Ein kühler Empfang

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Entsetzt schaute Silvana dem Gott in die Augen. Sie konnte kaum fassen, wirklich dem Allvater gegenüber zu treten. Loki allerdings lächelte sie nur beruhigend an und bedeutete ihr, weiter zu gehen. In Silvanas Magengegend breitete sich ein mulmiges Gefühl aus. Sie wusste nicht, was der König von Asgard davon halten würde, wenn er hier eine Sterbliche antraf. Mit zögerlichen Schritten ging sie weiter auf eine der prachtvollsten Tafeln zu, zu der Loki sie führte.

Als sie näher kamen, erkannte sie Odin sofort. Er hatte eine stattliche Gestalt, sein weißes Haar und der Vollbart strahlten eine besondere Erhabenheit aus. Über seinem rechten Auge, welches er für Weisheit geopfert hatte, war eine goldene Klappe, die die dahinter verborgene, leere Augenhöhle verdeckte. Je näher sie dem Allvater kam, desto weicher schienen ihre Beine zu werden, bis sie nur noch aus weichem Pudding zu bestehen schienen. Inzwischen hatte auch Odin die beiden entdeckt.

Mit stolzen Schritten und hinter seinem Rücken verschränkten Armen bewegte sich Loki auf Odin zu und blieb schließlich in einigem Abstand zu ihm stehen. Silvana blieb neben Loki stehen und sah mit großen Augen zum Allvater auf, der sie von oben herab musterte.

„Allvater", sprach Loki nun endlich, „ich möchte dir Silvana vorstellen. Sie kam vor einigen Stunden mit Thor und mir hier an, denn sie benötigt unseren Schutz."

Als Loki zu Ende gesprochen hatte, versank Silvana in eine lange, tiefe Verbeugung und richtete sich schließlich wieder auf. Stolz hob sie ihr Kinn an und lächelte dem Allvater höflich zu.

„Heil sei dir, Odin Allvater", sagte sie mit einer Sicherheit in der Stimme, über die sie sich selbst wunderte.

Der Allvater schaute ihr nur gleichgültig entgegen und schien sie immer noch zu mustern. Silvana wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte, hielt seinem Blick jedoch stand.

„Vor einiger Zeit kam Thor nach Asgard und hatte eine Sterbliche bei sich. Nun kommt erneut einer meiner Söhne mit einer Sterblichen an seiner Seite zu mir. Mir scheint, Asgard wird mehr und mehr zu einem Zufluchtsort für menschliche Frauen, die unseren Schutz benötigen. Diese hier weiß sich jedoch immerhin zu benehmen. Das heißt jedoch nicht, dass sie auch bleiben kann", sagte Odin schließlich mit lauter, durchdringender Stimme.

Silvana wusste, in welche Richtung dieses Gespräch ausarten würde. Odin war alles andere als erfreut darüber, die junge Frau hier zu sehen und würde sie wieder fortschicken. Zwar fürchtete sich Silvana sehr vor den Chitauri, vor allem, da sie nicht wusste, was diese von ihr wollten und mit ihr vorhatten, dennoch wollte sie den Allvater nicht anflehen, bleiben zu dürfen. Auch wollte sie seinen Zorn nicht riskieren, wenn sie einfach hier blieb und sich weigerte, wieder auf die Erde zurückzukehren. Dazu hatte sie nun wirklich nicht die richtige Position. Wenn er sie hier nicht haben wollte, dann würde sie eben wieder gehen müssen. Erneut versank sie in einer tiefen Verbeugung. Als sie wieder zu Odin sah, war ihr Blick immer noch höflich, doch das Lächeln aus ihrem Gesicht war verschwunden.

„Wenn Euch meine Anwesenheit grämt, so werde ich Euch diese nicht mehr länger zumuten, Allvater", sagte Silvana und konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen.

Als sie sich umdrehte und zurück zu ihrem Schlafgemach gehen wollte, selbst wenn sie den Weg nicht wusste, ertönte Lokis energische Stimme.

„Halt, warte noch einen Moment."

Er umfasste ihren Unterarm, um sie zurückzuhalten und Silvana fuhr herum. Beinahe hätte sie sich losgerissen, doch Loki hatte sie bereits wieder losgelassen. Die Berührung hatte sich angefühlt, als hätte sie sich verbrannt. Der Gott schien das ebenfalls bemerkt zu haben, ansonsten hätte er seine Hand nicht so schnell wieder zurückgezogen. Außerdem beäugte er sie stirnrunzelnd, sodass wirklich kein Zweifel daran blieb, dass er das gleiche gefühlt hatte wie sie. Silvana atmete schnell ein und aus. Loki allerdings hatte sich schneller wieder gefangen. Er sah erneut zu Odin und das Stirnrunzeln war aus seinem Gesicht verschwunden, während Silvana immer noch krampfhaft versuchte, ihr rasendes Herz zu beruhigen.

Ein schicksalhaftes Band - LokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt