14. Türchen - 2010: Ein Fotoalbum voller Erinnerungen

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Hätte man Jungkook vor einem Jahr gefragt, ob er und Taehyung sich wieder näher kommen würden, hätte er es definitiv abgestritten. Die Kluft schien damals einfach fast unüberwindbar groß. Bis die Pubertät den Jüngeren erfasst und ihn einen riesigen Schritt nach vorn katapultiert hatte. Der Dreizehnjährige war gewachsen, wodurch er fast so groß war, wie sein Nachbar und er konnte plötzlich wieder mit Taehyung reden.
Auch wenn Mädchen immer noch nicht das waren, was Jungkook interessierte, so war es erfrischend sich mit seinem älteren Freund auf einem anderen Niveau zu unterhalten. Sie hatten wieder die gleichen Interessen und es war, als hätte es die kurze Zeit der Abkühlung in ihrer Freundschaft nie gegeben.

Heute hatten sie sich in der Wohnung des Älteren verabredet, weil sie zusammen in die Stadt wollten, um die Weihnachtsgeschenke ihrer Familien und Freunde zu kaufen. Schonte den Geldbeutel etwas und sie hatten auch noch Spaß dabei.
Doch als Jungkook das helle Wohnzimmer der Familie Kim betrat, sah der Ältere alles andere als fertig angezogen aus. Taehyung saß mit nur einem Shirt und einer Jogginghose bekleidet auf der Couch, was den Jüngeren verwirrte. War er etwa zu früh?

"Ah, hi Jungkook. Sorry, ich fühl mich nicht so gut. Kopfschmerzen. Können wir das Einkaufen vielleicht auf nächste Woche verschieben?", fragte der fast Fünfzehnjährige mit leicht kratziger Stimme.
Taehyung war im Stimmbruch und teilweise war sein Klang kaum zu ertragen, aber Jungkook wusste, dass er das auch noch durch machen würde. Und natürlich freute er sich unheimlich darauf.

"Ist okay, Hyung, dann wünsche ich dir gute Besserung. Soll ich wieder gehen?", fragte der Jüngere.
"Nein nein, bleib. Komm, Eomma hat mir die alten Fotoalben rausgesucht", erwiderte Taehyung lächelnd und wandte sich dem schmalen Buch auf seinen Beinen zu.
Wie der Ältere setzte Jungkook sich im Schneidersitz auf die Couch und lehnte sich zu dem anderen Teenager herüber, um die alten Kinderbilder zu betrachten. Dabei atmete er unweigerlich Taehyungs Geruch ein. Wie immer vermittelte dieser ein Gefühl von wärme und Zuhause. Jungkook fühlte sich wohl in seiner Nähe und entspannte sich daher auch sofort.

"Guck mal hier, Jungkook. Da warst du ein paar Monate alt und wolltest meinen Finger einfach nicht mehr loslassen", kicherte Taehyung los und der Dreizehnjährige unterzog dem Bild vor ihm, einen kritischen Blick. Ein niedliches Baby und ein süßes Kleinkind waren darauf abgebildet. Taehyung war sofort zu erkennen, denn er hatte auch schon damals sein einzigartiges Lächeln.
"Irgendwann muss ich dich ja losgelassen haben, Hyung", erwiderte Jungkook spitz, aber er bekam nur ein: "Aber nur unter Protest.", als Antwort.
Der Teenager warf seinem immer noch größeren Freund einen skeptischen Blick zu, doch der Fünfzehnjährige grinste ihn nur frech an, ehe er sagte: "Du hast halt schon damals deinen Hyung geliebt, Jungkookie."
Der Jüngere verdrehte die Augen, widersprach aber nicht, als Taehyung ihn spielerisch unter seinem Kinn herstrich. Er wandte sich lieber der nächsten Fotografie zu und betrachtete diese mit großem Interesse. Auf dieser waren sie zusammen mit Seokjin zu sehen und eindeutig ein paar Jahre älter. Es musste wohl das Weihnachten sein, an dem sie gefühlt stundenlang im Schnee getobt hatten. Taehyungs älterer Bruder hatte ihnen beiden beim Schneemann bauen geholfen und mit viel stolz hatten sie gemeinsam vor diesem posiert.

"Weißt du noch wie wir ihn genannt haben?", unterbrach die tiefe Stimme des Älteren die Gedanken des Koreaners. Angestrengt versuchte der Dreizehnjährige sich zu erinnern, musste aber aufgeben, weil ihm der Name einfach nicht ins Gedächtnis kommen wollte.
"Nein Hyung, tut mit Leid...", sagte er enttäuscht, doch Taehyung lachte leise auf.
"Alles gut, du warst damals doch erst drei. Das ist vollkommen normal, dass man sich nicht an alles erinnert. Er hieß Yeontan... Ich mag den Namen immer noch", gab der fast Fünfzehnjährige zu und Jungkook betrachtete das Profil seines großen Freundes.
Ihm war bisher nie aufgefallen, wie gut aussehend Taehyung war. Die kleinen Muttermale an Nase und Mund, seine Augenlider, diese braunen Augen. 

"Alles okay?", fragte der Betrachtete nach und holte Jungkook aus seinem bewundern.
Der Jüngere nickte und wandte sich schnell wieder dem Fotoalbum in Taehyungs Schoss zu, einfach um sich von seinen Gedanken abzulenken. Wieso sollte er seinen besten Freund gut aussehend finden? Sie kannten sich seit er denken konnte. So ein Gedanke war schlicht und ergreifend absurd.

"Hier, erinnerst du dich? Als wir das erste Mal beide Weihnachtsbäume geschmückt haben?", fragte Taehyung den Jüngeren, nachdem er eine Seite weiter geblättert hatte und neue Fotos zu sehen waren. Jungkook lächelte.
"Ja. Gott, das war so peinlich... ", murmelte der Jüngere und musste doch lächeln, als er das Bild anschaute.
Darauf waren er und Taehyung zu sehen, wie sie beide schuldbewusst vor einer zerbrochenen Kugel standen. Diese war damals einfach aus den Händen des Jüngeren gefallen, weil sein Freund ihn aus versehen angerempelt hatte. Aber ihre Mütter hatten sie danach geschnappt und jeden Zentimeter Haut genauestens nach Verletzungen abgesucht.

"Wir waren echt anstrengende Kinder", überlegte Jungkook gedankenverloren, weshalb Taehyung anfing, den Jüngeren zu betrachten.
"Du hast dich kaum verändert, Kleiner. Klar, du bist älter, aber tief in dir drin bist du noch mein kleiner Jungkook, der meinen Finger nicht loslassen wollte, weil er mich liebt", sagte der fast Fünfzehnjährige feierlich und wuschelte dem Jüngeren durch dessen Haare.
"Hyung, lass das! Meine Frisur!", meckerte Jungkook gespielt beleidigt und beide Teenager lachten. Sie schauten sich weiter zusammen das Fotoalbum an und erzählten sich gegenseitig von Dingen, an die sie sich noch erinnerten. Ohne sich abzusprechen beschlossen beide, sich gegenseitig ein Fotoalbum mit allen alten Fotos zu schenken und zu jedem Foto etwas zu schreiben.

Taekook: eine WeihnachtsreiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt