✩ 17. Kapitel ✩

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Der Tag verging ruhig. Je länger Kyudra bei Tōru im Wohnzimmer saß, desto normaler schien er wieder zu werden. Sie hatte keine Ahnung was an diesem Vormittag mit dem Setter los war, doch er schien sich wieder gefangen zu haben. Gemeinsam verbrachten sie die meiste Zeit auf der Couch und sahen fern. Kyudra versuchte so viel Abstand wie möglich zwischen ihnen zu halten und scheinbar schien Tōru dieser Umstand nicht zu stören. Nebenbei unterhielten sie sich, bis es schließlich Zeit wurde in die Küche zu gehen für das üppige Abendessen. Kyudra staunte nicht schlecht als sie den reichlich gedeckten Tisch entdeckte. „Für wie viele Personen hat deine Mutter bitte gekocht?" wisperte sie in Tōrus Richtung, der daraufhin leise anfing zu kichern. „Das ist normal bei ihr. So haben die beiden noch mindestens eine Woche was von den Feiertagen." Auch Kyudra konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken während er ihren Stuhl nach hinten zog, damit sie sich setzen konnte. Dankbar lächelte sie ihn an als er sich neben sie setzte. Es waren auch solche kleinen Gesten, die ihr Herz immer wieder aus dem Takt brachten. Welcher Frau es auch immer später gelingen würde diesen Kerl für sich zu gewinnen, sie hätte wohl den Jackpot gezogen. Bei diesem Gedanken spürte Kyudra ein Stechen in ihrer Brust und richtete ihren Blick schnell auf ihren noch leeren Teller. Sie sollte kein schlechtes Gefühl dabei haben über seine Zukunft nachzudenken. Sie hatten einen Deal, mehr nicht. Mehr würde er nie von ihr wollen und für sie sollte es genauso sein.

Das Festmahl, welches seine Mutter zubereitet hatte, schmeckte wie immer einfach köstlich. Und wie immer hatte Tōru viel zu viel davon gegessen. Ein Blick auf Kyudra verriet ihm jedoch, dass es auch ihr nicht anders zu gehen schien. Nachdem sie gemeinsam alles wieder aufgeräumt hatten ging es rüber in das große Wohnzimmer. Während er und Kyudra es sich wieder auf der Couch gemütlich machten, setzten seine Eltern sich auf die bequemen Sessel. Traditionell war jetzt der Zeitpunkt an dem die Geschenke ausgetauscht und ausgepackt wurden und so wanderten einige Pakete hin und her. Die Stimmung war gut, aber Tōru hatte die Befürchtung, dass Kyudra sich etwas über fühlen konnte. Doch dann reichte seine Mutter der Studentin einen roten Briefumschlag. „Huh? Für mich?" fragte Kyudra überrascht, als sie den Umschlag entgegen nahm. „Wir wollten nicht das du ganz ohne Geschenk dastehst" erklärte die Ältere mit einem liebevollen Lächeln „Es ist nichts besonderes, aber ich denke du wirst Verwendung dafür finden." Verschwörerisch zwinkerte sie Kyudra zu, was Tōru dazu veranlasste skeptisch die Augenbrauen zusammenzuziehen. Aufmerksam beobachtete er die Dunkelhaarige dabei, wie sie den Umschlag öffnete und etwas herauszog. Ihre Augen weiteten sich für einen Moment überrascht ehe sie wieder zu seinen Eltern sah. „Vielen Dank" sagte sie freudig und mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen „Dafür werde ich auf jeden Fall Verwendung haben." Fragend legte Tōru den Kopf leicht schief und beobachtete Kyudra dabei ganz genau. Sie merkte seinen fragenden Blick schnell und drehte die Karte in ihren Händen ein wenig, sodass er erkennen konnte was darauf stand. Ein überraschtes „Oh" verließ dabei seine Lippen. Es war ein Gutschein für eine Mode-Kette, von der es auch in Tokio eine oder sogar mehrere gab. Außerdem war der Wert des Gutscheins nicht gerade unerheblich.
Als alle Geschenke ausgepackt waren erhob Tōrus Vater sich von seinem Platz und verließ das Wohnzimmer für einen Moment. „Was ist denn mit ein beiden?" fragte seine Mutter daraufhin „Schenkt ihr euch gar nichts?" „Doch, aber das machen wir später, wenn wir allein sind" antwortete der Setter schnell und Kyudra nickte bestätigend. Sofort schlich sich ein Grinsen auf das Gesicht seiner Mutter, was Tōru dazu veranlasste genervt die Augen zu verdrehen. Vermutlich hatte sie gerade eine ganz genaue Vorstellung davon wie ihre „Geschenke" aussehen würden und er könnte darauf wetten, dass sie seinem Traum der letzten Nacht sehr ähnlich war. Um ehrlich zu sein hatten die beiden jedoch beschlossen sich tatsächlich nichts zu schenken. Immerhin kannten sie sich kaum und ihre Beziehung würde nach diesen Feiertagen sowieso wieder beendet sein.
Als sein Vater zurückkam stellte dieser eine Flasche Wein und vier Gläser auf den Tisch. „Zur Feier des Tages" sagte er mit einem leichten Grinsen und setzte sich wieder auf seinen Platz. Sofort merkte Tōru wie Kyudra sich neben ihm verspannte. Seine Frage was los sei ging unter dem Lachen seiner Mutter unter, als sein Vater vergeblich versuchte den Korken aus der Flasche zu bekommen. Schnell nahm sie ihm die Flasche aus der Hand und hatte in Windeseile ihre Gläser gefüllt. Als sie die Flasche dann jedoch in die Richtung von Kyudras Glas bewegte, schien diese endlich wieder aus ihrer Schockstarre zu erwachen. „F-für mich nicht, bitte" stotterte sie schnell und die Ältere hielt verwundert in ihrer Bewegung inne. „Ich vertrage nicht besonderes viel Alkohol" erklärte Kyudra schnell, erntete dafür aber zunächst nur ein belustigtes Kichern. „Keine Sorge Liebes. Wir werden dich nicht abfüllen. Nur dieses eine Glas." Damit füllte die Braunhaarige das Weinglas. Zum Glück jedoch nur halb so voll wie die anderen. Ein resigniertes Seufzen verließ dabei Kyudras Lippen. Während seine Mutter auch sein Glas füllte und sich wieder setzte, lag Tōrus Aufmerksamkeit einzig und allein auf der jungen Frau neben ihm, die immer noch skeptisch auf ihr halbvolles Weinglas starrte. Ganz langsam drehte sie schließlich ihren Kopf in seine Richtung. Den Blick, mit dem sie ihn ansah, konnte er dabei jedoch nicht deuten. Dafür waren ihre nachfolgenden Worte umso deutlicher auch wenn sie sehr leise sprach: „Ich vertrage keinen Alkohol. Absolut nicht. Nach diesem Glas werde ich fürchterlich betrunken sein und du solltest dann besser gut aufpassen was ich tue und sage."
Für einen kurzen Moment konnte er nichts anderes tun als sie verwundert anzublinzeln. Doch schnell fing er sich wieder und fing leicht an zu grinsen. „Ich werde schon auf dich aufpassen" gab er leise zurück und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn, was seiner Mutter ein verträumtes Seufzen entlockte. Er war irgendwie gespannt ob sie tatsächlich nach diesem kleinen Glas schon betrunken sein würde. Irgendwie hatte er ein wenig Angst, doch es stimmte ihn andererseits auch irgendwie zufrieden, dass sie ihm zu vertrauen schien.

✩ Faking Christmas ✩ (Oikawa x OC) [ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt