Neues Aussehen

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"Paula? Kommst du einmal her und hilfst mir?" Sofort folge ich den Anweisungen Steves'. Er steht grübelnd vor einem Regal mit Konservenbüchsen. "Hilf mir doch bitte einmal. Nudeln oder Suppe?" Verdutzt starre ich den Captain an, bevor ich in schallendes Gelächter ausbreche. Verstört sieht der Ältere mich an. Das führt dazu, dass ich noch mehr lache. Nach Luft ringend stütze ich mich auf meinen Oberschenkeln ab und deute Steve noch ein paar Sekunden zu warten. "Mal ganz davon abgesehen, dass es auch Nudelsuppen gibt: Suppen. Die stellst du auf einen Herd und lässt sie stehen." Dankbar würdigt Steve mich eines letzten Blickes, bevor er jede Art von Suppen in den Einkaufswagen packt. Kopfschütteln mache ich auf dem Absatz kehrt und stoße fast mit Wanda zusammen, die hinter mir zum Stehen kommt. "Vorsicht", meint sie lachend und hält mich an meinen Armen fest. Verlegen sehe ich zu Boden, während sich ein verschmitztes Grinsen auf meine Lippen stiehlt. Schnell streiche ich mir eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr. Die ganze Zeit über spüre ich Wandas Blick auf mir. Lächelnd blicke ich zu ihr auf. "Wolltest du zu Steve? Oder zu mir?" Ein leichtes Schmunzeln ist auf Wandas Lippen zu erkennen, doch ansonsten zeigt sie keine Regung, bis sie leise antwortet: "Kommst du mit in die Süßigkeitenabteilung? Ich möchte da nicht alleine hin." Ein schiefes Grinsen bildet sich auf unseren Lippen. Mit einem Mal bin ich voller Tatendrang und greife nach ihrer Hand. Gemeinsam gehen wir schnellen Schrittes zu besagter Abteilung. Grübelnd stehen wir vor den Regalen voller süßer Träume und diskutieren leise, welche Süßigkeit wir zuerst nehmen sollten. "Ich bin eindeutig für Schokolade!", stellt Wanda klar. Sofort schüttle ich den Kopf. "Chips sind der einzig wahre Snack, den man kaufen sollte!", argumentiere ich dagegen. Gegenseitig listen wir all unsere Argumente auf, bis wir keine mehr haben. "Beide?", fragt Wanda schließlich lachend. Zustimmend nicke ich, während ich mir mit größter Mühe ein Lachen verkneife. Stattdessen entflieht meinen Lippen ein leises Kichern, das mich dazu veranlasst, den Mund sofort zu schließen. Also greifen wir nach den Verpackungen unserer Lieblingssüßigkeiten und gehen schnell zu Steve, wo wir sie in den Einkaufswagen werfen. Der Älter sieht zuerst ziemlich verdattert aus, schiebt den Wagen dann allerdings weiter, ohne zu hinterfragen, warum wir während der Aktion leise vor uns hin lachen. "Ich gehe bezahlen, ihr zwei läuft schonmal vor. Und sagt Natasha, sie kann Sam schicken, der mir dann hilft." Gehorsam nicken wir und laufen los. Da der Ort, in dem wir einkaufen waren, ziemlich klein, und von einem großen Wald umgeben ist, war es leicht, das Flugzeug versteckt zu landen. Genauso einfach ist es, es zu finden, wenn man den Weg weist. Deshalb sind Wanda und ich auch so schnell dort und geben Tasha und Sam Bescheid. Der Falcon läuft sofort los, nimmt allerdings Stofftüten mit, in die er die Sachen packen wird.

Etwa eine Stunde später sitzen wir in einem Friseursalon und überlegen uns, womit man uns nicht mehr erkennt, wenn wir durch die Straßen ziehen und uns um die Leute kümmern, die nichts von Gesetzen halten. Natasha hat sich schnell entschieden: ihre Haare färbt sie in einem Platinblond. Auch wenn jeder von uns versucht hat, sie davon abzuhalten, ihre Entscheidung ist gefallen. Manchmal bewundere ich sie echt für Ihr Selbstbewusstsein. Steve hat sich überlegt, sein dunkles Blond in ein dunkles Braun färben zu lassen. Wanda möchte ebenfalls ein Blond ausprobieren, allerdings ein natürliches Blond, was man sich bei ihr gut vorstellen kann. Auf meine Bitte hin hat sie versprochen, sich auch braune Strähnen machen zu lassen. Selbst habe ich beschlossen, mir den Ansatz braun färben zu lassen, allerdings werde ich die Spitzen in meinem Blond lassen. Sam wollte sich zuerst ebenfalls die Haare färben, doch mit gemeinsamer Überzeugungskraft konnten wir ihn davon abhalten und ihn dazu überreden, bloß seinen Bart abzuschneiden.

Wanda wurde vor fünf Minuten aufgerufen, sodass wir nebeneinander sitzen und uns fröhlich unterhalten, während die zwei Friseurinnen unsere Haare waschen und sie anfangen zu färben. Unsere beiden Köpfe werden bereits von den ersten Alufolien bedeckt und, obwohl Außerirdische mittlerweile kein Scherz mehr sind, lasse ich es mir nicht nehmen, den ein oder anderen Witz zu reißen, um Wanda zum Lachen zu bringen. Denn, auch wenn die letzten Tage recht dunkel für uns aussahen, ihr Lachen hat mir eine Ersatzsonne geliefert, von der ich jedes Mal Gebrauch machen kann, wenn ich sie brauche.

"Sie sind fertig", meint die Friseurin lächelnd zu mir und entlässt mich in die Freiheit. Sofort springe ich auf und vertrete mir die Beine. Das lange Sitzen und nichts tun hat mich fast umgebracht. Voller Tatendrang gehe ich zum Spiegel und betrachte meine- mehr oder minder- neue Haarfarbe. "Können Sie meine Haare noch locken?", frage ich zurückhaltend. Immerhin hat die Dame schon seit einer Stunde an meinen Haaren geschnitten, sie gewaschen und gefärbt. Doch die Friseurin nickt lächelnd und dreht mir den Stuhl hin. Erleichtert lasse ich mich darauf fallen. Durch den Spiegel kann ich Wanda betrachten, deren Haare immer noch nicht fertig sind, sodass sie, in eine Zeitung vertieft, hinter mir sitzt. Ihre Unachtsamkeit und ihre Ruhe nutze ich aus, um sie genauer zu betrachten. Ihr makelloses Gesicht hat keine Falten und ihre vollen Lippen werden von einem kaum sichtbaren Lippenstift bedeckt. Ihre Wimpern hat sie mit Mascara leicht betont, doch darauf geachtet, dass es natürlich aussieht. Ihre Augen leuchten, als sie einen Artikel aus der Zeitung liest. In Gedanken versunken beißt sie sich auf die Unterlippe. Zum ersten Mal habe ich das Verlangen, einfach aufzuspringen und sie zu küssen. Doch die Friseurin verhindert dies, als sie in mein Sichtfeld tritt. "Sie ist hübsch", grinst die Dame und sieht mich neugierig an. Gedankenverloren nicke ich. "Ist sie Ihre Freundin?", hakt sie weiter nach. Überrascht schrecke ich aus meinen Gedanken auf. "Nein! Nein, sie steht, glaube ich, nicht auf Frauen. Ihre letzte Beziehung war zumindest... ein Mann, oder so", letzteres nuschle ich leise. Zu meinem Glück hat die Angestellte das auch nicht mitbekommen und ich kann erleichtert ausatmen.

Mit jeder Minute werden meine Haare welliger und ich bewundere sie grinsend. Als die Frau ihren Lockenstab aussteckt, kann ich mich nicht davon abhalten, mir durch die Haare zu fahren und die weichen Spitzen zu bestaunen. Auch Wanda ist mittlerweile fertig. Ihr gefärbtes, wunderschönes Haar fällt ihr in natürlichen Locken über die Brust und umrahmt ihr Gesicht, sodass ihre grünen Augen zur Geltung kommen. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen gehe ich auf sie zu. "Hey Fremde. Du siehst gut aus", spreche ich die grinsend an. Wanda lacht. "Danke. Aber dein Look hat auch was." Sie greift nach einer meiner Haarsträhnen und zwirbelt die gedankenverloren um einen ihrer Finger. Mein Herz setzt kurz aus, bevor es doppelt so schnell schlägt. Verlegen beiße ich mir auf die Lippe, so wie Wanda es vor einigen Minuten erst tat. "So weich!", stellt sie begeistert fest. Natasha kommt ebenfalls zu uns. Ihr sanfter Blick verrät uns bereits, dass sie viel von unseren Haaren hält. Und erstaunlicherweise steht ihr das Blond ebenfalls wirklich gut. "Wow! Ich hätte nicht erwartet, dass es so gut aussieht", gebe ich offen zu und fange mir damit einen leichten Schlag von Seiten Natasha ein. "Kommt ihr?" Steve hat wohl schon bezahlt und wartet jetzt geduldig auf uns. Sein braunes Haar wirkt ebenfalls ziemlich weich, doch ich halte mich zurück, auch wenn meine Hand kribbelt, weil sie umbedingt durch Steves' Haare fahren will.

Als wir wieder bei Sam im Flugzeug sind, bewundert er uns. Er ist noch nicht dazu gekommen sich seinen Bart zu rasieren, doch das macht nichts. "Ihr seht gut aus", meint Sam und schlägt bei Steve ein. Zustimmend nicke ich und weiße damit leicht auf Wanda. Doch sie errötet bloß. "Ich finde, besonders Wanda kann mit ihrem neuen Aussehen zufrieden sein", gebe ich meine Meinung kund und bekomme dafür ein einstimmiges Nicken. Bloß Wanda sieht unsicher auf den Boden.

Flüchtige LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt