Das Wiedersehen

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Fünf Jahre später dachte Silvana kaum noch an den Tag des Angriffs. Ihre zahlreichen Schnitt- und Platzwunden waren gut verheilt. Nur eine Narbe war ihr geblieben, doch diese verbarg sich unterhalb ihres flammend roten Haars. Nach den Begebenheiten in New York, hatte sie lange versucht, sich Klarheit über das zu verschaffen, was vor all diesen Jahren passiert war. Sie hatte mehrmals versucht Kontakt mit Shield aufzunehmen. Sogar an Tony Stark hatte sie versucht heranzukommen. Doch ihre Versuche waren allesamt abgewimmelt worden. Es war derartig frustrierend gewesen, dass sie nach anderthalb Jahren aufgehört hatte, Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Was ihr jedoch nicht bewusst war, was sie gar nicht wissen konnte, war dass Shield sie all die Jahre über im Auge behalten hatte, sollte sie ihre Erinnerungen an diesen Tag unerwartet zurückerlangen.

Gerade schlenderte sie an einer Straße entlang, die zu ihrem Lieblingscafé führte. Dort würde sie sich mit einem Mann treffen. Es war ein Blind Date, das ihre beste Freundin Melinda arrangiert hatte und auf das sie eigentlich gar keine große Lust hatte. Gerade fielen die ersten Schneeflocken vom Himmel, der sich wegen der Abendzeit bereits verdunkelt hatte, und Silvana war froh, ihre Wollmütze zu tragen, unter der sie ihre Haare verbarg. Wenn sie diese offen trug, fühlte sie sich immer von allen beobachtet und aufdringlich auffällig, was ihr unangenehm war.

Die Hände tief in den Taschen ihrer Jacke vergraben, um ihre frierenden Hände zu schützen, bog sie in eine Seitenstraße ab, um auf dieser Abkürzung, welche sie durch eine Unterführung leitete, schneller zu dem Café zu gelangen. Sie wollte dieses Blind Date so schnell wie möglich hinter sich bringen. Sie hatte keine Hoffnung, dass es vielleicht funken könnte, dazu war ihr Erfahrungsschatz in Bezug auf sie und Männer zu einseitig. In der Vergangenheit hatte sie gelernt, dass sie absolut beziehungsunfähig war. Mit ihren vierundzwanzig Jahren hatte sie bereits einige gescheiterte Beziehungen zu vermerken, nicht eine davon hatte länger als sechs Monate gedauert und jede einzelne war daran gescheitert, dass sie keinen einzigen der Kerle wirklich geliebt hatte und ihr andere Dinge wichtiger gewesen waren.

Die Seitenstraße auf der sie sich momentan befand war eher unbeliebt bei den Leuten und nur schwach von Straßenlaternen beleuchtet. Inzwischen ging es abwärts und Silvana steuerte auf die Unterführung zu. Wie aus dem Nichts stellten sich ihre Nackenhaare alarmiert auf und sie blickte sich um. Sie wurde das Gefühl nicht los, verfolgt zu werden. Kopfschüttelnd ging sie weiter, doch nun hatte sie es eiliger. Beinahe wäre sie gelaufen, doch sie bemühte sich, auch weiterhin nur zu gehen, wenn auch bedeutend schneller als zuvor. Alles was sie hörte, waren die Absätze ihrer Stiefel, die dumpfe Geräusche auf dem Asphalt verursachten.

Inzwischen war sie in der Mitte der Unterführung. Ihre Schritte wurden langsamer und sie strengte ihre Augen an, um besser sehen zu können. Als sie die Gestalten ausmachte, die am Ende der Unterführung standen, blieb sie stehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, denn wer immer dort stand, es waren mindestens zwanzig, und bei ihnen handelte es sich nicht um Menschen. Einer von ihnen löste sich aus der Gruppe und kam mit langsamen Schritten auf sie zu.

Silvana gefror bei diesem Anblick das Blut in den Adern. Ihr Herzschlag jagte dahin, denn sie erkannte diese Wesen wieder, auch wenn sie gehofft hatte, ihnen nie wieder begegnen zu müssen. Langsam, um nicht zu auffällig zu wirken, drehte sich Silvana um und wollte die Unterführung auf der anderen Seite verlassen, doch auch dort hatten sich bereits etwa zwei Dutzend Gestalten formiert. Es gab keinen Ausweg, sie war umzingelt. Als sie sich wieder umdrehte, war die einzelne Gestalt nur noch wenige Meter von ihr entfernt. Sie erkannte seine Gesichtszüge nun genauer, doch sie waren kaum menschlich und seine Gestalt war mindestens zweieinhalb Meter groß.

„Es hat viele Jahre gedauert, dich ausfindig zu machen, kleine Menschenfrau", sagte die Gestalt nun mit metallisch klingender Stimme und streckte ihr die Hand entgegen, „komm mit uns, wir haben viel mit dir vor."

Ein schicksalhaftes Band - LokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt