Kapitel 17 - Serena - ✔️

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„Denkst du wirklich, dass er mir einfach so vergeben wird?" Keanen wirft mir einen Seitenblick zu, den ich nicht deuten kann, und wendet sich dann wieder dem Verkehr zu. „Ja, Serena. Er wird dir vergeben, und jetzt freu dich darauf deinen besten Freund zu sehen."

Ich lächle und lehne meinen Kopf wieder gegen die kühle Fensterscheibe. „Danke", rutscht es mir irgendwann über die Lippen, und Kea schielt wieder zu mir rüber. „Für?", fragt er, und ich zucke mit den Schultern.

„Alles. Ich kenne dich gerade mal um die zwei Wochen, doch ich habe selten mit jemandem so viel gelacht wie mit dir. Du verstehst mich auf irgendeine verdrehte Art und Weise, und das tun nicht viele. Du kannst meine Emotionen von mir ablesen als wären sie mir auf die Stirn geschrieben. Du bist für mich da, beruhigst mich, unterstützt und hilfst mir. Dafür, Kea."

Keanen sagt eine Zeit lang nichts, doch das Lächeln auf seinen Lippen ist eindeutig. „Dann muss ich mich bei dir aber auch bedanken", erwidert er nach einer Weile, und diesmal schaue ich ihn fragend an.

„Na, du kennst mich ebenfalls. Weißt, wann ich lüge, und lässt mich trotz allem, was du bisher mitbekommen hast, nicht fallen. Die meisten Leute wären schreiend weggerannt und auch nicht wieder zurückgekommen. Du hast mich überrascht, irgendwie. Und irgendwie wusste ich, dass es noch nicht vorbei ist."

Ich lächle und sehe Keanen dabei zu, wie er mit ernster Miene versucht, die richtigen Worte zu finden, während er sich nebenbei auf den Verkehr konzentriert.

„Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass es falsch wäre, nicht zurückzukommen", sage ich, und Keanen schaut mich kurz grinsend an. „Du hättest was verpasst", schmunzelt er dann überheblich, und ich lache.

Irgendwie werde ich selbst nicht so ganz schlau aus dem, was da gerade zwischen Kea und mir ist. Nachts schlafen wir aneinander gekuschelt ein, tagsüber benehmen wir uns wie beste Freunde. Er ist immer da, wenn ich ihn brauche und beschützt mich, aber ich kann ihm trotzdem die Stirn bieten, wenn ich will. Er versteht mich und meine Art und Weise zu denken, zu fühlen. Es kommt mir so vor als würden wir uns schon seit Jahren kennen, so gut verstehen wir uns.

Aber es ist auch nicht so, wie bei Lio und mir. Irgendwie ist da was, das ich nicht beschreiben kann. Es fühlt sich alles so richtig an bei Kea.

Er fühlt sich richtig an, und das verwirrt mich.

Ich fühle mich überall wohl, wenn er dabei ist. Ich könnte im Wald ohne Schlafsack oder ähnliches schlafen, Hauptsache, er ist bei mir. Ich brauche ihn irgendwie.

„Wir sind gleich da."

Kea reisst mich wieder aus meinen Gedanken, und ich erkenne an den Häusern links und rechts von der Strasse, dass wir schon in Lio's Viertel sind. Ich atme einige Male tief durch und steige aus, sobald Keanen den Wagen zum Stehen bringt. Ich bin schon so oft die Einfahrt zu diesem Haus hochgegangen, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nie so nervös dabei war.

„Du schaffst das", ertönt Keanens Stimme neben mir, und ich spüre, wie er mir eine Hand auf die Schulter legt. Unbewusst greife ich danach und fühle mich direkt ruhiger.

„Ja, du hast Recht." Ich laufe entschlossen los, und Keanen hält mit mir Schritt. Gerade als ich klingeln will, wird die Türe aufgerissen, und ein Junge mit dunklen Haaren und dunklen Augen springt mir entgegen. Ich taumle erschrocken etwas nach hinten, werde jedoch direkt an eine Brust gezogen und hochgehoben.

„Du bist hier", murmelt Lio in meine Halsbeuge hinein, und ich lache immer noch etwas überrumpelt. „Ja, bin ich", sage ich nur, und lege meine Arme fester um Lio's Nacken. „Te he echado de menos, idiota", seufzt er leise, und obwohl ich die Hälfte nicht verstehe, glaube ich, dass es sowas wie „ich habe dich vermisst, Idiotin" heisst.

Don't run from me - ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt