Gepäckträgerfahrt

21

Ein heller Sonnenstrahl, der direkt auf meine geschlossenen Augen scheint, weckt mich auf. Genervt kneife ich meine Augen fest zusammen und drehe mich nach rechts, auf die andere Seite, damit die Sonne nicht auf mein Gesicht scheinen kann. Im selben Augenblick nehme ich einen süßlichen Duft wahr, den ich einem fremden Parfüm zu ordnen kann. Irritiert schlage ich die Augen auf, wodurch sofort ein Schmerz durch meinen Kopf geht. Stöhnend fasse ich mir an den Kopf und blinzle ein paar Mal, um endlich meine Umgebung wahrnehmen zu können. Ich liege in meinem Bett, in meinem Zimmer und alles scheint normal zu sein. Doch die Tatsache, dass Emma neben mir in meinem Bett sitzt und auf ihrem Handy herumtippt, ist auf gar keinen Fall normal. Beim näheren Hinsehen fällt mir auf, dass sie meine Sachen anhat und zum Glück nicht nackt ist. Anscheinend hat sie mit in meinem Bett geschlafen, aber wieso? Ist das nur ein Traum oder was ist bitte gestern passiert?

Angestrengt versuche ich mich daran zu erinnern, was letzte Nacht geschehen ist, doch mein Kopf tut zu sehr weh, dass ich mich nicht konzentrieren kann. Ich werde nie wieder Alkohol trinken, es kann doch nicht sein, dass mein Kopf so wehtut und ich mich nicht an alles erinnern kann. Zum Glück muss ich mich aber nicht übergeben.

„Oh gut, du bist wach", bemerkt Emma, die von ihrem Handy aufgeschaut und mich bemerkt hat, „wie geht es dir?" Ich setze mich vorsichtig auf und langsam kommen einige Erinnerungen zurück. Hannahs Party, Alkohol, Niklas und Lilly, eine traurige Hannah in der Badewanne und Emma, die sich dann zu mir gesellt hat.

„Nicht so gut...was ist gestern passiert? Haben wir...?", frage ich nach, da ich mir doch nicht ganz so sicher bin, ob etwas zwischen uns geschehen ist. Weitere Erinnerung tauchen plötzlich auf, wie wir zusammen gelacht und getanzt haben und anschließend zu mir gegangen sind.

„Nein, es ist gar nichts passiert", meint sie schnell und ich nicke erleichtert. Ich will auf gar keinen Fall mit jemanden schlafen, nur weil ich zu betrunken bin, weswegen ich nun beruhigend aufatmen kann.

„Wir haben uns geküsst!", erinnere ich mich da plötzlich an die gestrige Nacht und die damit verbunden Gefühle, die während des Kusses aufgekommen sind. Dieser Kuss war einfach so unbeschreiblich schön, dass schon nur beim Gedanken daran, wie sich ihre Lippen angefühlt haben, alles in mir anfängt zu kribbeln. Automatisch will sich ein Lächeln auf meinem Gesicht breit machen, doch ich unterdrücke es, da ich bei Emmas Gesichtsausdruck nicht sehen kann, was sie von dem gestrigen Kuss hält und ob es ihr auch etwas bedeutet hat.

„Ja...wir haben einfach zu viel getrunken...vergessen wir es am besten einfach", entgegnet sie dann nüchtern und steht auf. Mein Glück von dem Kuss erlischt von der einen auf die andere Sekunde. Ich versuche mir meine Enttäuschung nicht anmerken zulassen und weiß nicht so recht, was ich dazu sagen soll.

„Ja, das hatte keine Bedeutung und Unbedeutendes kann man auch einfach wieder vergessen", antworte ich einfach irgendwas und wünsche, ich hätte etwas Sinnvolleres gesagt. Warum war ich denn auch nur so blöd und hatte mir erhofft, dass durch diesen Kuss, der unter Alkoholeinfluss entstanden ist, mehr werden könnte? Ich sollte echt aufhören mir bei allem sofort Hoffnungen zu machen.

„Gut, dann wird es ja auch keine Auswirkungen auf unsere Freundschaft haben, oder?", stellt sie nochmal klar und ich nicke zustimmend, woraufhin sie aus dem Zimmer geht. Frustriert lasse ich mich wieder auf die Matratze sinken und starre einige Sekunden lang regungslos an die Decke. Warum kann das Leben nicht einmal einfach sein, so dass Emma Gefühle für mich hat und auch ihr der Kuss etwas bedeutet hat?

Schließlich stehe ich wieder auf, um Emma nicht allein zu lassen, damit sie sich nicht langweilt und nicht sogar auf die Idee kommt zu gehen. Ich nehme mir Klamotten aus dem Schrank und ziehe mich im Bad um, ehe ich dann eine Kopfschmerztablette nehme und gemeinsam mit Emma Frühstück vorbereite.