[Perspektivenwechsel zu Oliver]
Während der Aufwärmphase schon überanstrengte ich mich wieder. Ich durfte nicht verlieren. So oft schon gab ich mein Bestes. So oft schon sahen alle, darunter auch Ayla, wie gut ich war. Welche Sprünge ich konnte, was ich drauf hatte. Doch es hatte noch besser zu gehen! Irgendwie hatte ich Ayla ein letztes Mal zu beeindrucken, bevor sie mir abrutschte! Sie musste einfach bei mir bleiben...!
Auch wenn ich mehrmals hinfiel und das Atmen wieder weh tat, ich konnte keinen an mich ran lassen. Jede Sekunde hatte ich zu nutzen, um besser zu werden. Um die Nummer Eins zu werden! Bevor mir eine andere Eins Ayla wegnahm... Ob sie überhaupt darauf achtete, wer gewann? Egal, alles, um mich wieder interessant zu machen!
Es wurde Zeit, sich in die Kostüme zu stecken. Wir waren diesmal eines der ersten Teams. Also blieb nicht viel Zeit für Denken oder sonst irgendwas. Die ersten Ansagen dröhnten durch die Lautsprecher und die Publikumsbühne war voll. Nervös ging ich hin und her und atmete jetzt schon viel zu schnell. Ich bekam es einfach nicht hin meine Mitte zu finden. Sawath saß in einer etwas ruhigeren Ecke und betete für meine Gesundheit. Ja Sawath, ich auch. Ob mein fragiler Körper das standhalten konnte? Die zweite Choreo besaß mehr Sprünge und Drehungen als Hebungen. Es kam sehr viel mehr auf die Synchronität an. Da ich damit kein Problem hatte, kümmerte ich mich nicht stark darum, diese Choreo zu packen. Auch war die Geschichte dahinter irgendwas fantasierendes von Sawath und Ayla, weshalb wir auch so seltsame Outfits trugen. Was war ich erleichtert, dass wir die erste hin bekamen.
Das erste Team lief auf das Eis und sie performten. Es war eine Gruppe, die auch am Vortag nicht so hoch punktete. Während Sawath am beten war und ich nervös handelte, stand Ayla seelenruhig an der Planke und beobachtete die Show. Ich hätte erwartet, dass sie auch nervös sei oder noch wegen vorhin aufgebracht sei. Aber im Glas sah ich sogar, dass sie leicht lächelte. Warum? Freute sie sich schon, mich loszuwerden...? Der Gedanke ließ mich kurz etwas lauter aufknurren und ich wuschelte mir durch die Haare. Ayla drehte sich kurz stutzig schauend um und sah mich an, aber ich konnte sie nicht ansehen. Ich hatte doch alles versaut! Mit meiner Gott verdammten Art...
Nur weil ich ihr nicht von Beginn an sagen konnte, dass ich sie süß fand... Schon der Tag, wo ich sie zum ersten Mal in dieser öffentlichen Eishalle sah und sie mit so viel Hoffnung hin fiel. Es war ein zerschmetterter Traum, über den ich mir keine Sorgen hätte machen müssen. Aber ich tat es. Weil ihr Ehrgeiz einen sofort auffing. Am liebsten wäre man zu ihr gelaufen und hätte ihr alle Tricks in einer Sekunde beigebracht, damit sie ihren Traum leben konnte. Denn ich wusste, was für harte Arbeit noch vor ihr stand. Ich erlebte es ja selbst... Und kein weibliches Wesen hatte so hart für ein Ziel kämpfen zu müssen, denn Frauen waren schon so Kriegerinnen. Sie hatten mit genug Dingen zu kämpfen. Die Last wollte ich ihr so gerne abnehmen. Aber meine Art kam mir so stark in die Quere, dass ich genau das Gegenteil tat und ihr alles nur schwerer machte.
"Sieh sie dir doch nur mal an, Oliver", dachte ich zu mir selbst, "Sie wartet nur darauf, die Last die du bist, loszuwerden. Schau nur, wie schön sie lächelt. Anfangs wollte sie nie lächeln, sie muss jetzt wahrlich glücklich darüber sein". Aus meinen Gedanken riss Sawath mich, welcher anscheinend fertig mit Beten war: "Mama, Papa!". Erschrocken sah ich in die Richtung, in die er sah. Das Paar auf dem Eis bekam gerade ihren Applaus und im Publikum saßen tatsächlich unsere Eltern. Was machten die denn hier?! Nun stand ich nur unter noch mehr Druck!
Ohne Worte verschwand ich in einem Nebenraum und betete für mich selbst. Ruhe bewahren, jetzt anzufangen zu heulen wäre ungünstig gewesen!
[Ayla]
Sie ließen ihn machen. Sawath wirkte sehr aufgeregt, Ayla ging darauf ein: "Sind eure Eltern wirklich hier?". "Ja, da drüben!", hüpfte er rum. Ayla stützte sich schmunzelnd mit einem Arm ab. "Und worüber bist du so glücklich?", fragte er sie mit Selbstsicherheit. "Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so weit kommen würde... Ich habe es ins Finale der Juniorenmeisterschaften geschafft. Selbst wenn wir nicht gewinnen sollten... Selbst wenn wir nicht auf Bronze kommen... Ich habe etwas erreicht. Etwas Großes! Wir waren das Team mit der höchsten Punktzahl im ersten Programm. Was wir jetzt erreichen wird nicht allzu wichtig sein. Aber das wird nichts an meinem Ehrgeiz ändern! Ich werde alles geben, was ich kann! Ich werde keinen von euch enttäuschen!".
"Mit deinem Ehrgeiz kannst du keinen, vor allem mich nicht, enttäuschen! Ich bin jetzt schon sehr stolz auf dich", sprach Sawath ihr Mut zu. "Danke dir... Für alles... Hättest du mich damals nicht aufgerafft, könnte ich hiervon wahrscheinlich nur träumen, während ich immer noch versuchen würde meine Gleichgewicht zu halten... Ich bin dir so unendlich dankbar!", bedankte Ayla sich ausführlich. Sie umarmten sich. Dann aber löste Sawath sich ab und grinste: "Talente müssen gefördert werden! Außerdem war es nicht nur ich, der dir geholfen hat. Oliver war es, der mich dazu animiert hat, weiter auf dich einzugehen. Sag das nicht, aber er konnte es nicht". "Wirklich...? O- Oliver...?", stotterte Ayla stark überrascht. Sawath nickte: "Und ich sage das nicht, damit ihr euch wieder vertragt. Es war wirklich so".
Ayla lächelte breit und sah wieder auf das Eis, wo das nächste Paar ihren Auftritt hatte. Sie hatte großes Selbstbewusstsein.
[Oliver]
"Ich werde euch nicht enttäuschen, ich werde euch nicht enttäuschen, ich werde... gewinnen!", atmete ich hektisch. Immer wieder griff ich zu einer Tüte und atmete dort mehrmals hinein. So langsam wurde mir schon schwindelig. Dann hörte ich, wie wir aufgerufen wurden. In dem Moment kamen Sawath und Ayla durch die Tür. Sawath fing schon an zu drängen: "Wo bleibst du?! Es ist euer Auftritt!". Er sah die Tüte und wurde sofort besorgt: "Oliver?". Ich schüttelte mit dem Kopf und stand schnell auf - Kreislauf! Fast fiel ich nach hinten, da hielten mich beide fest. Ayla bot mir an: "Oliver, wenn du nicht kannst, dann müssen wir nicht aufs Eis. Dann sollten wir nicht aufs Eis". "Schwachsinn!", knurrte ich ehrgeizig.
Sawath redete auf Ayla ein: "Ich denke, dass es dafür zu spät ist. Du kannst ihn nicht mehr überreden". Ayla sah kurz auf den Boden und nickte dann. Zusammen gingen wir raus und mein Kreislauf fing sich wieder. Sawath jubelte uns zu, als wir das Eis betraten. Außerdem bekamen wir schon mal einen Applaus. Ich hörte meine Eltern meinen Namen rufen. Bloß nicht ansehen. Einfach nur beten und hoffen...
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Believe | *ABGEBROCHEN
Novela JuvenilAyla, 14 Jahre alt, niemand glaubt an sie. Aber sie glaubt an sich selbst. Seitdem sie diese eine Serie gesehen hat, in der sich alles um Eiskunstlauf drehte, war sie total verrückt danach und sie wollte es selber lernen. Sie bewunderte diese Kunst...