Kapitel 31 - Serena - ✔️

131 3 0
                                    

„Du musst hier rechts!"

Schnell reisst Keanen das Lenkrad rum, wendet den Wagen mehr oder weniger ganz, und fährt dann in aller Ruhe in den kleinen Weg, der von der Hauptstrasse wegführt. „Nächstes Mal sagst du das bitte etwas früher", murrt er, doch sein Lächeln ist ihm trotzdem ins Gesicht gekleistert. „Tut mir leid, aber Geografie war noch nie mein bestes Fach", erkläre ich schulterzuckend, und Kea schüttelt den Kopf. „Wir sind gleich da", sage ich noch, und starre dann wie so oft aus dem Fenster.

„Wie viel weiss Dad?", frage ich irgendwann, und Keanen schaut mich etwas verwirrt an. „Worüber?", fragt er zurück, und ich schlucke. „Über das mit Jack und so", murmle ich, und es ist das erste Mal seit Keanen aus meinem Zimmer gegangen ist, dass ich überhaupt auch nur ansatzweise das Thema anschneide. „Ich glaube, er weiss genau wer er ist", sagt Keanen nach einer Weile, und ich nicke nur. Mein Vater wusste also die ganze Zeit wer mein Chef ist, und hat mich trotzdem dort arbeiten lassen.

Ich schätze es ja, dass er mir meine Freiheit lässt, aber das ist schon etwas krass.

„Wie lange weiss er das schon?", frage ich, und Keanen zuckt mit den Schultern. „Auf jeden Fall wohl länger als ich. Ich habe Jack in dem Moment erkannt, in dem er mich in sein Büro gebeten hat, damals als wir gestritten haben." Ich nicke erneut, denn wenigstens hat Kea mich nicht lange dort arbeiten lassen mit dem Wissen, dass mein Chef ein gefährlicher Gegner der Mafia und ein verdammter Entführer ist.

„Wieso hat Dad mich dort arbeiten lassen, wenn er doch wusste, dass Jack die Bar leitet?", zische ich, und Keanen schaut mich aus dem Augenwinkel heraus an. „Ich weiss es nicht, Seri. Ich weiss sowieso recht wenig über Max, wenn, dann müssten wir Dad fragen. Vielleicht hat Max Jack auch einfach unterschätzt, weil er ja eigentlich für uns gearbeitet hat. Wir haben ihn ja auch unterschätzt." Ich nicke nur und hoffe, dass Keanen Recht behalten soll. Wenn nicht frage ich mich, wie Dad überhaupt noch in den Spiegel schauen kann.

„Denk nicht zu viel darüber nach, wir sind gleich da und werden einfach versuchen, den Abend so gut wie möglich hinter uns zu bringen, okay?" Keanens Stimme hat wie immer etwas Beruhigendes an sich, und ich nicke langsam.

„Du hast Recht", murmle ich, und streiche mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr. Ich werde einfach wie immer versuchen mich so gut wie möglich zu benehmen und die Serena raushängen lassen, die es eigentlich gar nicht gibt, doch das merken meine Eltern nicht, da sie so wenig da waren, dass sie gar nicht wissen können, wie die echte Serena ist. Gian hat mich mal gefragt ob ich mein Lächeln übe, da es so echt rüberkommt, denn es täuscht sogar Fernanda.

Irgendwann erscheint das hell erleuchtete, schon von weitem teuer aussende Restaurant vor uns auf, und Keanen parkiert seinen Audi. Als wir aussteigen atme ich einige Male tief durch und kann durch das Fenster schon meine Eltern und Gian ausmachen.

Sie warten also nur noch auf uns.

Ich schliesse die Augen, als mich plötzlich jemand an den Schultern packt, und als ich meine Augen wieder öffne, schaue ich direkt in zwei dunkelbraune Augen. „Serena, du kannst das. Hör auf innerlich Panik zu schieben, okay? Ich bin bei dir, und Gian ist auch da. Du musst mir nur ein Zeichen geben und wir hauen ab, okay?" Ich nicke und lächle zögernd, dann atme ich noch einige Male durch. „Danke", flüstere ich, und Keanen drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

Obwohl wir noch nicht über alles geredet haben, habe ich irgendwo tief in mir drin schon lange den Entscheid gefällt, dass ich Kea und die Jungs nicht alleine lassen kann. Sie sind seit Wochen fester Bestandteil meines Lebens, und jeder hat sich seinen eigenen Platz in meinem Herzen gesichert. Sogar Lucía.

Don't run from me - ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt