Lachend blickte ich zu Cas rüber. Der Engel hatte doch tatsächlich noch nie Seifenblasen gesehen. Völlig fasziniert beobachtete er die bunt schillernden Blasen, die praktisch Sams und meine Kindheit zusammenfassten.
Ich dachte an den Tag zurück, an dem wir uns „kennengelernt" hatten. Als ich in der Scheune, die Bobby und ich gegen alle anderen übernatürlichen Wesen gesichert hatten (mit Ausnahme von Engeln, natürlich), und dann mit unseren Waffen an ihm verzweifelt waren. Castiel war weder durch Steinsalz, noch durch Silberkugeln, noch durch Rubys Messer zu verwunden gewesen. Als er sich letzteres aus der Brust gezogen hatte, hatte ich nicht mehr gewusst, ob ich staunen oder fliehen sollte. Doch in den letzten Jahren hatte sich vieles verändert. Wir hatten uns verändert. Cas war Familie geworden und ich konnte ihn mir aus meinem Leben nicht mehr wegdenken. Er war mir mindestens so wichtig wie Sammy, wenn auch auf eine andere Weise.
Denn letzte Nacht hatte ich mich endlich dazu überwunden, mir einzugestehen, dass ich in den ehemaligen Krieger Gottes verliebt war. Es war in gewisserweise gut, denn nun musste ich mich nicht mehr obligatorisch fragen, weshalb mir in seiner Gegenwart abwechselnd heiß und kalt wurde und ich anfing zu stottern. Ich musste mir keine Ausreden für mich selbst ausdenken, sondern gestand mir die Wahrheit ein.
Die Kehrseite der Medaille war nun, dass ich es kaum mehr verstecken konnte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es Cas ebenso ging wie mir. Schließlich hatte ich nie bemerkt, dass er mir heimliche Blicke zuwarf, wie ich es bei ihm tat. Er benahm sich in meiner Anwesenheit nicht anders, als sonst auch. Er war ruhig, machte, wenn er etwas nicht verstand, diese unheimlich süße Miene, und fachsimpelte mit Sam über alle möglichen Romane und Filme. Das Update zur irdischen Literatur, dass er von Metatron verpasst bekommen hatte, hatte den beiden reichlich Gesprächsstoff gesichert. Ich hatte meistens nicht den blassesten Schimmer, worum es ging, dennoch hing ich dem Engel an den Lippen.
Auch jetzt gerade konnte ich den Blick nicht von ihm abwenden. Er wirkte, als wäre er nicht mehr in dieser Welt, als wäre er in seinen ganz eigenen Fantasien abgetaucht. Ich gönnte es ihm von ganzem Herzen. Wie für uns alle waren auch für ihn die letzten Monate nicht leicht gewesen. Selten hatten wir so viele Menschen innerhalb so kurzer Zeit verloren. Ich war es satt. So oft hatten Sam und ich Holzhaufen aufgeschichtet, so oft hatten wir Abschied genommen. Dieser Moment, diese kurze Flucht aus der Realität, gehörte uns. Uns beiden und niemandem sonst. Und ich wollte es in vollen Zügen genießen.
Ich schüttelte den Kopf. Wenn ich es tatsächlich voll auskosten wollte, durfte ich mich nicht solchen Gedanken hingeben. Mit Entschlossenheit, mir diesen Tag nicht vermiesen zu lassen, schob ich die düster werdenden Gedankengänge zur Seite und konzentrierte ich mich wieder auf Castiel. Der hatte aufgehört, die Seifenblasen zu beobachten, und schaute stattdessen mir in die Augen. Unsere Blicke trafen sich, und ich hatte das Gefühl, in den ozeanblauen Augen zu ertrinken.
„Ist alles okay, Dean?", fragte er, und legte den Kopf schief. Verdammt. Solche Dinge, solche Fragen hatte ich vermeiden wollen. Ich wollte nicht, dass er sich Sorgen machte. Nicht um mich und nicht jetzt.
„Alles gut.", antwortete ich, mit dem breitesten Lächeln, zu dem ich fähig war. Einige Augenblicke sah er mich an, ich konnte die Zweifel an meiner Aufrichtigkeit praktisch in seinen Augen sehen, doch dann wandte er sich wieder den Seifenblasen zu. Viele waren mittlerweile geplatzt, also blies ich mit kindlichem Enthusiasmus in die kleine Plastikform und machte neue.
So ging es noch einige Minuten, dann setzten wir uns auf die Motorhaube des Impalas und genossen den Blick, der sich uns bot. Ich hatte uns einige Stunden vom Bunker weit weggebracht und auf einem Aussichtspunkt gehalten. Sam und ich waren vor langer Zeit während eines Falles einmal hier gewesen. Von hier aus hatte man Aussicht auf einen kleinen See und einen Wald am anderen Ufer.
Die Sonne ging unter und das Farbenspiel spiegelte sich auf der glatten Wasseroberfläche. Wären Cas und ich ein Paar gewesen, wäre es wahnsinnig romantisch gewesen. Doch zwang ich mich, dies hier nur als „schön" zu bezeichnen. Denn mehr als das konnte es niemals werden, und ich durfte nicht in meinen eigenen Fantasien verloren gehen.
Während wir beiden, nah bei einander, ruhig auf Baby's Motorhaube saßen und auf den See blicken, machte mein Herz der Geräuschkulisse eines galoppierenden Pferdes alle Ehre.
Ich hörte, wie Cas neben mir tief einatmete. Er blickte starr gerade aus. Als ich ich ihn fragen wollte, ob bei ihm alles in Ordnung sei, fühlte ich, wie er unbeholfen meine Hand nahm. Ab da war der Tag perfekt.
Und der Sonnenuntergang war romantisch.
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Destiel OS
FanfictionWie der Titel schon sagt, eine kleine Destiel-Oneshotsammlung, mit viel Fluff und eventuell ein wenig Herzschmerz. KRITIK UND ANMERKUNGEN SIND MEHR ALS GERNE GESEHEN! :) /Ich schreibe es nicht in jedes Kapitel, daher mache ich es jetzt hier. Bei ein...