Senna Quince | Kapitel 31

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Die Spielmacher gaben uns den Rest der Nacht und den ganzen Tag, eher der Nebel wieder weniger wurde. 
Abwechselnd hatten Tway und ich ein wenig geschlafen, jedoch waren wir die meiste Zeit wach. Nah beieinander liegend hatten wir geredet oder uns auch einfach nur angesehen. Immer wieder griffen wir nach einander, berührten uns oder strichen über unsere Gesichter. Jeder von uns beiden schien zu versuchen, den anderen in seinem Inneren zu speichern. Es war alles andere als unangenehm und der Gedanke dies bald schon wieder zu verlieren, schmerzte mich. Jedoch versuchte ich daran zu denken, was mir mein Vater erzählt hatte, nachdem meine Mutter gestorben war. Er war der Meinung das der Tod nicht das Ende war, sondern dass man einfach an einen besseren Ort kam. Ohne Schmerzen oder Ängste. Zusammen mit den Menschen, die man liebte. Dort wartete sie auf uns und bald würde ich bei ihr sein. Mit Tway. Auch wenn ich selber nicht wirklich daran glauben konnte, musste ich es versuchen. Der Gedanke machte es ertragbar und überhaupt möglich, dass ich überhaupt wieder aufstehen konnte, nachdem die Hymne am Abend verkündet hatte, dass die beiden Tribute aus Distrikt Acht gestorben waren. 
Somit wussten die Anderen zumindest, dass wir noch lebten, jedoch auch der Junge aus Distrikt Fünf, der nun alleine gegen uns stand. Schließlich war am Tag niemand gestorben; dass war mir und Tway klar. 
Der Junge aus Distrikt Zwei nahm meine Hand in seine, als wir aufbrachen und ich genoss es. Wir wussten schließlich nicht wie lange wir noch gemeinsam hatten. Vielleicht nur noch Stunden. Die Spielmacher wussten, dass die Spiele bald zu Ende sein konnten und würden irgendwann eingreifen. Wie, das war die Frage.
Schweigend machten wir uns in der Dunkelheit wieder auf den Weg zurück. Der Nebel war gänzlich verschwunden, was mich unruhig machte und zeigte, dass die Spielmacher ein Ende wollten.
Trotzdem war es eine ganze Weile ruhig um uns. 
Wir kamen ohne Probleme zurück aus dem Wald und zum Füllhorn. 
Jedoch war es sehr ruhig. Zu ruhig. 
Das war uns beiden klar. 
Als ein Schrei die Nacht durchbrach, zuckten wir dennoch beide zusammen. Er war schrill und voller Angst.
Ich wechselte einen kurzen Blick mit Tway, ehe wir beide los liefen, um herauszufinden, was geschehen war. Die Stimme war hoch gewesen. Es konnte nur Velvet, das einzige andere Mädchen noch mit mir, gewesen sein. 
Sorge um Maze wollte sich in mir breit machen, doch ich zwang sie zurück. Vielleicht hatte das Mädchen aus Distrikt Eins sich nur vor etwas ungefährlichen erschrocken. Vielleicht war nichts passiert. 
Meine Beine trugen mich schnell um das ehemalige Schulgebäude, auf das freie Feld dahinter, als dieses auch schon hell erleuchtet wurde. 
Die Spielmacher hatten wohl auf uns gewartet. 
In der Mitte des hell erleuchteten Platzes, stand Velvet mit weit aufgerissenen Augen. 
„Velvet.“, rief Tway ihren Namen, doch sie reagierte nicht, was mich stutzig machte. 
Gerade, als wir ein paar Schritte auf sie zu machen wollten, fixierten ihre Augen uns. 
Pure Angst war darin zu sehen und Tränen schimmerten in ihnen. 
Erst jetzt bemerkte ich ihre Verletzungen. Ihr ganzer Körper war überseht von Schnitten, die nur durch Klauen geschehen konnten. 
Wie in Zeitlupe schaute Velvet zwischen mir und Tway hin und her, ehe sie auf einmal zur Seite weg sackte. 
Mein Gehirn wollte es nicht verstehen. Ich konnte nicht realisieren, was passierte, weswegen sich meine Beine wie von selber in Bewegung setzten wollten. 
Jedoch griffen Tways Arme um mich und hielten mich auf, wodurch Velvet schwer aufschlug. 
Gleichzeitig ertönte jedoch ihre Kanone. 
Sie war tot. 
Hatte sie mich doch gerade noch angeschaut, war sie auf einmal einfach tot umgefallen. 
Der Schock, die Angst, war alles, was das Mädchen wohl noch aufrecht gehalten hatte. 
Mein erster Schock, wurde jedoch um die Sorge um Maze immer größer. 
„Wo sind Vine und Maze?“, brachte ich zitternd hervor. 
Die Angst um den Jungen machte mich in diesen Moment wahnsinnig. Ich wusste, dass wir nicht beide überleben konnte, aber ich wollte noch einmal meinen Distriktpartner sehen. 
„Ich weiß es nicht aber du musst ruhig bleiben Senna.“, redete Tway leise aber bestimmt auf mich ein, „Das wollen sie. Du sollst kopflos los laufen. Wir finden ihn. Gemeinsam.“
Gemeinsam. 
Einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Versuchte mich selber zu beruhigen.
Tway hatte Recht. Ich konnte Maze nicht finden, wenn ich mich wahnsinnig machte. 
Ein paar mal atmete ich tief ein und wieder aus. Es half, weswegen ich die Augen wieder öffnete. 
Auch der Junge aus Distrikt Zwei schien zu merken, dass ich mich beruhigte. 
„Geht es?“, fragte er nach und ich nickte.
Langsam ließ er mich wieder los, damit wir weiter gehen konnten. 
Weit kamen wir jedoch nicht. Wir waren noch nicht einmal ganz bei Velvet angekommen, als zwei Gestalten aus dem Wald auf der anderen Seite brachen. 
Kurz verkrampfte ich mich; spannte jedoch im nächsten Moment mich kampfbereit an. 
Jedoch erkannte ich schnell, dass es Maze und Vine waren. Sie sahen nicht so aus als wollten sie uns angreifen. Eher als würden sie vor etwas davon laufen. Ihre Blicke waren nicht weniger panisch, als der von dem Mädchen von Distrikt Eins. 
Verwirrt schaute ich zu Tway, der genauso erstaunt schaute wie ich. Es war regelrecht zu sehen, wie er nachdachte und versuchte herauszufinden, was hier eigentlich los war.
Maze rief etwas, doch der Wind trug es hinfort. Weder ich noch Tway verstanden ihn, doch das war auch gar nicht nötig. 
Keine Sekunde später brach etwas durch die Bäume, was man nicht einmal mehr Mutation nennen konnte. 
Monster traf es eher. Mindestens 2,50m groß brach das Holz unter dessen Pranken. Ein rotglühendes Augenpaar wirbelten herum, auf der Suche nach Beute.
Als er Maze und Vine sah, wirbelte sein Blick kurz zu uns. Das Wesen schien abzuschätzen, was die leichteste Beute ist. Sein pechschwarzes Fell stellte sich auf, als ein tiefes Knurren aus seiner Kehle kam und mir eine Gänsehaut über den Körper jagte. 
Er würde uns jagen. Alle. Zu gleich. 
Velvet hatte er anscheinend schon erwischt, doch sie war nur seine Vorspeise gewesen. 
Immerhin war damit eine Frage geklärt, was auch Tway so zu sehen schien. 
„Nun wissen wir, dass es definitiv zwei Mutationen waren.“

Senna Quince | Geboren um zu töten Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt