Kapitel 2 #ErsterEindruck

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Gott sei Dank war heute der erste Schultag und somit früher Schulschluss. Nur deshalb konnte ich aus dieser super unangenehmen Situation so schnell fliehen.

Nachdem ich aus der Schule gerannt war, fuhr ich schnell mit meinem Motorrad nach Hause und verkroch mich dort in meinem super flauschigen Bett. Das ist das einzige, was mir gerade guttut. Okay, vielleicht auch noch Essen, aber das lassen wir nun mal außen vor.

Ich blieb noch ungefähr 10 Minuten liegen und scrollte durch komplett WhatsApp. Ich beantwortete alle Nachrichten, obwohl ich nicht viele bekommen hatte.
Nur welche von meinem Dad und meiner besten Freundin aus Seattle, wo ich vorher gewohnt hatte. Mein Dad wollte mir nur Bescheid geben, dass er heute Abend aufgrund seiner Nachtschicht erst sehr spät nach Hause kommt. Manchmal ist das echt nervig, aber manchmal auch sehr hilfreich. Wenn du beispielsweise schlecht gelaunt bist, weil du Mathe verkackt hast oder allgemein Probleme hast, dann ist es schon sehr beruhigend, wenn du weißt, dass du sturmfrei hast. Heute war einer dieser Tage...

In der Nachricht von Alissa, meiner Freundin, hatte ich als Frage bekommen, wie meine neue Schule ist. Ob ich neue Freundschaften geschlossen habe und ob ich mich wohlfühle... Am liebsten hätte ich geantwortet, dass ich in einen Typen reingelaufen bin und ich so rot wurde, dass ich die Flucht ergriff und ihn links liegen ließ. Doch ich habe mich dazu entschieden es ihr nicht zu erzählen, damit sie kein Drama draus macht. Obwohl ich es hasse etwas vor ihr zu verheimlichen, antwortete ich mit einem soliden:" Ja, alles bestens."

Ich legte mein Handy weg und ging zu meinem Kleiderschrank. Ich nahm mir Jogging Sachen raus, denn ich dachte, dass eine Ablenkung jedem in dieser Situation guttat. Andere verbargen ihre Peinlichkeit hinter Schokoladeneis oder Netflix, aber ich entschied mich lieber dazu joggen zu gehen und mich dabei im Ort umzusehen. Schließlich wohne ich ja nicht lange hier und kenne mich dementsprechend schlecht aus. Dies ist also die perfekte Gelegenheit die Gegend zu erkunden.

Ich ging in die Küche und schnappte mir noch eine Flasche Wasser, da ich immer sehr durstig nach dem ganzen Laufen bin. Auch wenn ich sonst eher weniger trinke, konnte ich beim Ausdauerlauf nicht genug kriegen. Nachdem ich mir alles zusammengepackt hatte, öffnete ich die Tür und schloss sie hinter mir wieder. Kurz darauf machte ich mich auch schon auf den Weg.

Als ich gerade um die erste Ecke gebogen war, fiel mir ein, das heute noch mein Paket ankommen sollte. Na super, da will man gerade loslegen und ausgerechnet in dem Moment fällt einem sowas ein. Ich warte schon so lange darauf, weshalb ich jetzt einfach warten muss. Also ging ich zurück und wartete auf die Post. Ich hatte nämlich keinen Bock, dass sie meine Bestellung an meine Nachbarn geben, während ich weg bin. Die sind irgendwie unheimlich. Unsere Nachbarn sind ein älteres Paar, so um die 70 und die schauen immer wie Annabelle aus die Fenster, wenn ich von der Schule komme. Ich frage mich sogar, um ehrlich zu sein, ob sie alte Leichen in ihrem Keller stapeln. Aber das würde man ja riechen, oder?

Bis das Postauto kam, vergingen zwei endlose Stunden. Endlich nahm ich der Postfrau das Paket aus der Hand und stellte es in den Flur. Nun, nachdem ich zwei Stunden gewartet hatte, entschied ich mich erst zu Joggen, bevor ich das Paket öffnen würde.

Deshalb griff ich mir noch schnell ein Sandwich, dass ich während des Wartens geschmiert hatte und stolzierte leicht genervt aus meiner Tür. Runde zwei.
Der Winter stand vor der Tür, weshalb es jetzt, um 18 Uhr, schon dunkel draußen war. Mir ist das aber komplett egal, denn die Straßen waren hell beleuchtet und ich wollte einfach nur in Ruhe eine Runde Joggen. Auspowern ohne, dass ich in irgendeinen Typen reinrannte oder unfreiwillig aufgehalten wurde. Konnte der Tag überhaupt noch schlimmer werden???

Als ich realisierte, dass ich meine Stadtbesichtigung vergessen konnte, weil es zu kalt war um lange zu Joggen, hatte sich meine Frage geklärt. Denn eine Sache durfte man nie vergessen: Es kann IMMER schlimmer werden...

Ohne mich weiter aufzuregen, lief ich in Richtung Schule, da ich ja eh nichts Besseres zu tun habe. Ich kehrte an den Ort zurück, von dem ich so schnell geflohen war, um der Peinlichkeit zu entkommen. Wie krank muss ich wohl sein, die Schule zweimal pro Tag zu besuchen, dazu auch noch freiwillig?

Nach gefühlten Stunden ging ich langsam wieder Richtung nach Hause, weil ich so ausgepowert war, dass ich einfach nur noch schlafen wollte. An der letzten Ecke gab ich nochmal alles, in Hoffnung auf eine entspannende Dusche und mein weiches Bett. Als ich mein Handy aus der Tasche holte, um die Uhrzeit zu checken, stieß ich gegen etwas gegen. Zum zweiten Mal heute. Ich glaube, ich sollte mir mal Sorgen machen, was mit mir los ist. Denn dass wo ich reinlief, war nicht weich wie mein Bett, sondern hart. Hart wegen der Muskeln, die diese Person besaß. Als ich aufblickte sah ich einen Mann, um genauer zu sein DEN Mann. Isaac Rodríguez, den gefürchtetsten Mafiaboss aller Zeiten.

"Willst du mich noch weiter anschauen oder dich für das hier entschuldigen?", fragte er barsch und riss mich aus meinen Gedanken. Empörung stieg in mir auf und ich blickte zu ihm hinauf und zischte: "Pass du mal lieber auf, wo du hinläufst, schließlich bin ich die auf dem Boden liegende." Er sah mich nur grinsend an und ich hatte plötzlich ein unwohles Gefühl im Magen. Wieso kann ich nicht einmal meine Klappe halten? Wieso muss ich immer meinen Senf dazu geben und dann auch noch zu einem Mafiaboss? "Pass lieber auf Kleines, wie du mit mir sprichst, denn ich hoffe du weißt, wie das sonst für dich enden kann.", sprach er genervt, aber auch leicht amüsiert zu mir. "Klar, ich weiß schon, ich werde Schmerzen erleiden, wenn du mir ein Messer in den Bauch rammst oder so, schon klar.", gab ich trotzig wieder. Zum einen, um ihm zu zeigen, das ich keine Angst vor ihm habe und zum anderen aus Nervosität. Er streckte mir seine Hand hingegen, woraufhin ich sie misstrauisch annahm. "Glaub mir Süße, du weißt überhaupt nichts über meinen Job. Allein weil du denkst, dass ich dir nur ein Messer in den Bauch rammen würde. Und jetzt geh, bevor du weinend auf dem Boden oder besser gesagt unterm Boden liegst.", antwortete er wieder leicht amüsiert und aggressiv. Ohne zu Antworten rannte ich los. Ich hatte ihn verstanden und keine Lust zu sterben, jedenfalls nicht heute.

Zu Hause angekommen, schloss ich die Tür auf und hinter mir wieder zu. Was war das denn eben? Bin ich gerade ernsthaft Isaac Rodríguez, dem gefährlichsten Menschen in dieser Gegend, begegnet? Ich versuchte zu verarbeiten, was er zu mir gesagt hatte, während ich unter der Dusche stand. Ich zog meine Schlafsachen an und schmiss mich auf mein Bett. Obwohl ich schlafen wollte, grübelte ich die ganze Zeit noch über die heutigen Geschehnisse. Was für ein ereignisreicher Tag in meiner neuen Stadt und meiner neuen Schule...

Ich meinte zu meinen Eltern, dass wir nicht hierherziehen sollten, aber sie widersetzten sich mir mal wieder. Da konnte ich einfach nichts mehr machen, denn wenn sie sich einmal etwas in den Kopf setzten, ging es auch nicht mehr heraus.

'Wie schlimm würde dieses Jahr noch werden, wenn es jetzt schon so schlecht ist?', fragte ich mich noch, bevor ich letztendlich doch in das Reich der Träume fiel.


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