Partys, Bier und Ich -- oder wie mein Leben in Kotze versank

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Heute ist Samstag.
Normale Menschen gehen an so einem Abend aus.
Ich normalerweise nicht, aber heute schon.
Seit einer Stunde sitze ich auf dieser Party,
zu der ich eigentlich nicht gehen wollte,
es aber trotzdem getan habe,
weil ich dachte ich müsste es einmal ausprobieren,
weil ich ja was verpassen könnte.

Dabei wusste ich vorher schon, dass das schief gehen würde.
Partys sind nichts für mich.
Und ich habe definitiv nichts verpasst,
aber das wusste ich ja vorher noch nicht.

Ich nippe an meinem Bier.
Natürlich nur Mischbier mit 2,5% Alkoholgehalt, versteht sich,
denn vertragen tu ich eh nichts,
da reichen auch 2,5% um sich das alles hier schön zu trinken,
was aber auch nichts bringt,
weil ich mich hier irgendwie fehl am Platz fühle,
und definitiv nicht hier her gehöre.

Ich hasse Menschen und laute Musik.
Vor allem DIESE laute Musik ist nicht mein Ding.
Ich nehme noch einen Schluck von meinem Versuchsbier,
was in Wirklichkeit keins ist, sondern nur vorgibt eins zu sein.
Ähnlich wie ich.
Ich gebe auch vor Spaß zu haben, obwohl ich das alles hier zum Kotzen finde,
und das obwohl ich noch nüchtern bin.

Ich schaue mich um, seh mir diese ganzen fremden Menschen an,
die ich noch nie vorher gesehen habe,
und frage mich, ob es hier auch Menschen wie mich gibt,
die sich fragen, was sie eigentlich hier sollen.
Zum hundertsten Mal an diesem Abend stelle ich fest,
dass das alles hier total die Zeitverschwendung ist.

Ich schaue auf mein Handy.
Mittlerweile ist es 21:48 Uhr,
und mein einziger Gedanke gilt meinem Bett.
Denn da wäre ich gern grade und definitiv nicht hier.

Mein Bier ist auch nach fast 2 Stunden noch nicht leer,
und mittlerweile hat die Chipstüte beschlossen,
dem einsamen Mädchen mit dem Versuchsbier und ohne Freunde Gesellschaft zu leisten.
Finde ich nett von ihr.
Jetzt hängen wir ein bisschen miteinander ab.

Ich überlege ob ich vielleicht tanzen sollte.
Mich kennt hier ja schließlich eh keiner.
Aber warte, mein Fake-Bier benebeltes Gehirn hat vergessen das ich gar nicht tanzen kann.
Also lassen wir das mal lieber sein.

Aber dann stellt sich mir wieder einmal die Frage,
was zur Hölle ich dann hier mache?
Partys sind doch dazu da zu tanzen und sich volllaufen zu lassen,
richtig?
Wenn ich dann also weder das eine noch das andere tue,
was mache ich dann hier?

Ich würde gerne gehen.
Ich schaue auf mein Handy.
21:56 Uhr.
Die Zeit vergeht hier auch gar nicht.
Es ist noch nicht mal 22:00 Uhr.
Da kann ich doch noch nicht schon gehen, oder?
Das wäre doch uncool.
Das kann ich nicht bringen.

Aber wenn wir mal ehrlich sind, war ich noch nie cool.
Ich war schon immer die Außenseiterin,
die lieber Zuhause bleibt und ein gutes Buch liest,
anstatt sind mit idiotischen Menschen auseinander zu setzen.
Also wem will ich hier was beweisen?
Außerdem ist meine Coolness eh schon den Bach runter gegangen,
als ich 5 Minuten zu früh kam.
Aber ich bin gern pünktlich – typisch deutsch eben.

Warum bedeutet Party eigentlich,
dass man sich aufstylt,
hunderte Tonnen Schminke ins Gesicht schmiert,
und den kürzesten Rock aus seinem Schrank kramt und ihn anzieht?
Kann man sich nicht einfach in Jogginghose,
ungeschminkt, auf die Couch setzen,
und es dann Party nennen?
Wer hat überhaupt eingeführt das man auf Partys schick aussehen muss?
Dieser jemand hat wahrscheinlich zu viel gesoffen,
und war somit unzurechnungsfähig.

Ich glaube ich mache eine Jogginghosen-Party,
ohne laute Musik und viele Menschen.
Und da dürfen nur Menschen kommen, die auch auf Partys gehen,
sich fehl am Platz fühlen und sich fragen was sie hier machen.

Ich nehme noch einen Schluck von meinem Bier.
Es schmeckt eklig.
Derjenige, der gesagt hat,
das Alkohol nach jedem Schluck besser schmeckt hat gelogen.
Alkohol ist zum Kotzen.
Auch wenn man nüchtern ist,
und nicht nur wenn man einfach zu viel getrunken hat.

Ach und wenn wir schon beim Thema sind.
Gerade hat der Erste gekotzt.
Natürlich hat meine Jacke auch was abbekommen.
Ich würde mich jetzt gerne daneben setzen und dazu kotzen,
denn dieser Geruch erschlägt mich.
Jetzt weiß ich wieder, warum ich hätte Zuhause bleiben sollen.
Aber das Kotzen erspare ich mir.
Jetzt ist es 22:32 Uhr.

Noch eine halbe Stunde, dann gehe ich.
Die nächsten 10 Minuten verbringe ich im Bad,
und versuche die Kotze aus meiner Jacke zu bekommen.
Als der Fleck weg ist, ist es 22:43 Uhr.

Ich geh zurück zu meinem neuen Freund, die Chipstüte,
und trinke mein Mädchenbier aus.

Wieder muss ich daran denken,
das normale Menschen in meinem Alter hier richtig Spaß hätten.
Heißt das jetzt, das ich nicht normal bin?
Anders? Uncool? Langweilig?
Ich meine, das mit dem uncool wusste ich ja schon,
wurde mir ja oft genug gesagt.
Aber ist das jetzt schlimm?
Ich glaube nicht, aber viel zu viele Menschen machen ein riesiges Problem draus.
Wer hat eigentlich gesagt was cool ist?

Ich stehe auf,
nehme meine vollgekotzte Jacke,
die nicht mehr voll mit Kotze ist,
aber trotzdem danach stinkt,
und ziehe sie an, weil es draußen 2 Grad sind.
Ich muss die Zuhause dringend waschen, und duschen muss ich auch.

Ich verabschiede mich und gehe.
Es ist 22:54 Uhr.
Und noch nicht 23:00 Uhr.
Und ich gehe.
Damit bin ich jetzt sogar offiziell uncool, und soll ich euch mal was sagen?
Mir ist das scheiß egal,
dann bin ich halt uncool, langweilig und ein Außenseiter,
weil ich meine Zeit gerne sinnvoll verbringe.
Und ja vielleicht bin ich ein Außenseiter,
weil mich Menschen zum Außenseiter machen,
weil ich nicht wie sie bin.
Und das ist auch okay,
denn das bedeutet nur, dass ich besonders bin.
Wer will schon sein wie alle anderen?
Ich nicht.

Und deswegen trinke ich kein Bier,
tanze nicht,
mag keine Menschen,
und empfinde diese Art von Party als Zeitverschwendung,
wenn man mal noch mit dazu rechnet,
wie viel Zeit man damit verbringt sich aufzustylen.

Also, wer ist bei meiner nächsten Jogginghosenparty,
ungeschminkt, auf meiner Couch und mit einem Film dabei,
weil er sich auch auf Partys wie diesen fehl am Platz fühlt,
und das alles als Zeitverschwendung empfindet?
Niemand?
Das ist okay, ich verbringe meine Zeit gern mit meiner Chipstüte allein.

Denn ich bin nicht so wie andere in meinem Alter.
Ich mag Bücher.
Keine Partys.
Und das ist okay so.
Wer will schon wie alle anderen sein,
wenn man auch besonders sein kann?

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