Kapitel 4: Jamie

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»It doesn't matter who you love, it matters how you love«

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Ich sah ihm tief in die Augen und wünschte mir, ich könnte ihm seinen Schmerz abnehmen. Es zerriss mir das Herz, ihn in diesem Zustand zu sehen.

In diesem Moment wurde die Tür geöffnet und ein Junge kam herein.
Wir verstummten und Caden rieb sich grob mit dem Handrücken über die Augen. "Danke", flüsterte er mir zu und zwang sich zu einem traurigen Lächeln.
Ich erwiderte es und atmete tief aus. "Ich bin für dich da, okay?", fragte ich ihn leise, woraufhin er nickte.
In seinen Augen konnte ich neben der Traurigkeit auch Dankbarkeit erkennen. Ich wollte ihn bloß noch einmal umarmen, doch ich hielt mich zurück.

Der Junge hatte sein Geschäft erledigt und blieb neben uns stehen. "Kommt ihr mit? Wir machen jetzt ein paar Spiele im Nebenraum", fragte er uns.
Caden schien sich unsicher zu sein, doch ich hielt es für eine gute Gelegenheit, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. "Ja, wir kommen mit", beschloss ich und bedeutete Caden mit meinem Blick, mir nach draußen zu folgen.
Wir verließen die Toilette zu dritt und stießen auf eine Gruppe von Leuten, die sich bereits in einem Kreis versammelt hatten.
Wir gesellten uns zu ihnen, doch ein anderer Junge zog Caden zu sich, weshalb wir uns voneinander trennen mussten. Ich erblickte Beth und setzte mich neben sie.
"Ihr wart ganz schön lange auf der Toilette", flüsterte sie mir grinsend zu. "Trotzdem seht ihr nicht glücklich aus", fügte sie hinzu.
"Er hat mir etwas Trauriges erzählt, das ist alles", schüttelte ich sie ab.

Caden hatte mir einiges von sich offenbart, ohne viele Wörter zu benutzen. Sein Vertrauen bedeutete mir sehr viel und ich war froh, dass es etwas gab, mit dem ich ihm helfen konnte. Diese Hochzeit musste schwer für ihn sein, weshalb ich mein Bestes geben würde, ihn dabei zu unterstützen. Ich hatte seine verletzlich Seite gesehen und konnte deutlich spüren, wie viel Schmerz er in sich trug. Mein Mitgefühl war unbeschreiblich groß und ich konnte meinen Blick nicht von ihm wenden, da ich das Gefühl nicht loswurde, er könne jede Sekunde zusammenbrechen.

"Wir spielen das altbekannte Spiel Wahrheit oder Pflicht!", verkündete ein Mädchen mit blonden, schulterlangen Haaren. "Du fängst an, Max. Wahrheit oder Pflicht?", begann sie, ohne zu zögern, woraufhin sich alle Aufmerksamkeit auf Max richtete.
"Pflicht!", rief er und es war ihm anzusehen, dass er bereits ein paar Drinks zu viel getrunken hatte.
Wahrscheinlich war er nun zu allem fähig.
"Dann musst du etwas ganz Klassisches tun. Aber ich gebe dir die Wahl. Entweder, du küsst Mary oder Joanne. Entscheide dich!", forderte die Blonde ihn auf.
Alle Blicke lagen gespannt auf ihm, während die auserwählten Mädchen aufgeregt kicherten.
"Kann ich auch beide küssen?", fragte er grinsend und stand bereits auf. "Was immer du möchtest", antwortete ihm das Mädchen.
Ich mochte diese Partyspiele nicht, da ich solche Aufgaben unmöglich erfüllen konnte.
Max ging auf Mary zu, nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie ohne jegliche Abneigung.
Es war hin und wieder erschreckend, zu sehen, was der Alkohol mit den Leuten machte.
Er wandte sich von ihr ab und tat dasselbe bei Joanne. Beide von ihnen schienen es sogar zu genießen. Ich fragte mich, wie man so hemmungslos sein konnte.

Alle applaudierten ihm, als Max sich wieder hin setzte. "Ich nehme... Caden!", rief er zufrieden, woraufhin Caden sich erst einmal sammeln musste.
Ich hoffte für ihn, dass er keine schlimme Aufgabe erhalten würde. "Wahrheit", entschied er sich und ich merkte ihm seine Nervosität an.
"Okay. Ich bin mal ausnahmsweise freundlich. Welches Körperteil findest du an Frauen am besten?", wollte er von ihm wissen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
Cadens hilfloser Blick begegnete meinem und ich lächelte leicht, um ihn zu einer Antwort zu ermutigen.
Ich konnte seine Reaktion schlecht einordnen, doch sein Zögern löste einen langen Gedankengang bei mir aus.
Caden sagte, während sein Blick noch immer fest auf mir lag: "Die Augen sind am Schönsten. Vor allem blaue."
Seine Stimme war voller Überzeugung und ein angenehmes Gefühl durchströmte meinen Körper.
Ich war mir beinahe sicher, dass das eine geheime Andeutung gewesen war.
Er hielt meinem Blick stand und begann allmählich, zu lächeln. Ich errötete und sah zu Boden.
Caden machte mich fertig. Die Tatsache, dass er aufgrund einer Frage, die ausschließlich auf Mädchen bezogen war, in meine Augen gesehen hatte und mir indirekt ein Kompliment gemacht hatte, war zu viel für mich. Caden war so unfassbar süß, obwohl er innerlich am Boden zerstört war.
"Oh mein Gott", flüsterte Beth und schien vor Freude beinahe zu ersticken. "Caden flirtet mit dir", stellte sie begeistert fest. "Bist du dir sicher?", fragte ich nach, da ich es nicht glauben konnte. "Natürlich. Ich bin ja nicht blind", entgegnete sie überzeugt und kicherte.
Ich versuchte, mich normal zu verhalten, doch mir wurde unglaublich heiß.

Das Spiel zog sich noch einige Runden weiter, doch zu meiner Überraschung kamen keine weitaus schlimmeren Dinge mehr vor.
Man hatte mich bloß gefragt, ob Beth und ich jemals einen Schritt weiter gegangen sind, da wir immer zusammen gesehen wurden. Die Frage konnte ich jedoch guten Gewissens mit 'Nein' beantworten, obwohl wir beide es als lustig empfanden, diesen Anschein zu erwecken.
Als das Spiel beendet war, verstreuten wir uns wieder und ich hatte beschlossen, noch einmal mit Caden zu sprechen.
Er schien ebenfalls auf mich zu warten, was mich zum Lächeln brachte. Ich setzte bereits an, einen Kommentar zu seinen Worten während des Trinkspiels zu machen, doch im letzten Moment entschied ich mich dagegen. Die Angst, ich hätte einfach zu viel in das Gesagte hineininterpretiert, hielt mich vom Reden ab. Caden grinste, während er mich eindringlich musterte. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, er wüsste genau, was gerade in meinem Kopf vorging. Um die Stille zu durchbrechen, fragte ich ihn mit sanfter Stimme: "Geht es dir besser?" Ich wollte ihn nicht an all das Negative erinnern, doch ich musste mich einfach vergewissern, ob er sich besser fühlte. Ich wusste, dass er seine Gefühle lieber versteckte, als sie zu offenbaren.
"Ja, allein wegen dir. Danke nochmal", antwortete er und blickte mir tief in die Augen. Sein Blick fesselte mich und ich wünschte, wir wären in diesem Moment nicht von so vielen Leuten umringt.
"Und danke dafür, dass du mich auf die Hochzeit begleitest. Das bedeutet mir wirklich sehr viel, Jamie", fügte er ernst hinzu. Die Situation wäre wesentlich emotionaler gewesen, würden keine Leute neben uns zu einer fröhlichen Musik tanzen. Doch ich war auch froh darum, somit konnte ich ihn vielleicht besser auf andere Gedanken bringen.
"Du musst mir nicht danken. Ich fühle mich geehrt, deine Begleitung sein zu dürfen. Und wenn ich dir damit helfen kann, bin ich wirklich froh", antwortete ich und lächelte ihm aufmunternd zu.
"Das ist süß von dir. Nicht jeder würde das für mich tun...", sagte Caden gefühlvoll, ohne seine Wortwahl zu korrigieren. "Lass uns jetzt aber etwas trinken", ergänzte er, bevor ich etwas entgegnen konnte.
Mein Herz schlug schneller, als ich seine Worte in meinem Kopf wiederholte. Hatte er mich gerade wirklich als süß bezeichnet?
Caden legte seine Hand behutsam an meine Taille, um mich mit ihm zu ziehen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er etwas derartiges tun würde. Glücklicherweise konnte man bei der Beleuchtung nicht erkennen, dass ich leicht errötete.
Seine plötzliche Berührung löste bestimmte Gefühle in mir aus, die sich durch zunehmende Wärme erkenntlich machten. Ich nahm seine Hand, die sich inzwischen eher an meiner Hüfte befand, noch deutlicher wahr und konnte das Verlangen, ihn eng an mich zu ziehen und mehr von seinem Körper zu spüren, nicht unterdrücken.
Es war ein unbeschreibliches Gefühl, ihm so nahe zu sein. Umso sehr musste ich mich beherrschen, um meine Begierde nach ihm zu unterbinden.
Wir erreichten die Bar, woraufhin er seine Hand zu meinem Bedauern von meiner Hüfte entfernte. Caden bestellte zwei Getränke für uns, ohne mich nach einem Wunsch zu fragen. Mir gefiel, wie selbstsicher er sein konnte.
Caden reichte mir meinen Becher und lächelte. "Muss ich auf dich aufpassen, damit du nicht wieder auf den Tischen tanzt?", fragte er mich amüsiert. Ich warf ihm einen bösen Blick zu. "Halt die Klappe", entgegnete ich ihm grinsend. Er lächelte beeindruckt und sagte: "Wie schaffst du es, mich zu beleidigen und gleichzeitig so lieb auszusehen?"
Ich lachte und stieß mit ihm an, woraufhin wir gleichzeitig einen Schluck aus unseren Bechern nahmen.
"Wer war dieser Typ, der dich eben beim Spiel zu sich gerufen hat?", fragte ich ihn neugierig.
Caden begann zu grinsen und antwortete: "Sam, mein bester Freund."
Ich nickte und fragte: "Ihr seid schon lange befreundet, oder?" "Ja, seit ich denken kann. Ich sollte dich ihm vorstellen. Sag mir bescheid, falls du ihn noch einmal siehst", sagte Caden und lächelte. "Mache ich", versicherte ich ihm.

Unexpected Love (boyxboy) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt