Schein und Sein

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Ich gehe raus,
Maske aufgesetzt,
und Lächeln ist Gesicht geschmiert,
gepflastert, damit es auch ja nicht erst verrutscht.

Wenn du mich fragst, wie mein Tag so war,
antworte ich mit „gut",
weil es dich eh nicht interessiert, das er eben nicht gut war.
Wenn du mich fragst, wie es mir geht,
antworte ich mit „gut",
weil du nicht damit umgehen kannst,
wenn ich dir sage, wie einsam ich mich manchmal zwischen all diesen Menschen fühle.

Du fragst nach mir und meinem Leben,
aber im Grunde interessiert es dich nicht,
dass bei mir momentan nichts glatt läuft,
weil du mein Leben nicht in der Realität,
sondern in der rosa-Blümchen-Glitzer-Version sehen willst,
obwohl wir beide wissen, dass sie nicht existiert,
und es hinter der „Mein-Leben-ist-so-schön-ich-könnte-kotzen-vor-Glück"-Fassade,
ganz anders aussieht und es doch nicht so schön ist, wie alle glauben zu wissen.

Denn wir zeigen immer nur unsere besten Seiten,
zeigen was wir haben,
geben vor jemand zu sein, der wir nicht sind,
weil wir das so gelernt haben.
Und wenn wir nichts haben,
dann tun wir so als ob wir die Besten der Besten sind.

Einfach nur um die Erwartungen
der Gesellschaft,
unseren Verwandten
und Bekannten,
von Social Media
oder sonst wem
zu erfüllen.

Und dabei bleiben wir auf der Strecke liegen,
und vergessen wer wir sind,
während wir versuchen allen anderen Ansprüchen zu genügen,
und Erwartungen zu erfüllen, die nicht unsere eigenen sind.

Die Maske und das Lächeln und die Fassade und ich,
das kleine traurige Ich,
das manchmal einfach nur in der Ecke sitzen und weinen will,
sind ineinander übergegangen, untrennbar,
und ich weiß nicht mehr wie ich zu meinem richtigen Ich zurückkehren soll,
um euch zu zeigen, wie mein Leben wirklich ist.

Denn meine Welt ist nicht immer nur kunter-bunt und rosa-rot,
voller Glitzer und Einhörner, wie ihr es gerne hättet.
Manchmal ist meine Welt auch Wolkenbehangen, grau und regnerisch,
und das ist okay so, denn jede Medaille hat zwei Seiten.

Diese ganzen Masken und Fassaden und meine perfekte Welt,
ist alles nur schein und sein,
und ich versteck mich dahinter,
damit niemand sieht, das ich doch nicht perfekt bin.
Wir tun so als wären wir Menschen,
die genau wissen was sie wollen und was sie können,
obwohl wir eigentlich keinen Plan vom Leben haben.

Das alles ihr ist nur Schein und Sein,
wir alle tragen unsere Masken und Fassaden Tag für Tag zur Schau,
und spielen unsere Rollen in einem perfekt einstudierten Theaterstück,
das sich „das Leben" nennt.

Aber ich hab es satt, nur stur meine Rolle zu spielen,
ich habe es satt, dass niemand sich die Zeit nimmt hinter die Fassade zu sehen und der Realität ins Auge zu blicken
und ich habe es satt, so tun zu müssen als wäre ich glücklich.

Mir steht das alles bis hier.
Mir steht es bis hier, dass sich niemand mehr für die Wirklichkeit interessiert.
Mir steht es bis hier, dass alle nur blind durch die Gegend laufen und sehen,
ohne wirklich hin zu sehen.

Und mir steht es bis hier, eine Rolle erfüllen zu müssen,
die eine schwarz-weiß Kopie meiner Selbst ist.
Und deswegen scheiße ich auf eure Glitzer-Schein-Welt,
ich scheiß auf eure regenbogen-pupsenden Einhörner,
und ich scheiße auf euer „ach so perfektes" Leben.

Ich scheiß drauf!
Ich schreie es raus in diese Welt voller von Desinteresse,
in diese Welt voller Ignoranz, in diese Welt ohne Realität.

Aber ihr seht es nicht, weil ihr verlernt habt hin zu sehen.
Ihr hört es nicht, weil ihr verlernt habt, zuzuhören.
Ihr fühlt es nicht, weil ihr vergessen habt, wie die Realität sich anfühlt,
weil ihr in euren Scheinwelten verloren gegangen seid.

Und deswegen, radier ich mir mein falsche Lächeln aus dem Gesicht,
und setze ein echtes auf, weil ich wirklich glücklich bin, und nicht nur so tue als wäre ich es.
Und wenn ich lache, dann lache ich laut und aus tiefsten Herzen,
und wenn ich weine, dann tue ich das, bis ich keine Tränen mehr habe,
und wenn ich liebe, dann tue ich das mit jeder Faser meines Körper,
in dieser Scheinwelt, die vergessen hat,
dass das alles hier nur schein und sein,
und alles nur Fassade ist.

Was muss ich noch tun, damit ihr aufhört in eurer eigenen Welt zu leben,
und zurück in die wahre Welt kommt?
Was muss ich noch tun, damit ihr aufhört taub, stumm und blind durch die Gegend zu laufen,
und anfangt, euch zu wehren, hinzusehen und zuzuhören?

Sag mir, was muss noch alles passieren, damit ihr aufwacht,
und anfangt hinter die Fassaden zu sehen,
und zu verstehen, das alles hier ist nur Schein und Sein,
und nichts ist so wie es im ersten Moment scheint,
möge es noch so perfekt sein.

Lautlose WorteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt