57. Kapitel: Bill Martinez

34 4 0
                                    

Kurz blieb ich im Flur stehen, stellte erstmal meine Tasche ab und zog meine Schuhe aus.

Dann sah ich Jamie an, der mir dann ins Wohnzimmer folgte.

Ich wusste nicht ob das einfach nur seine Art war, aber jedes Mal wenn ich Jamie reden hörte, klang er fast schon als sei er gerade bereit in den Krieg zu ziehen und nicht vor Gericht zu gehen und gerade war das noch stärker als sonst- und ich hatte seine Unterhaltungen mit Dad schon mitbekommen, da war ich noch nichtmal zur Schule gegangen.

Es kam mir einfach so vor, als würde jetzt doch wieder alles komplizierter werden. Konnte es hier nicht einmal normal ablaufen? War das wirklich zu viel verlangt?

Leise seufzte ich auf, öffnete dann die Tür.

„Dad?", fragte ich, fand stattdessen aber Mary vor, die mit Amirah zusammen am Wohnzimmertisch saß und allem Anschein auf dem Blatt vor sich etwas malte.

Ich ging auf sie zu, stellte mich hinter sie. Kurz musste ich lächeln, stützte meine Hände auf die Stuhllehne, beugte mich etwas zu ihr. Wieder musste ich lächeln, als ich ihr Bild ansah.

„Manchmal glaub ich echt du magst Roboter lieber als uns."

Ich grinste, strich ihr die blonden Haare leicht aus dem Gesicht, drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

Sofort schreckte sie auf, fiel fast von ihrem Stuhl, hätte ich sie nicht rechtzeitig festgehalten. Ich lachte auf, als sie sauer gegen meinen Arm schlug mir irgendwelche Beschimpfungen entgegenwarf, weil ich sie offensichtlich erschreckt hatte.

„Ja, schon gut es tut mir leid!"

Weiter schlug sie mir gegen den Arm, doch ihre Beschimpfungen verwandelten sich mit der Zeit nur noch zu irgendeiner Aneinanderreihung von Silben, was absolut keinen Sinn ergab.

Wieder beugte ich mich zu ihr, gab ihr einen Kuss auf die Wange.

Ich glaube mir war noch nie so bewusst gewesen, wie sehr ich meine kleine Schwester doch liebte. Wahrscheinlich weil ich zuvor auch nie wirklich einen Gedanken daran verschwendet hatte, dass sie mir weggenommen werden könnte.

Irgendwie hatte ich gewusst, dass diese Trennung von Dad und Pops nur eine Phase sein würde und ich hatte Recht behalten. Aber die Vorstellung, dass Enisa doch gewinnen würde, fraß sich Tag für Tag immer wieder in meine Gedanken und es ließ mich nicht los!

Sie hatte jetzt sechs Jahre lang in Australien gelebt! Wer sagte mir denn, dass sie Mary nicht in den nächsten Flieger setzten würde und dort wieder hin verschwinden würde!

Ich würde sie nie wieder sehen! Und...diese Frau hatte tatsächlich die Macht sie einfach aus ihrer Familie und allem was sie kannte, zu reißen! Ich würde es ihr sofort zutrauen!

Kurz strich ich ihr eine blonde Strähne hinter das Ohr, küsste sie nochmal auf die Wange.

„Hab dich auch vermisst.", grinste ich, als sie tief die Brauen in Falten zog und mich finster anstarrte.

„Weißt du wo Dad ist?", fragte ich stattdessen.

Sie nickte kurz und deutete auf die Decke.

„Oben.", sagte sie dann, legte ihren Stift kurz zur Seite. „Bei Pops."

Kurz sah sie mich an, kratzte sich kurz an der Nasenspitze.

„Daddy meinte ihm geht's nicht gut...", fügte sie dann leise hinzu, sah wieder zu mir hoch.

Ich erwiderte ihren Blick, nickte dann langsam, wuschelte ihr durch die Haare.

„Jetzt guck nicht so. Als ob du nie krank wärst."

Die Idee von GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt