Aber er malträtierte Elliot hier, vor all den anderen Bossen. Er tat es, um ihnen zu zeigen, dass er nicht zögerte, dass er immernoch gnadenlos war. Durch mich schienen wohl Gerüchte aufgekommen zu sein, er sei verweichlicht. Und diese wiederlegte er nun und verfolgte dabei den Zweck, den Täter zu enthüllen, selbst wenn er ihn schon kannte. "Aufhören!", rief Elliot gequält. Alexander hielt inne. "E-Es war Bold! Bold ist mein Auftraggeber!", keuchte er erschöpft. Die Blicke von allen Anwesenden waren nun auf den Mafiosi mit dem nebenanstehenden seltsamen Jungen gerichtet.
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My own hell
Roman d'amourErik ist ein Außenseiter, der sich nicht gerne auf andere Menschen einlässt und lieber alleine seinen Weg geht. Als er aber dann mit seiner Klasse auf Abschlussfahrt nach New York geht, wird der Kalifornier Zeuge eines Mordes. Daraufhin wird er enfü...