Kapitel 34 - Keanen - ✔️

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Ich spüre, wie Serena zittert, und drücke sie noch etwas fester an mich. Draussen sind einige Schüsse zu vernehmen, und kurz fürchte ich mich davor, plötzlich Lio oder Noah schreien zu hören, doch als sie beide mit ernster Miene wieder reinkommen bin ich mir sicher, dass es ihnen gut geht. „Der Typ wird in den Keller gebracht", berichtet Lio mit kühler Stimme, und sein Blick fällt dann auf Serena, die ihr Gesicht immer noch in meiner Halsbeuge verbirgt, und ihre Beine um meine Hüfte geschlungen hat.

Ich atme ihren Duft ein und drücke ihr unzählige Küsse auf die Schulter, um sie so etwas zu beruhigen. Ich hätte nie gedacht, dass jemand sie mal verfolgen wird, da sie ja eigentlich nichts mit alldem hier zu tun hat. Ich wollte sie doch aus dem hier raushalten, und jetzt musste sie eine Mordspanik ausstehen, weil ihr jemand nachgefahren ist. Das werde ich nicht mehr zulassen.

„Es tut mir so leid", murmle ich, und Serena schüttelt den Kopf. „Es ist alles okay, ich... wusste, worauf ich mich einlasse, wenn ich bleibe. Ich habe nur nicht schon so früh damit gerechnet." Es versetzt mir einen Stich, dass ein Mädchen sich auf so vieles einlassen muss, nur um mit mir zusammen sein zu dürfen. Dass sie Verfolgungen und eventuelle Bedrängungen, und Einschränkungen jeglicher Art auf sich nehmen müssen. Das ist nicht fair, denn ich habe mir das alles hier ganz sicher nicht ausgesucht.

Ich wurde in diese Familie hier herein geboren und bin damit aufgewachsen, mein Vater würde es nicht akzeptieren, wenn ich nicht mitmachen würde. Er setzt viel auf mich, das weiss ich. Und irgendwie ist es mir ja eine Ehre, aber manchmal ist diese Arbeit auch ein verdammt grosser Fluch. In Momenten wie diesen zum Beispiel, wo ich mein Mädchen völlig am Ende im Arm halte und beruhige, weil sie eben von jemandem verfolgt wurde, der es auf mich abgesehen hat.

„Kea, sieh mich an", murmelt Serena irgendwann, und ich ziehe mein Gesicht etwas zurück, damit sie mir in die Augen sehen kann. „Ich weiss, was du gerade denkst. Aber ich werde wegen sowas nicht gehen oder wütend auf dich sein, okay? Wir schaffen das zusammen. Versprochen." Ich lächle sie an und beuge mich etwas zu ihr vor. „Ich liebe dich, Serena", hauche ich gegen ihre Lippen, und mir ist dabei völlig bewusst, dass ich das gerade zum ersten Mal gesagt habe.

Aber es stimmt, ich habe mich Hals über Kopf in die kleine, freche Halbitalienerin verliebt, mit ihren blaugrünen Augen und braunen, gewellten Haaren, die mir immer die Hölle heiss macht. Auf die ich ohne Ausnahme höre, wenn sie mir was befiehlt, und die mich mit ihrer blossen Anwesenheit beruhigen kann. Ich habe mich in das Mädchen verliebt, das die dümmsten Witze reisst, mich aber trotzdem jedes Mal damit zum Lachen bringt.

„Ich liebe dich auch, Keanen. Mehr als du dir jemals vorstellen könntest." Ich lächle und drücke meine Lippen dann vorsichtig auf die von Serena, und zu meiner Zufriedenheit verstärkt sich der Griff um meinen Nacken etwas. Es ist mir gerade völlig egal, dass die Jungs im Nebenzimmer stehen und uns beobachten können. Was für mich momentan zählt ist nur, dass es Serena gut geht, und dass sie mich nicht verlässt, auch wenn ich es völlig verstehen könnte.

Trotzdem muss sie in den nächsten Wochen wohl einiges über sich ergehen lassen, damit sie wirklich sicher ist. Zum Beispiel, dass ich mich bei ihr einquartieren werde. Das habe ich sowieso schon geplant in den letzten Tagen, und Bale weiss auch schon Bescheid. Er und Alessia haben kein Problem damit, nur Serena weiss noch nichts von ihrem Glück. Eigentlich würde ich gerne sofort mit ihr losgehen, doch zuerst muss ich mich um ihren Verfolger kümmern. Ich bin mir sicher, dass er etwas mit Jack zu tun hat.

Vorsichtig lasse ich Serena runter und küsse sie nochmals auf die Stirn, dann winke ich Lio heran. Er kommt mit Elia aus dem Raum und nimmt Serena sofort in die Arme, während Elia neben mir stehen bleibt. „Bereit?", frage ich ihn, und er nickt. Ich will gerade gehen, als Serena mich an der Hand zurückhält. „Mach nichts Unüberlegtes", sagt sie mir, und ihre Miene ist ernst. Ich nicke, und Serena lässt mich los.

Don't run from me - ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt