13. Beichte

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~22.03.20??~

Nach einer kurzen Fahrt war Ralf auch am Ziel angekommen und parkte seinen Wagen. Als er vor der Haustür stand, betätigte er die Klingel. Karin ließ nicht lange auf sich warten, da stand sie schon überrascht vor ihm.

"Oh, hallo Ralf. Also mit dir hätte ich jetzt nicht gerechnet..."
"Hallo Karin, schön dich zu sehen. Ich hoffe, dass ich nicht störe."
"Ach Quatsch... Ich war einfach überrascht. Scheint mir so, als wäre Deutschland momentan ein beliebtes Urlaubsziel..."
"Anscheinend ja. Und keine Sorge, ich weiß schon von allem Bescheid."
"Das ist schön, denn Thomas und Michael geht die Geschichte langsam selber auf die Nerven..."
"Das glaub' ich gerne. Sie mussten sie schließlich auch schon oft genug erzählen..."
"Gibt's einen besonderen Grund, warum du mal wieder hier bist?"
"Ja, kann man so sagen. Meine Mutter braucht ein wenig Unterstützung, da es ihr momentan nicht sehr gut geht. Deswegen verbringe ich die nächste Zeit erstmal hier."
"Oh, dann hoffe ich mal, dass es ihr schnellstens wieder besser geht..."
"Hört sich so an, als würdest du hoffen, mich so schnell wieder loszuwerden", meinte er und lachte.
"Du spinnst. So war das bestimmt nicht gemeint! Im Gegenteil, ich finde es schön, dass du uns mal wieder besuchen kommst."
"Na, was eine Erleichterung das zu hören!"
"Wo kommst du denn unter in dieser Zeit? Ein Hotel kann auf Dauer ziemlich teuer werden..."
"Das weiß ich noch nicht. Zumal ich auch noch zwei Hunde an der Backe habe..."
"Zwei?"
"Ja, zwei. Gonzo ist Papa geworden und ich musste einfach einen behalten..."
"Das klingt sehr nach dir... Ich kann dir unser Gästezimmer anbieten. Ich will ja nicht, dass du durch die Hotelkosten noch arm wirst..."
"Meinst du wirklich?"
"Klar. Auch wenn es in der Küche langsam eng wird. Aber daran sollte ich mich so langsam wieder gewöhnen. Ich freue mich ja, wenn wieder ein bisschen mehr Leben in die Bude kommt."
"Ich würde dein Angebot gerne annehmen, aber hast du auch an die Hunde gedacht? Kann sie ja wohl schlecht bei Max lassen..."
"Kannst du nicht? Ich glaube, dass würde ihn nicht sonderlich stören. Er liebt Gonzo. Und den anderen bestimmt jetzt auch schon."
"Das habe ich sofort gemerkt. Der andere heißt übrigens Gismo."
"Den ich später bestimmt auch kennenlernen werde. Weil zwei Hunde bekomme ich hier sicher auch noch unter..."
"Das hört sich gut an!"

Gemeinsam gingen die beiden in die Küche und Karin bot Ralf einen Kaffee an, den er dankend annahm.

"Und sonst, wie geht es dir, Ralf?", fragte Karin, als sie sich gesetzt hatten.
"Soweit ganz gut. Nur ich bin momentan ein bisschen durcheinander, weil ich mir bei einer Sache unschlüssig bin..."
"Magst du drüber reden?"
"Ja, schon okay. Ich bin am Überlegen wieder nach Deutschland zu ziehen..."
"Oh, wie kommt's denn dazu? Gefällt es dir dort nicht mehr? Und was wird dann aus dir und Jenny?"
"Wenn du noch eine weitere Frage gestellt hättest, hättest du mir einen Notizzettel geben können...", meinte er und brachte damit Karin zum Lachen.
"Sorry, ich bin nur einfach neugierig."
"Ja, schon gut. Ich hab mich von Jenny vor gut einem halben Jahr getrennt. Es hätte keine Zukunft für uns geben können, da sie mich sehr enttäuscht hat. Kurzzeitig bin ich mit ihr super klar gekommen und sie hat sogar auf meinen Wunsch damit aufgehört. Allerdings wurde sie nach einiger Zeit rückfällig. Und ich hätte erwartet, dass sie wenigstens mit mir offen darüber redet. Das hat sie nicht getan und als ich dann davon zufällig etwas mitbekommen habe, hat mich das sehr verletzt..."
"Das tut mir leid... Aber es war natürlich besser, es gleich zu beenden, statt noch länger unglücklich zu sein."
"Ich weiß. Aus diesem Grund habe ich das auch getan."
"Und jetzt habe ich noch eine Frage an dich... Bist du glücklich, dort wo du jetzt wohnst?"
"Es geht so... abgesehen von einer tollen Wohnung, einer Arbeit, die mich zufriedenstellt und ein, zwei Leute, die ich als Freunde betiteln würde, habe ich da nichts..."
"Was hält dich dann noch dort? Hier findest du mit Sicherheit auch wieder eine tolle Wohnung. Arbeit gibt es genug, du wirst bestimmt wieder etwas finden, was dich zufriedenstellt. Vielleicht sogar wieder bei Medicopter? Hier in der Nähe gibt es genügend Stützpunkte, die sicher noch jemanden suchen. Außerdem hast du hier Familie. Und 'ne Menge Freunde hast du schon. Also was willst du noch mehr, wenn du jetzt noch nicht überzeugt bist?"
"Du lieferst auf jeden Fall gute Argumente, das muss ich sagen. Max meinte auch schon, ich soll nicht lange überlegen und einfach machen..."
"Na siehst du, dann sind wir sogar schon zu zweit. Und ich denke, dass du das von den anderen auch noch hören wirst."

Inzwischen war eine weitere Stunde vergangen und Michael und Biggi saßen mittlerweile auch schon in der Küche. Ralf wurde von den beiden auch herzlichst in Empfang genommen. Nur von Thomas fehlte immer noch jede Spur.

"Anscheinend hat sich Thomas in den drei Jahren Kalifornien zu einem Langschläfer entwickelt...", meinte Ralf der immer noch gespannt auf Thomas wartete, um auch ihn begrüßen zu können.
"Da muss ich ihn wohl mal verteidigen, denn das kann ich nicht behaupten. Du solltest eher daran denken, was er gestern durchmachen musste. Der Tag war für ihn einfach sehr anstrengend und er muss das Geschehene sicher erst mal verarbeiten. Natürlich muss ich das auch, aber für Thomas war es ja von noch größerer Bedeutung", meinte Michael.
"Okay, du hast recht. Soweit habe ich gar nicht gedacht. Aber mein Aufenthalt hier wird noch lange genug sein. Irgendwann werde ich ihm schon noch mal vor Gesicht bekommen. Mir läuft die Zeit ja nicht davon."
"Dir nicht, aber mir vielleicht, wenn er nicht bald seinen Arsch aus dem Bett schwingt!", meinte Biggi.
"Warum denn das? Habt ihr etwas geplant?", wollte Michael wissen.
"Er begleitet mich nachher zu meinem Termin..."
"Was denn für einen Termin?", fragte Karin jetzt neugierig.
"Nun... gestern bin ich doch mit ihm geflogen und er hat mich dazu überredet, auch mal wieder zu fliegen, auch wenn ich normalerweise gar nicht mehr darf. Da aber alles ganz gut gelaufen ist und zumindest er nichts bemerkt hat, was gefährlich werden könnte, hat er mich dazu überredet, mich nochmal von einem Spezialisten checken zu lassen. Und Thomas hat dem Arzt ganz schön Druck gemacht, weshalb ich heute schon meinen Termin dort habe."
"Wow, Biggi. Das hört sich ja super an! Du solltest dich schämen, mir das erst jetzt zu sagen!", meinte Karin.
"Entschuldige, aber noch ist ja nichts entschieden. Ich habe auch ehrlich gesagt nicht all zu große Hoffnung. Aber ich habe es für Thomas getan, weil ich genau weiß, dass er sonst sowieso keine Ruhe gibt..."
"Was hast du für mich getan?",  fragte Thomas der gerade verschlafen in die Küche kam und dann erst mal Ralf mit einer Umarmung begrüßte.
"Den Termin. Du weißt, dass ich keine große Hoffnung habe!", meinte Biggi.
"Ich wünsche dir trotzdem viel Glück...", meinte Karin.
"Ja, danke..."
"Hey Biggi... jetzt warte doch erst mal darauf, was der Arzt zu sagen hat und mach dich vorher nicht schon verrückt, okay?", meinte Thomas der sich gerade neben Biggi niederließ, einen Arm um sie legte und ihr anschließend einen Kuss auf die Lippen gab.

Das sorgte dafür, dass sich Michael und Karin mit einem verwunderten Blick anschauten.

"Und jetzt solltest du dich erneut schämen! Wieso hast du nichts gesagt?", fragte Karin.
"Warum sollte ich etwas sagen, wenn ihr es doch sowieso früher oder später erfahren hättet? Vor allem war mir nicht so danach, es sofort jedem zu erzählen...", meinte Biggi.
"Okay, du hast recht. Das kann ich verstehen... Jedenfalls freut es mich für euch, dass ihr endlich eure Gefühle füreinander zugelassen habt..."
"Moment mal, was soll das denn heißen?", fragte Thomas.
"Ach, jetzt hör schon auf! Man hat immer gemerkt, dass ihr nicht voneinander abgeneigt wart. Aber es ging dir alles zu schnell, weil du lange gebraucht hast, um über Vera hinweg zu kommen. Doch dann kam Enrico und du kannst nicht abstreiten, dass du zu der Zeit nicht gelitten hast. Schließlich hast du es mir sogar erzählt, kurz bevor klar war, dass wir zurück können..." meinte Michael.
"Ich bin gerade verwirrt... Du hast mir nie erzählt, dass es für dich schwer war, mich mit Enrico zu sehen...", meinte Biggi.
"Schon so spät? Ich sollte erstmal ins Bad... Wir fahren dann auch gleich los...", meinte Thomas und verschwand aus der Küche.
"Da hast du deinen Beweis... Das ist typisch er!", stellte Karin fest und lachte.
"Er kann es abstreiten wie er will. Aber ich habe es sehr gut mitbekommen. Schließlich habe ich lange genug mit ihm zusammen gewohnt und seine Spielchen langsam durchschaut", sagte Michael zu ihr.
"Aber ich hätte doch gar nichts tun können... Ich habe all meinen Mut zusammengefasst und ihn darauf angesprochen und wurde abserviert. Was glaubst du, wie es mir danach ging?"
"Bestimmt nicht gut, das weiß ich. Aber jetzt mach dich nicht verrückt. Jetzt habt ihr ja zueinander gefunden", meinte Karin.
"Nicht gut? Mir ging es beschissen!"
"Dann halt so... An meiner Aussage ändert sich trotzdem nichts..."

Nach wenigen Minuten betrat Thomas auch wieder die Küche und nahm sich noch einen Kaffee, bevor er sich setzte.

"Na, in unangenehmen Situationen, flüchtest du lieber schnell, mh?", fragte Michael.
"Ach Quatsch. Was war denn daran jetzt unangenehm? Die Zeit rennt uns nur langsam davon. Wir fahren schließlich noch über 'ne halbe Stunde..."
"Ja, ja... so etwas zuzugeben, wäre ja wirklich katastrophal und würde deinen Ruf schädigen, nicht wahr?", neckte Michael ihn weiter.
"Mein Gott, was genau willst du von mir hören? Ja, ich habe gelitten. Und alles andere würde ich ihr gerne ohne den Druck von meinen Freunden erzählen und zwar freiwillig, okay?"
"Nicht so aufregen, Thomas. Du weißt doch, dass ich nur Spaß mache."
"Wie auch immer. Komm Biggi, wir müssen los!", meinte er bevor er sich von seinem Stuhl erhob und mit ihr gemeinsam nach draußen zum Auto lief.

Die 8. Staffel ~ Medicopter 117Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt