2. Türchen | Briefe von T - Teil 2

156 21 10
                                    

Also hatte ich den halben Tag allein damit verbracht, dass ich nervös immer neue Kleidung heraussuchen musste und ebenso einige Zeit brauchte, um mein entstandenes Chaos zu beseitigen. Ich kannte die Stelle sehr gut, an der er mich treffen wollte. Die Birken liefen nach obenhin so zusammen, dass sich bald ihre Kronen berührten. Mein geheimnisvoller Verehrer. Ich hatte wieder und wieder gerätselt, doch einfach noch immer keine Ahnung, wer er war. Essen hatte ich am Tag kaum herunterbekommen, als ich am Abend schließlich in einen warmen Mantel gehüllt die Wohnung verließ. Trotz all der Sachen war es dennoch kühl, immerhin hatten wir Minusgrade und seit fast zwei Wochen lag sogar Schnee, was selten genug vorkam.

Das Old Park Wood Naturreservat lagen nicht weit von meinem Haus entfernt und bot selbst an den schönsten Tagen eine angenehme Ruhe, da nicht besonders viele Menschen diesen Park aufsuchten. Der Schnee knirschte herrlich unter meinen Schuhen, als ich tiefer hineinging und dem Stück vom Weg folgte, den ich nur zu gut kannte. Als ich die abgesprochene Stelle erreichte staunte ich nicht schlecht. Dort stand ein richtiger Schlitten, welcher von einem Rentier gezogen wurde. Der Schlitten war mit warmen Decken ausgelegt und als das Rentier sich schüttelte, konnte ich die kleinen Glöckchen hören, die an dem Zaumzeug befestigt waren. Ein Lächeln huschte über meine Lippen, als ich endlich meinen geheimen Mr. Shakespeare ausmachen konnte. Er stand mit dem Rücken zu mir, daher war alles was ich gerade sehen konnte, der weiße Mantel, den er trug. Der Kopf allerdings wurde von nichts verdeckt und mir dämmerte langsam, dass mir dieser Mann dort vage vertraut vorkam. Als hätte er meinen Blick gespürt, wandte er sich in diesem Moment um und mir verschlug es endgültig die Sprache. Die Geschenke... die Liebe zu Shakespeare... T... Alles ergab plötzlich Sinn. Wieso war ich nur nicht darauf gekommen?

Nun, das konnte natürlich daran liegen, dass ich nicht einmal im Traum erwartet hätte, dass der berühmte Tom Hiddleston ein Auge auf mich geworfen haben könnte. Wie um alles in der Welt war er an meine Adresse gekommen? Dann traf mich wieder der Schlag. Ich hatte ihn genau einmal kurz persönlich getroffen. Es war in London gewesen. Im Mai erst hatte ich Betrayal besucht, eher durch Zufall als durch Absicht. Ich hatte gesehen, dass noch eine Karte in der ersten Reihe zu haben gewesen war und hatte schließlich entschieden, dass dies eine einmalige Chance wäre, mein Vorbild zu sehen, selbst wenn es nur auf der Bühne wäre. Ehe ich mich versah, stand ich nach dem Stück auf einmal in der Schlange und kurz darauf dann tatsächlich vor ihm. Vor Aufregung hatte ich nur herausgebracht, wie toll er auf der Bühne gewesen war. Er hatte sich lächelnd bedankt und sich nach meinem Namen erkundigt. "Amelia...", war meine Antwort gewesen, "Amelia Wills". Kurz darauf war ich mit einem Autogramm von ihm auf dem Weg nach Hause gewesen.

Gedanklich wieder in der Gegenwart angekommen nahm ich vage wahr, dass er lächelnd auf mich zutrat. Ich musste mehr als dämlich aussehen, wie ich dort stand und sowohl Verwunderung als auch Nervosität deutlich zeigte. "Sie... du...", begann ich verschiedenes sagen zu wollen und fasste mich dann, um das Erste zu sagen, was mir in den Sinn kam. "Wieso, um alles in der Welt, gerade ich?", fragte ich fassungslos. Er lachte kurz leise. "Das war nicht, was ich als erwartet hatte, dass du fragen würdest.", meinte er schmunzelnd. Ich blinzelte kurz perplex und schwieg. Nun wurde er ernst, auch wenn sein wunderschönes Lächeln bestehen blieb. "Weil du, meine liebe Amelia... verzeih, ich meinte Amy, etwas an dir hast, was mich pausenlos an dich denken lässt. Wenn ich herausfinde, was genau das ist, sage ich es dir.", erklärte er mir. Langsam verschwand meine Verwunderung, doch die Nervosität blieb. Er deutete auf den Schlitten und reichte mir seine Hand. "Magst du mit mir diesen Ausflug machen?", fragte er und nun erkannte ich, dass Tom selbst auch nervös war. Er hatte sicher Angst ich würde einfach gehen, weil ich das als schlechten Scherz empfand, was meinen Gedanken gar nicht so fern war. Immerhin stand hier Tom Hiddleston höchstselbst vor mir. Ich atmete tief durch und lächelte dann, ehe ich seine Hand annahm. "Mit dem allergrößten Vergnügen, Mr. Hiddleston.", sagte ich leise. Ich sah eine Spur von Erleichterung in seinem Blick, als er mich zum Schlitten führte.

Adventskalender 2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt