Die grosse Überraschung

515 31 4
                                    

Als Hela den Wolf erreicht hatte, rechneten Odin und Thor mit dem Schlimmsten. Sie waren sich absolut sicher, dass die Göttin des Todes das Tier gleich auf sie hetzen würde. Und das selbe dachten so ungefähr alle anderen Asgardianer.

Nur Tony Stark kniff die Augen zusammen und musterte den Wolf intensiv. Warum nur fühlte er auf einmal keine Angst mehr, wenn er ihn ansah?

Eine Sekunde später wusste er es!

Denn in diesem Moment schnappte das Ungetüm nicht etwa nach Odin, Thor oder sonst einem ihrer Leute, sondern nach Hela. Diese war derart überrumpelt, dass sie im ersten Augenblick nicht mal an Gegenwehr dachte.

Und als es ihr einfiel, sich zu wehren, war es zu spät...

«Fenrir, Liebling, was tust du denn?» schrie sie mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung. Ihre rechte Seite, wo der Wolf sie gepackt hatte, begann unerträglich zu schmerzen. Sie versuchte, eine ihrer Waffen zu formieren, doch das blanke Metall schepperte zu Boden, ehe sie es benutzen konnte.

Ihr Wut- und Schmerzensschrei hallte über den ganzen Platz. Ohnmächtig vor Zorn und hilflos in den Fängen ihres 'Lieblings' gehalten, spürte sie, wie sie langsam, aber stetig jegliche Kraft und Magie zu verlassen begann. Ja, wie das Leben selbst aus ihr heraus zu sickern drohte.

Odin, Thor und die Asgardianer starrten in fassungslosem Staunen auf die Szene und wussten nicht, wie ihnen geschah. Sie hatten mit ihrem sicheren Ende gerechnet – und nun sah es so aus, als hätte sich das Blatt gründlich gewendet.

Hela schrie jetzt wieder nach ihren Soldaten. «Helft eurer Königin gefälligst, ihr Bastarde!» Doch die Männer standen noch genauso teilnahmslos da wie seit Beginn des Kampfes. Da rief sie nach Loki. «Wo bist du? Du wolltest doch an meiner Seite kämpfen?» Auch dieser Ruf verhallte ungehört – sah man davon ab, dass Thor und Fandral sich einen raschen (scheinbar wissenden!) Blick zuwarfen.

Helas Blut sickerte zu Boden, und auch wenn sie noch so drohte, bettelte und den Wolf beschwor: Fenrir liess sie nicht los.

Jedenfalls nicht, bis nicht auch der letzte Rest ihrer gefährlichen Kraft von ihr gewichen war.

In diesem Moment begann das Tier auf einmal zu schrumpfen, das haarige Fell verschwand, und zum Vorschein kam ein schwarzhaariger Mann, bei dessen Anblick den Anwesenden beinahe die Augen aus dem Kopf fielen. «Du hast nach mir gerufen, liebste Schwester?» fragte der Schwarzhaarige ironisch.

«Loki!» schrien Odin und Thor gleichzeitig.

«Hi.» gab der Magier mit einem zynischen Grinsen zurück. Sein Blick streifte sie nur kurz. «Habt ihr zwei mich etwa auch vermisst?»

Aus Helas Mund brach ein ganzer Schwall an Flüchen und hinderte die beiden an einer Antwort. Obwohl Odin und Thor sowieso keine auf Lokis spöttische Worte hätten geben können... Vater und Sohn standen da, als ob sie zwei Statuen wären. Augen und Mund weit offen, erstarrt, regungslos – Tony Stark konnte nicht anders: bei diesem Anblick musste er einfach lachen.

"Du hast mich reingelegt!" zischte Hela noch immer völlig fassungslos. "Du elende Schlange, du verdammter..!"

"Aber, aber..." unterbrach Loki die Rasende. "Solche Worte aus dem Mund einer Dame? Und überhaupt, was beklagst du dich? Ich hatte dir doch schliesslich eine Überraschung versprochen, oder?"

Hela fluchte und wütete weiter, und die Umstehenden waren noch immer wie zu Salzsäulen erstarrt. Da löste Loki die allgemeine Erschütterung auf, indem er, an die Leute aus Asgard gewandt, ironisch sagte: «Muss ich hier alles alleine machen, oder wäre vielleicht mal jemand so nett, die liebe Hela in Gewahrsam zu nehmen?»

Odin wirkte, als würde er aus einer Art Trance erwachen. Benommen gab er einigen Soldaten ein Zeichen, und die packten die immer noch fluchende und wild um sich schlagende – aber jetzt ansonsten machtlose – Hela und zerrten sie fort. Tony war sich sicher, dass sie im gleichen düsteren Kerker verschwinden würde, in den Thor seinen Bruder hatte werfen lassen.

Stark war auch der erste, der seine Sprache wiederfand. «Helas Krieger...» sagte er, indem er langsam zu Loki rüberging. «Das waren doch auch sie, oder?»

Loki schenkte ihm ein ironisches, aber nicht unfreundliches Grinsen. «Naja... freiwillig sind sie bestimmt nicht so lammfromm geblieben.»

«Danke!» erwiderte Iron Man schlicht und streckte Loki die Hand hin.

Dieser nahm sie und erwiderte ernst: «Gleichfalls.» Als Stark fragend die Brauen hob, fügte der Magier hinzu: «Dass sie nicht... sie wissen schon.»

Da begriff Tony. «Es war nicht ganz leicht. Aber ich hab' auf meine Erfahrung zurückgegriffen. Ich meine die Sache mit Pepper.»

Die Umstehenden, die kein Wort von der Unterhaltung begriffen und sowieso noch immer nicht genau wussten, wie ihnen geschah, schafften es nach wie vor nicht, etwas zu sagen. Da seufzte Iron Man tief und deutlich hörbar auf und sagte laut: «Na Leute, wie wär's auch mit einem kleinen Dankeschön von eurer Seite? Schliesslich hat Loki euch allen den Arsch gerettet! Oder gibt's sowas wie Dankbarkeit in Asgard nicht?»

Bevor jemand etwas sagen konnte, meinte Loki lachend: «Ach wissen sie, Stark, das hängt schon sehr davon ab, wem man danken soll.» Er zuckte die Schultern. «In meinem Fall also nicht der Rede wert. Aber ich werde jetzt auch nicht weiter stören, sondern euch alleine lassen. Vielleicht...» Er zwinkerte Iron Man kurz zu, «...können die sich dann sogar wieder bewegen!»

Sprach's und verschwand durch ein Portal, noch ehe Odin dazu kam, seinen Namen zu rufen.

«Loki, warte..!»

Doch sein Sohn hörte es bereits nicht mehr.

Loki: Versklavt!Where stories live. Discover now