♕Katrina VII♕

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Die schrillen Noten des Violinsolos ließen einen hämmernden Schmerz durch meine Schläfen pochen und ich verkniff mir eine Grimasse, nach meinem Becher greifend. Der süße Sommerwein war mittlerweile warm geworden, so wie die Luft in dem ausladenden Speisezimmer. Neidisch sah ich zu den Gästen, die mit dem Rücken zu den geöffneten Fenstern saßen und im Gegensatz zu mir ein wenig frische Luft abbekommen durften. Aufgrund der stickigen Wärme und Vorspeisen bereits satt, schob ich das schokoladige Mousse appetitlos mit der Gabel auf meinem Teller beiseite, während ich mit einem Ohr dem Gespräch von Agnesa und Raven lauschte, die neben mir saßen. Dutzende Kerzen tauchten die Tischdekoration und die leeren Teller in ein warmes, einladendes Licht, doch der Geräuschpegel schlug auf mein Gemüt.

Mein Fieber war zwar mittlerweile zurückgegangen, aber am liebsten hätte ich mich heute noch ausgeruht und wünschte mir insgeheim, dieser Gesellschaft fernbleiben zu können. Ich war jedoch offiziell zu Gast auf Silbermeer und musste mich daher auch zeigen, wenn es von mir erwartet wurde - alles andere wäre unhöflich den Gastgebern gegenüber. Ich konnte von Glück sprechen, dass es kein richtiger Ball, sondern nur eine Abendgesellschaft war, die der König ausgerichtet hatte. Einige Gesichter kamen mir von früher vage bekannt vor, andere hatte ich erst auf den letzten Bällen kennengelernt: Agnesa und Eyk, das Geschwisterpaar aus dem nördlichen Königreich, dann das laute Ehepaar mittleren Alters, das ich mit Viktoria sprechen gesehen hatte, oder Lorelei und Adam, ein nettes, frisch vermähltes Paar aus Walestein, das mir auf dem letzten Ball von seiner Reise ins Westliche Königreich erzählt hatten und auf dem Weg die Landschaft um die Rosenburg bewundert hatten.

„Verzeiht mir die Anmerkung, aber... Ihr seht recht blass aus." Meine Aufmerksamkeit fokussierte sich auf meinen Sitznachbar, der während des Essens mehrmals angesetzt hatte, höfliche Konversation mit mir zu betreiben und sich erst nach einigen kurzsilbigen Antworten Agnesa und deren Bruder zugewandt hatte.

„Pardon?" Ich wandte den Blick von der Tischdekoration ab, um Nicholas von den Kalkinseln fragend ansehen zu können.

„Ich sagte gerade, dass Ihr, obgleich wunderschön in diesem Kleid, ungewöhnlich blass ausseht. Fühlt Ihr Euch nicht wohl?" Sein offener Gesichtsausdruck wirkte entwaffnend, wenn sein Kompliment auch ein wenig dick aufgetragen schien.

„Ich fürchte ich bin etwas müde heute Abend, aber das ist alles", winkte ich ab, da ich keinen Fremden mit meiner Krankheitsgeschichte langweilen wollte. Als ich mein Zimmer verlassen hatte, hatte ich eigentlich gedacht, meine dunklen Augenringe ausreichend abgedeckt und meine gespenstische Gesichtsfarbe mit genügend Rouge angepinselt zu haben, doch offensichtlich hätte ich mir die Mühe sparen können. Mit einem kleinen Seufzer, der mir ungewollt entkam, wandte ich den Blick wieder auf das geschmolzene Dessert vor mir, um es weiterhin lustlos zu betrachten.

„Langweile ich Euch? Haltet mich bitte nicht für eingebildet, doch für gewöhnlich rühme ich mich meines Talents, meine Gesprächspartner nicht einschlafen zu lassen. Es scheint, als müsste ich an meinem Konversationstalent noch feilen." Kleine Lachfältchen bildeten sich um seine braunen Augen und ich lächelte angestrengt.

„Ich kann Euch versichern, Eure Hoheit, dass der Fehler nicht bei Euch liegt."

„Ihr schmeichelt mir. Doch Ihr müsst mir trotzdem versprechen, dass Ihr mir die Möglichkeit gebt, mein Konversationstalent an Euch zu üben."

Wider Willen zogen sich meine Mundwinkel nach oben. „Ich denke wirklich nicht, dass Ihr das nötig habt, wenn ich Euch beim Gespräch mit unseren Tischnachbarn beobachte."

Agnesa, die unsere Unterhaltung wohl verfolgt hatte, lachte. „Ich weiß nicht. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fühle ich mich auf einmal verdächtig schläfrig." Sie deutete ein Gähnen an und auch Eyk begann zu lachen.

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