Liebe hat eine schöne Farbe - Die Alisper-geschichte

1. Kapitel - Alice

Ich brenne. Schon wieder. Aber diesmal komme ich nicht weg. Die letzten elf Male bin ich immer davon gerannt oder habe mich entfesselt. Aber nicht heute. Sie mussten dieses Mal besonders darauf geachtet haben, die Stricke richtig fest zu ziehen. Ich spüre die Hitze, die sich langsam unter meinen Füßen ausbreitet. Ich schließe die Augen und versuche es nochmal. Aber wieder sehe ich nichts, was eigentlich nur bedeuten kann, dass ich entweder gleich sterbe, was ich für sehr wahrscheinlich halte, oder dass mein eventueller Retter noch nicht sicher über meine Rettung ist.
Ich öffne die Augen. Ich sehe in die Gesichter all der Menschen, vor denen ich immer verfolgt wurde. Sie sehen schadenfroh aus. Ganz hinten steht ein kleiner Junge. Ich kann ihn nicht genau erkennen, aber ich bin mir sicher, dass es Jake ist. Er hatte sich so schön mit mir angefreundet. Er steht komisch; den Rücken mit einem Buckel nach vorn gebeugt, das Gesicht in den Händen verborgen. Er weint. Das wollte ich nicht. Er tut mir leid. Ich will rufen, er solle nicht weinen, aber plötzlich spüre ich einen stechenden Schmerz. Das Feuer hat meine Füße erreicht. Ich schließe wieder die Augen. Diesmal nicht, um etwas zu sehen, sondern um Jake nicht mehr anschauen zu müssen. Doch kaum habe ich meine Augen geschlossen, reiße ich sie wieder auf. Endlich. Ich sehe wieder etwas.
Erleichterung macht sich in mir breit. Ich werde es schaffen. Auch wenn mir der Gedanke an das Gesehene Angst macht. Um mich höre ich, wie die Leute anfangen zu schreien.