stargazing

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mina.schmidt
Jule, ich habe unseren Urlaub 
gebucht

juweigl
Wann geht es los?

mina.schmidt
Gleich morgen, wenn es dir passt

juweigl
Sagst du mir wohin?

mina.schmidt
Nein, dann wäre es ja keine 
Überraschung mehr

juweigl
Also wie, als wir das erste 
Mal zusammen im Urlaub 
waren?

mina.schmidt
Ja natürlich, wir haben doch
 beschlossen, dass wir keine
 unserer Traditionen auslassen
 dürfen

juweigl
Also, vorraussichtlich ein 
letztes Mal?

mina.schmidt
Mal sehen, wie sich alles 
entwickelt

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Julian parkte vor meiner Haustür und klingelte wenige Sekunden später. Mitsamt meines kleinen Koffers lief ich die Treppen meines Wohnhauses nach unten und fiel einem überraschten Julian in die Arme.

In wahrer Gentleman-Manier nahm er mir meinen Koffer ab und legte ihn in den Kofferraum seines Sportwagen Cabriolets, das wir zusammen ausgesucht hatten. 
Es passte so gar nicht in diese Umgebung, denn ein Normalverdiener konnte sich in Dortmund eben nur eine Wohnung in 'schlechteren' Stadtteilen leisten. Besonders kritisch wurde es, wenn man - wie ich - nebenbei auch noch ein Studium finanzieren musste. 

"Ich fahre", stellte ich trocken fest. Noch wollte ich ihm nicht verraten, wo es hinging. Seufzend reichte Julian mir seinen Autoschlüssel und nahm schmollend auf dem Beifahrersitz Platz.
"Mach mal kurz die Augen zu", forderte ich ihn auf, als ich die Adresse in das eingebaute Navi eingab. 

Erleichtert atmete ich aus, als wir endlich aus dem dichten Stadtverkehr heraus waren. Auf der Autobahn war viel weniger los, was das Fahren um ein Vielfaches vereinfachte. Normalerweise ließ ich deshalb immer Julian fahren, denn die ganzen anderen Autos ließen mich schon das ein oder andere Mal scharf Luft einziehen.

xxx

Nach etwa zwei Stunden Fahrt parkte ich auf dem Parkplatz unseres Hotels. Julian war etwa auf der Hälfte der Fahrt eingeschlafen, sodass es für ihn wirklich noch eine Überraschung war, wo wir unseren Kurzurlaub verbringen würden.
Ich schnallte mich ab und rüttelte sanft an seiner Schulter. 

"Jule, wir sind da", flüsterte ich ihm zu, als seine Augenlider zu flattern begannen. Nach meinem Satz öffneten sich seine Augen um einiges schneller, sodass er sich unsere Umgebung ansehen konnte.

"Wo sind wir?", fragte er, seine Stimme noch tief vom Schlafen, was mir ein Schauer über den Rücken laufen ließ. 

"In der Eifel, so ziemlich am Arsch der Welt. Und weil im Moment keine Ferien sind ist auch das Hotel so gut wie leer, bis auf ein paar Rentner im Wanderurlaub vielleicht", sagte ich, während ich ausstieg. Julian tat es mir gleich und nahm unsere beiden Koffer, sodass ich schonmal einchecken konnte. 

Ich hatte ein normales Doppelzimmer für Julian und mich gebucht, auch, wenn ich es mir mit der Auswahl nicht leicht gemacht hatte. 
Sollten wir in einem Doppelbett oder in getrennten Betten schlafen? 
Letztendlich hatte ich mich für die erste Option entschieden, da Julian und ich in der letzten Zeit viel Körperkontakt hatten, ohne, dass es unangenehm wurde. Vor allem seitdem ich Julian vor einigen Tagen getröstet hatte, konnte ich meine Finger nicht von ihm lassen und wollte mir immer sicher sein, dass es ihm auch wirklich gut ging und, dass er sich nichts von dem zu Herzen nahm, was Sarah zu ihm gesagt hatte.

xxx

"Mina, schläfst du schon?", fragte Julian in die Dunkelheit des Zimmers. Er hatte seine Arme von hinten um mich geschlungen und sein Atem streifte schon die ganze Zeit über meinen Nacken, was es unmöglich für mich machte einzuschlafen. 

"Nein, ich kann nicht einschlafen", antwortete ich deswegen wahrheitsgemäß. 

"Wenn wir beide schon nicht schlafen können, habe ich eine Idee, was wir stattdessen machen könnten", begann er und ich setzte mich interessiert auf. Einfälle, die man mitten in der Nacht hatte waren immer interessant.
"Weißt du noch, wie wir zusammen gekommen sind?"

"Natürlich, als könnte ich das jemals vergessen", gab ich empört von mir, während Erinnerungen durch meinen Kopf schossen.

"Dann ist ja gut. Ich habe nämlich eben eine Treppe gesehen, die noch höher als dieses Stockwerk führt, also aufs Dach", erklärte er mir und war schon dabei sich eine Jogginghose anzuziehen. 

"Na dann mal los", forderte ich ihn auf und griff noch nach einem seiner Pullover, bevor wir hintereinander das Zimmer verließen. 

Wir schlichen uns durch die sonst verlassenen Flure, bis wir im Treppenhaus ankamen. Zum Glück gab es hier keine Bewegungsmelder, die das Licht steuerten, denn sonst wären wir wahrscheinlich schon entdeckt worden. 
Wir gingen eine schmale Treppe nach oben. Nur noch eine schwere Eisentür trennte uns nun vom Dach.

"Dann hoffen wir mal, dass die nicht abgeschlossen ist", murmelte Julian vor sich hin und rüttelte etwas an dem Türgriff, bevor sich die Tür öffnete. 

Kurz sah ich mich um. Der Teil des Dachs, den man begehen konnte war nicht groß, vielleicht vier Quadratmeter. Ein Metallgeländer trennte uns von dem eigentlichen Dach, welches mit roten Ziegeln bedeckt war. 

Vorsichtig trat ich näher an das Geländer. Ich wollte auf dem gefliesten Boden nicht ausrutschen und mir womöglich noch einmal den Arm brechen. Ich spürte, wie sich Julian hinter mich stellte und seine Arme um mich legte.  

"Lange können wir nicht hier draußen bleiben, es ist ziemlich frisch", stellte er fest und zeigte mit dem Finger auf eine Sternformation, die er soeben entdeckt hatte. 

Wir betrachteten für einige Minuten schweigend die Sterne, bevor Julian meine Hüfte griff und mich in seinen Armen umdrehte. 
Verwundert sah ich ihn an. Was hatte er denn jetzt vor?

Er beugte sich zu mir herunter und verband unsere Lippen miteinander. Sofort erwiderte ich den Kuss und schlang meine Arme um seinen Nacken. 
Nach einigen Minuten schlug es mich wie ein Blitz. Sarah!

Ich legte meine Hände auf seine Brust und drückte ihn etwas von mir weg, sodass sich unsere Lippen lösten, wir jedoch immer noch sehr nah beieinander standen.
"Jule... ich... du... Sarah", stammelte ich überfordert und auch etwas außer Atem von dem Kuss. 

"Mina, seitdem ich wieder Kontakt zu dir habe, könnte mir Sarah nicht egaler sein- so fies das jetzt vielleicht auch klingt. In unserem Streit hat sie mich vor ein Ultimatum gestellt, sie oder du. Ich habe dir schon gesagt, dass ich alles dafür tun würde, damit wir nicht noch einmal den Kontakt verlieren."

"Also hast du mit ihr Schluss gemacht?", fragte ich, ließ es jedoch mehr wie eine Aussage klingen.

"Noch nicht so richtig", sagte er. "Aber im Grunde weiß sie es schon lange, dass das mit uns nicht mehr funktioniert."

Nach diesem Satz zog Julian mich wieder an sich und küsste mich erneut. Dieses Mal warf ich alle Zweifel über Bort und ließ mich richtig auf ihn ein.

One Last Time - J. WeiglWo Geschichten leben. Entdecke jetzt