12.

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Sebastian stand vor dem Labyrinth.
Es war abgezäunt.
„Eine Baustelle.“ Seufzte seine innere Stimme.
„Wie soll ich dort jetzt hineingelangen?“ Genervt blickte Sebastian auf das Absperrband, das den Eingang versperrte.
Geh einfach unten durch.“ Schlug ihm sein Inneres vor.
„Ich kann doch nicht einfach drunter durch gehen.“ Antworte er.
„Klar kannst du das.“ Antwortete ihm seine innere Stimme schnippisch.
Um diese Uhrzeit wird schon niemand herkommen.“ – „Wo du Recht hast, hast du recht.“
Sebastian packte sich das Band, zog es nach oben und ging drunter durch. Auf der anderen Seite angekommen, humpelte Sebastian durch den Eingang und verschwand im Labyrinth.

So viele Jahre war ich nicht hier. Es hat sich für mich nicht verändert. Ich finde es immer noch gruselig.“ Dachte sich Sebastian, als er durch die Gänge des Labyrinths streifte.
Ihm wurde mulmig.
Was habe ich mir dabei gedacht? Erstens eine Baustelle zu betreten? Und zweitens das in der Nacht?“
Sebastian ärgerte sich etwas über sich selbst, als er sich die Fragen stellte.

„Du bist so dumm, Sebastian.“ Er blieb stehen und schlug sich mehrmals gegen seine Stirn.
Dumm bist du nur, wenn du dich weiter selbst schlägst.“ Seine innere Stimme lachte ihn höhnisch aus.
„Halt die Klappe. Mit dir hat keiner geredet!“
Sebastian wurde sauer und verschränkte seine Arme vor seiner Brust.
Jetzt geh schon weiter oder willst du hier übernachten?“, fragte sein Inneres.

Sebastian fing an, weiter zu humpeln.
Nach einiger Zeit verflog Sebastians Enthusiasmus.
„Hier bin ich eben schon entlang.“ Stellte er müde fest. „Ich weiß nicht mal, was ich hier überhaupt machen soll.“ Sebastian ließ sich zu Boden sinken und fing an das Gras zu seinen Füßen auszurupfen.

-

„Oliver?“ rief Sebastian und lief weiter durch die endlosen Gänge des Labyrinths.
„Hier!“, ertönte es von der anderen Seite des Labyrinths. Sebastian fing an zu kichern und rannte schnell um die Ecken um Oliver zu erreichen.
„Hab ich dich!“, sagte Sebastian voller Begeisterung, als er um die Ecke sprang. Doch Oliver war nicht hier. Verwirrt schaute Sebastian sich um.
„Oliver? Wo bist du?“ Sebastian ging den einzigen anderen Weg entlang, wo Oliver hätte abhauen können.
„Hier!“, ertönte es wieder.
Diesmal kam der Ruf hinter ihm. „Bleib doch mal stehen!“ Sebastian verdrehte genervt die Augen und machte auf seinen Fersen kehrt.
„So funktioniert Versteck-Fangen nun mal.“ Lachte Oliver.
Die Pflanzen des Labyrinths raschelten, als Sebastian daran vorbeilief.
„Wie schaffst du es, nie die Pflanzen zu bewegen, wenn du daran vorbeiläufst?“, fragte Sebastian und hielt sich ein Ast aus seinem Gesicht.
„Hör auf zu quatschen und finde mich. Vielleicht sage ich es dir dann.“
Lachend hörte Sebastian, wie Oliver wegrannte. Sebastian wollte gerade seine Fährte aufnehmen, als er an seiner Schulter gepackt und nach hinten gezogen wurde.
Seine Mutter blickte ihn wütend an. „Verdammt nochmal!“, sie fing an, ihn lautstark zu tadeln.
„Ich suche dich jetzt schon seit gefühlten fünf Stunden! Was hast du dir dabei gedacht?“ wütend zog sie ihn an sich ran und klopfte ihm den Dreck von seinen Klamotten.
„Ich habe doch nur mit Oliver gespielt.“ Entgegnete Sebastian und blickte zu Boden.
„Mit wem?“, fragte sie und klopfte weiter. „Oliver.“ Murmelte Sebastian.
Seine Mutter hörte auf zu klopfen, nahm ihn an die Hand und zerrte ihn Richtung Ausgang. „Mama warte! Oliver ist noch hier! Bitte Mama!“ Sebastian versuchte sich aus dem Griff, seiner Mutter zu befreien.
„Das ist mir egal, Sebastian. Er findet nach Hause.“ Sagte sie und zog ihn weiter hinter sich her.

-

Sebastian schüttelte heftig seinen Kopf. An solche Erinnerungen aus seiner Kindheit denkt er nicht gerne zurück. Dort war sein Vater schon weg und seine Mutter verbat ihm den Kontakt zu Oliver.

Sebastian packte sein Handy aus.
Als sein Bildschirm anfing zu leuchten, reflektierte das Licht des Bildschirms etwas auf dem Boden.
Sebastian richtete seinen Blick auf den Boden. Der Boden schimmerte nur so umher.
Es waren Kieselsteine, die das Licht reflektierten.

Sebastian hob sein Handy und erkannte, dass die Steine in einer Richtung angeordnet waren.
„Ein Weg?“, verblüfft rappelte sich Sebastian auf und leuchtete die Steine immer weiter an um ihnen zu folgen.

Nach einer Weile formten die Steine einen Pfeil und Sebastian richtete seinen Blick nach vorne. Ein großer Busch versperrte ihm den Weg.
„Also dort komme ich nicht durch.“ Murmelte er und betrachtete den Busch. Mit seinem Handy leuchtete er diesen an. Etwas lag dort drinnen.
Sebastian griff hinein und zog einen Zettel heraus.

Willkommen bei Hänsel und Gretel.
Spiel 2 hat begonnen.

Sebastian drehte den Zettel um, jedoch waren dies, die einzigen zwei Sätze. Sebastian steckte den Zettel in seine Hosentasche und richtete sein Handy Display wieder zu Boden.
Die Spur, der Steine, schienen rechts von ihm weiterzugehen.

„Jedenfalls musst du nicht durch den Busch.“ Bemerkte seine innere Stimme. „Ja.“ Entgegnete Sebastian kurz und folgte der Spur ein weiteres Mal.

Während Sebastian sich auf den Boden konzentrierte, fing es hinter ihm an zu rascheln.
Als Sebastian dies bemerkte, wandte er sich vom Boden ab und blickte hinter sich.
Die Büsche etwas weiter hinter ihm raschelten wild hin und her.
Sebastian bekam Angst.
„Hallo?“, rief er ängstlich hinter sich.
Das Rascheln hörte abrupt auf.
„Ist da jemand?“, rief er erneut mit zittriger Stimme.
Plötzlich fing das Rascheln wieder an.
Es kam schnell näher, als würde jemand auf ihn zu rennen.
Sebastian fing an zu rennen.

Sein Herz raste wie wild, als Sebastian vor dem Rascheln davon lief.
Jemand oder etwas verfolgte ihn. Panisch schlug er Äste aus seinem Gesicht, die ihm drohten, sein Gesicht zu zerkratzen.
Abzweigung für Abzweigung, links sowie rechts.
Der Verfolger ließ nicht von ihm ab. Sebastian fing an zu keuchen.
Sein Atem wurde schwerer und seine Seite fing an zu stechen.
Es wurde immer schwieriger für ihn
Luft zu holen.

Vor ihm erschien ein Ausgang sichtbar. Ein anderer, als von dem er kam. Sebastian nahm seine letzte Kraft zusammen und sprintete auf den Ausgang zu. Beim Hinaussprinten, riss er das Absperrband mit sich.
Sebastian landete ungebremst auf dem Rasen vor dem Labyrinth, drehte sich schnell auf den Rücken und blickte auf die raschelnden Büsche hinter ihm.

Sebastians Schweiß rann ihm das Gesicht hinab und bildete sich unter seinen Armen ab.
Das Rascheln kam näher und mit einem Satz sprang ein Hund heraus.

Sebastians Anspannung verfiel und sein Körper sackte ihn sich zusammen. Seinen Kopf ließ er hart auf dem Boden aufkommen.
Der Hund kam ihm langsam näher. Sebastian grub seine Hände in den Boden und schloss seine Augen.
Er öffnete seine Augen wieder, als er merkte, wie der Hund ihm durch das Gesicht leckte.
„Du hast mir einen Schrecken eingejagt. Was machst du hier?“ fragte Sebastian den Hund, als könnte er ihm antworten. Der Hund winselte und schaute ihn mit großen, dunklen, treuen Augen an.

Sebastian setzte sich auf und streichelte dem Hund über den Kopf.
Dabei bemerkte er, dass der Hund ein Halsband trug.
Er blickte auf die Medaille, die daran befestigt ist.
„Max.“, murmelte Sebastian.
Max bellte auf und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz.
„Anscheinend bist du ausgebüxt.“ Sebastian schaute ihn an und lächelte. „Ich werde dir helfen, aber zuerst muss ich mich um das Hier kümmern.“
Sagte er und streichelte ihn erneut.

Beim Aufstehen bemerkte Sebastian, wie sehr der Sprint, seinem Knöchel geschadet hatte.
Sein Fuß brannte höllisch.
Er biss sich beim Aufstehen auf seine Hand, um nicht laut aufzuschreien.

Max beobachtete ihn und wedelte vergnügt mit dem Schwanz herum.
Als Sebastian sich aufgerichtet hatte, beleuchtete Sebastian den Boden vor ihm. „Anscheinend bin ich noch auf dem richtigen Weg.“ Sagte Sebastian und blickte in Richtung Wald.
Der Wald grenzte an dem Park an. Die leuchtenden Steine führten ihn hinein. „Na, komm mit, Max“, sagte Sebastian zu seinem neuen Begleiter und humpelte den Steinen nach Richtung des Waldes.

UnerkanntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt