Caden

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»I’ll be your wall and shield you from danger; I’ll take all the pains, for to me they are no stranger«

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Es waren drei Tage vergangen, seitdem ich mich mit Sam unterhalten hatte. Drei Tage, in denen ich nicht aufhören konnte, an Jamie zu denken. Die Ungewissheit über all das, was ihn betraf, war nur schwer auszuhalten. Ich fragte mich, ob ich ihn bald wiedersehen würde. Noch mehr beschäftigte mich die Frage, ob er mich ebenfalls treffen wollte. 
Ich hatte gerade meine Mittagspause im Park beendet und wollte mich wieder auf den Weg zu meinem Apartment machen, als ich Beth begegnete. Ich sah sie schon von Weitem und hoffte insgeheim darauf, sie würde mich ansprechen. Meine Hoffnung bestätigte sich und sie kam auf mich zu. Ihr Lächeln war strahlend und ihre Haare waren heute zu einem großen Dutt zusammengebunden. 
“Hey, Caden. Was ein Zufall, dass ich dich hier treffe”, begrüßte sie mich voller Freude. 
Ich fragte mich für einen Moment, ob sie wohl jemals mit Jamie über mich geredet hatte. Doch dann verwarf ich den Gedanken schnell wieder, ehe sich meine Erwartungen noch erweiterten. 
“Hallo Beth, wie geht es dir?”, fragte ich sie und schenkte ihr ein Lächeln zurück. 
“Mir geht es prächtig, dir hoffentlich auch. Ich wollte dich fragen, ob du nicht Lust hast, auf eine Party zu kommen? Ein guter Freund von mir ist der Gastgeber und jeder ist dort erwünscht. Was sagst du?”, fragte sie, woraufhin ich sie ein wenig überrumpelt ansah. 
“Jamie kommt auch”, ergänzte sie noch schnell und grinste geheimnisvoll. “Ähm… Ja, klar. Wieso nicht?”, antwortete ich und versuchte, mir meine Freude nicht anmerken zu lassen. 
Es gab eine neue Gegebenheit, Jamie zu treffen. Das allein reichte mir als Grund aus, um auf diese Party zu gehen. Nicht, dass ich mich andernfalls nicht trotzdem hätte blicken lassen. Partys waren für mich einfach zu verlockend, als dass ich nicht hingehen würde. Außerdem hatte ich auf der letzten nur etwa eine halbe Stunde verbracht, da ich Jamie helfen musste. Dies bereute ich jedoch keinesfalls, denn ansonsten hätte ich ihn wahrscheinlich niemals kennengelernt. 
“Gibst du mir mal dein Handy?”, fragte Beth und sah mich erwartungsvoll an. Ich zögerte einen Moment, reichte es ihr dann jedoch.
“Danke”, sagte sie lächelnd und tippte auf dem Display herum. Als sie fertig war, gab sie es mir mit einem vielsagenden Blick zurück. “Jetzt hast du Jamie's Nummer”, erklärte sie mir kurzerhand. 
Ich starrte ungläubig auf Mein Handy hinab und murmelte: “Danke.”
Beth musterte mich von oben bis unten und nickte, so als hätte sie die Bestätigung für irgendetwas bekommen. 
“Ich wollte mich noch bei dir bedanken. Dafür, dass du dich um Jamie gekümmert hast, als es ihm nicht gut ging”, sagte sie und lächelte. “Selbstverständlich. Geht es ihm denn inzwischen etwas besser?”, fragte ich sie besorgt. Beth seufzte. “Schwer zu sagen. Ich denke, es belastet ihn sehr, da es noch nicht geklärt ist. Du kannst ihn ja einfach mal anrufen und selbst nachfragen. Er freut sich bestimmt”, meinte sie und nahm eine Trinkflasche aus ihrem Rucksack hervor. 
“Meinst du wirklich?”, hakte ich unsicher nach. 
Beth lachte und antwortete: “Du bist echt süß. Natürlich tut er das. Ich muss jetzt los, habe gleich noch ein Seminar.” Wahrscheinlich lief ich bei ihren Worten rot an, doch ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. 
“Okay, dann sehen wir uns ja auf der Party. Wann ist sie nochmal?”, fragte ich. “Sie ist übermorgen. Bis dann, Caden”, verabschiedete sie sich von mir und machte sich auf den Weg zur Uni. 
Ich fühlte mich nach dieser Begegnung ein klein wenig überrumpelt, doch als ich wieder auf mein Handy blickte, konnte ich Mein Glück kaum fassen. Ich wusste selbst nicht, weshalb mich diese Telefonnummer so glücklich machte, doch sie tat es. Ein angenehmes Gefühl durchzog meinen gesamten Körper und ich überlegte, ob ich ihn direkt anrufen sollte. Doch ich steckte mein Handy wieder zurück in meine Hosentasche und ging zurück zu meinem Apartment. 

Ich ließ mich erschöpft auf das Sofa fallen und nahm mein Handy erneut hervor. Es würde mich nur eine Berührung auf die Anruftaste kosten, doch es war aus irgendeinem Grund eine große Überwindung für mich. 
Einige Male war ich kurz davor, es zu tun, doch die Angst, er würde überhaupt nicht mit mir sprechen wollen, hielt mich ab. Ich atmete tief aus und fragte mich, was Jamie mit mir an stellte. Nie war ich eine Person gewesen, die zu ängstlich vor etwas war. Mein Mut war eine meiner stärksten Eigenschaften. Doch wenn ich an Jamie dachte, verschwand er von der einen Sekunde auf die nächste. 
Ich schämte mich für meine Unentschlossenheit und nahm all den Mut zusammen, den ich in diesem Moment noch in mir trug. 
Als ich das Piepen meines Handys hörte, begann mein Herz schneller zu schlagen und ich bereute meine Entscheidung. Doch jetzt war es zu spät. Womöglich würde er den Anruf erst gar nicht entgegennehmen.
Während sich all die möglichen Szenarien in meinem Kopf abspielten und ich meine Enttäuschung, für den Fall, dass er nicht abnahm, schon spüren konnte, ertönte plötzlich seine Stimme. 
“Hallo?”, fragte Jamie. Ich stand von meinem Sofa auf und begann vor Nervosität, im Zimmer umher zu gehen. 
“Hey, Jamie. Hier ist Caden”, begann ich und hoffte, er würde das leichte Zittern in meiner Stimme nicht hören. 
Aus welchem Grund war ich überhaupt so aufgeregt? Jamie war einer der freundlichsten Personen, die ich kannte. Und Beth hatte mir doch vorhin noch versichert, dass er sich auf jeden Fall über meinen Anruf freuen würde. Was machte mich also so nervös? 
“Caden? Ich wusste gar nicht, dass du meine Nummer hast. Also, ich meine, wir haben immer vergessen, sie auszutauschen”, sagte er und klang tatsächlich erfreut. 
Ein riesiger Stein fiel von meinem Herzen. 
“Ja, das stimmt. Ich habe sie von Beth bekommen”, erklärte ich ihm, woraufhin für kurze Zeit Stille herrschte. Dann hörte ich, wie Jamie seufzte. 
“Ich hoffe sie hat dich nicht zu sehr belästigt”, meinte er dann und aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, als könnte ich wahrnehmen, dass er gerade lächelte. 
“Nein, nein. Das hat sie nicht. Ich mag Beth, sie ist sehr freundlich”, erwiderte ich voller Überzeugung. 
Jamie lachte und sagte: “Das freut mich. Gab es einen bestimmten Grund, aus dem du anrufst?”
“Ähm, ja. Ich wollte dich fragen, wie es dir geht. Und ob du noch einmal mit deiner Schwester gesprochen hast”, erklärte ich ihm und hatte ein wenig Angst vor seiner Antwort. 
Ich vernahm, wie er ein wenig Lust ausstieß. “Meine Schwester hat mir gesagt, sie könne mich nicht mehr anrufen, weil meine Eltern die Telefonrechnung überprüfen. Aber sie will sich auf jeden Fall nicht davon abhalten lassen, mich zu treffen. Ich weiß nicht, wie ich ihr helfen kann. Oder was die richtige Entscheidung ist”, erzählte er mir und ich hörte die Traurigkeit in seiner Stimme wieder ganz deutlich, die er sich zuvor nicht hatte anmerken lassen. 
“Man kann leider nie wissen, was die richtige Entscheidung ist, da man die Konsequenzen erst im Nachhinein kennt. Vielleicht könnt ihr ein weiteres heimliches Treffen organisieren und besprecht dann, wie ihr von jetzt an vorgehen werdet. Aber es tut mir leid, dass du jetzt nicht mehr mit ihr telefonieren kannst”, sagte ich und spürte, wie sich meine Stimmung veränderte. Es war, als könnte ich sein Leid ebenfalls spüren. 
“Ich hoffe es sehr. Danke, Caden. Ist bei dir auch alles okay?”, fragte er mich. “Ja, alles bestens”, log ich. 
“Wirklich?”, hakte er skeptisch nach. “Ja. Mir geht es gut, wirklich”, wiederholte ich mit monotoner Stimme. 
Jamie glaubte mir nicht, das konnte ich deutlich erkennen. Und er hatte Recht, doch ich wollte ihn nicht mit meinen Problemen belasten, während er selbst so viel um die Ohren hatte. 
“Sehen wir uns dann auf der Party übermorgen?”, fragte Jamie mich. Ich nickte und erinnerte mich erst eine Sekunde später daran, dass wir bloß telefonieren und er diese Geste nicht sehen konnte. “Ja, ich werde kommen... Bis dann, schätze ich.”
“Warte einen Moment”, sagte Jamie hastig, da er sich scheinbar noch nicht verabschieden wollte. Das wollte ich zwar ebenso wenig, doch ich hatte Angst, dass er mir meinen Kummer anmerkte. Ich wollte ihm nicht davon erzählen, zumindest jetzt am Telefon nicht. 
“Ja?”, fragte ich und es fiel mir schwer, meine Stimme zu kontrollieren. Allein Jamie's Frage danach, wie es mir gehe, hatte wieder etwas in mir ausgelöst. Sie hatte mich daran erinnert, dass es mir nicht gut geht und wie schmerzlich ich versuchte, meine Gefühle zu verbergen. 
Es fühlte sich so an, als hätte ich den Gedanken an meine Mutter schon so oft ausgeblendet, dass es jetzt nicht mehr funktionierte. 
Ich wollte Jamie von ihr erzählen, was für ein gutes Herz sie gehabt hatte. Doch ich konnte nicht, da es mich innerlich zerriss. Also schluckte ich den Schmerz, sowie die Tränen, die sich an meinen Augen bildeten, herunter. 
“Ich will nur noch nicht auflegen”, sagte er mir und ich konnte die Ehrlichkeit in seiner Stimme nicht überhören. 
Mein Herz konnte sich nicht entscheiden, ob es sich über Jamie's Worte freuen oder wegen meinem innerlichen Schmerz weinen sollte. Es tat beides gleichzeitig, weshalb ich nicht verhindern konnte, dass eine kleine Träne meine Wange hinab lief. 
Ich war nicht in der Lage dazu, etwas zu sagen. Jamie würde mir sofort anhören, dass ich meine Schmerzen kaum aushalten konnte. 
“Caden?”, fragte er verunsichert. “Ja”, brachte ich hervor und versuchte ein letztes Mal, mich zusammenzureißen. Jamie räusperte sich am anderen Ende der Leitung und schien mir etwas Bedeutsames mitteilen zu wollen. "Ich wollte dir noch sagen, dass-". “Jamie, ich muss gehen. Es hat an der Tür geklingelt. Wir sehen uns übermorgen”, unterbrach ich ihn und kontrollierte meine Stimme mit aller Macht. Ohne seine Antwort abzuwarten legte ich auf. 

Ich ließ mich auf mein Bett fallen und hasste mich selbst in diesem Moment. Jamie wollte mit mir reden und bloß, weil ich meine Selbstbeherrschung in eben diesem Moment verloren hatte, musste ich alles ruinieren. Es war so typisch für mich. Was dachte er sich jetzt wohl? 
Wahrscheinlich war er enttäuscht von mir. So wie ich selbst auch. 
Dass mich seine Frage so völlig aus der Bahn werfen könnte, hätte ich nicht für möglich gehalten. Doch es hatte ausgereicht, um das Fass aus Frustration, Trauer und Wut in mir überlaufen zu lassen. 

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Hey friends, ich würde mich wirklich sehr über Feedback freuen, auch Kritik nehme ich gerne an :>
Auf dem Bild oben könnt ihr sehen, wie ich mir Caden annähernd vorstelle 🙃
Ich hoffe, ihr bleibt dran❣️

Unexpected Love (boyxboy) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt