𝙖𝙘𝙝𝙩 | 𝙗𝙡𝙞𝙘𝙠

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JILL

Ich musste ungern zugeben, dass mich vorhin eine leichte Enttäuschung überkam, als Noah meinte, dass er noch was zutun hätte.

Es wäre sicher lustig mit ihm geworden und man hätte ihn besser kennenlernen können.

Man hatte gesehen, wie er überlegt hatte. Aber anscheinend hatte etwas anderes mehr Priorität.

Dadurch dass wir Nachbarn waren, machte ich mir aber nicht so viele Gedanken.
Man würde sich schon oft genug über den Weg laufen.

Yara und ich lachten beim Streichen so viel, dass meine Augen total vertränt waren, doch ich genoss es.
Das letzte Mal war viel zu lange her gewesen. Umso mehr saugte ich jetzt jeden gemeinsamen Moment mit ihr in mich auf.

"Und dann hat er einfach einem Jungen von der Jones-Miller den Ball ins Gesicht geworfen.", erzählte sie gerade, wie ein Klassenkamerad - Raul - Stress mit einem von der anderen Schule hatte.

"Ich sag dir, seitdem müssen die Lehrer noch aufmerksamer sein, dass niemand aufeinander losgeht."

"Krass, ich hatte nicht erwartet, dass es so extrem zwischen den beiden Schulen ist. Warum müsst ihr euch überhaupt einen Sportplatz teilen? Das bringt doch auch nichts." Verwirrt strich ich weiter über die Wand.

"Willkommen in einer Kleinstadt, Jill. Hier gibt es nur einen Sportplatz. Wir können froh sein, dass nicht gerade irgendwelche ekligen Männergruppen da sind, wenn wir da sind.", zog Yara eine Grimasse.

Angeekelt verzog ich mein Gesicht. "Ugh. Ich hasse Sport jetzt schon."

Vom Streichen bekamen wir großen Hunger, weshalb wir für uns uns und meine Familie Essen bestellten.

Als wir dann alle auf dem Boden der Terrasse saßen, weil wir noch keinen Esstisch hatten, begann Mom wieder über mein Klavierstück zu reden.

"Ich hab vorhin mit Verena geredet und herausgefunden, wer von Familie Adams Klavier spielt." Jetzt war ich aber mal gespannt. „Und?"

"Verena spielt selber, aber sie hat gesagt, dass Noah viel besser ist - ein richtiges Naturtalent - und es dir bestimmt gerne beibringt."

Yara und ich tauschten einen Blick aus. Wir hatten vorhin noch darüber geredet, wie es wohl wäre, wenn Noah mir Stunden geben würde.

Da hatte ich es mir sehr aufregend vorgestellt, doch jetzt verunsicherte es mich ungemein.

"Sicher, dass er das freiwillig macht?" Ich konnte mir das wirklich nicht vorstellen.

Adan lachte. "Für dich bestimmt, Jilli."

Ich gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, während Yara nur in sich hinein kicherte.

Sie gehörte schon mit zur Familie.

Dad überspielte Adans Kommentar einfach und bedachte mich mit einem ernsten Blick. "Versuch's doch wenigstens mal und sei froh, dass er das überhaupt macht. Vielleicht findest du dadurch ja noch einen Freund."

Jetzt kam wieder das mit dem Freunde finden.

"Ich hab doch Yara!"

Mom lachte auf. "Jill, jeder hier weiß, dass du mehr als eine Freundin brauchst."

Brauchte ich nicht. Yara war nämlich die einzig wahre, du hattest es bloß nie mitbekommen.
Ich verkniff mir ihr diese Worte an den Kopf zu werfen.

Nachdem meine beste Freundin und ich noch Stunden auf meinem Balkon gelegen, die Sterne beobachteten und dabei geredet hatten, machte sie sich auf den nach Hause.

"Vergiss ihn, Yara. Du verdienst jemanden, der dich auf Händen trägt.", waren meine letzten Worte, ehe ich die Wohnungstür schloss.

Sie hatte mir erzählt, wie Luke und sie es nochmal versucht hatten, er sie dann aber betrogen hatte.

Fremdgehen war das erbärmlichste, was man meiner Meinung nach machen konnte.

Wieso tat man einem Menschen sowas an?
Mein Gewissen würde mich umbringen.

Die nächsten Tage vergingen rasend schnell und unsere Wohnung fühlte sich immer mehr wie zu Hause an.

Meine restlichen Möbel wurden geliefert und ich begann mein Zimmer einzuräumen. Außerdem dekorierte ich meinen Balkon mit Pflanzen und Lichterketten.

Es stand nach ein paar Tagen auch fest. Ich würde Klavierstunden bei Noah haben.

Dadurch dass ich ihm aber nie begegnete, wenn ich das Haus verließ, wusste ich nicht, wie er dazu stand.

Ob er sich wohl darauf freute? Wahrscheinlich nicht.

Ich konnte mir vorstellen, dass er das ganze eher unfreiwillig machte und unter Augenrollen eingestimmt hatte.

Vielleicht würde ja einmal treffen ausreichen. Haha.

Der letzte Abend, bevor die Schule wieder losging, kam schneller als gedacht.

Die ganze Woche hatte ich darüber nachgedacht, wie es werden würde und jetzt war es fast soweit.

Morgen würde ich das erste Mal in meinem Leben irgendwo neu sein. Ohne eine Freundesgruppe, nur Yara. Ich konnte neu anfangen.

Nachdem ich mir eine Maske aufgetragen und Zähne geputzt hatte, ging ich runter zu meinen Eltern um diesen Gute Nacht zu sagen.

Die Paste in meinem Gesicht spannte, als ich mir im Spiegel zulächelte. Ich wusste, dass es zwar nichts brachte einen Tag bevor die Schule begann eine Maske auf das Gesicht zu klatschen und zu hoffen, dass die Unreinheiten dadurch verschwinden würden - doch es ließ mich besser fühlen.

Ich liebte das Gefühl, sich sauber zu fühlen.
Überall rasiert, mit frisch gewaschenen Haaren und gut riechender Creme - das war das beste.

Pfeifend joggte ich die Treppe runter und lief ins Wohnzimmer, wo nur Dad saß.

"Wo ist Mom?"

Dad schaute von seinem Buch auf. Eigentlich würde er bestimmt Fußball gucken, aber unser Fernseher war noch nicht da und er wollte nicht auf dem MacBook gucken, da er meinte dass das nicht das richtige wahre Erlebnis wäre.

"Sie hat Toast von Familie Evans geholt. Wir hatten keins mehr für euer Frühstück morgen. Eigentlich wollte sie auch direkt zurückkommen, aber anscheinend hat sie sich verquatscht."

Ich grinste ihn (so weit wie es mit der Maske ging) an und gab ihm ein Kuss auf die Wange. "Nachti, bis morgen."

"Sei nicht all zu aufgeregt.", rief er mir noch hinterher, als ich das Wohnzimmer verließ und zur Treppe lief.

In diesem Moment ging gerade die Tür auf und Mom kam rückwärts herein, während sie über den ganzen Hausflur mit Verona redete.

Zum Glück waren immer nur zwei Wohnungen auf einer Etage, so hörten die anderen Mitbewohner nicht so viel.

Ich konnte direkt in Familie Evans Wohnung reingucken, da unsere und deren Wohnungstür sperrangelweit offen standen. So, dass Verona mich auch in meinem Schlafanzug und meiner Maske sah.

Wartend blieb ich hinter Mom stehen, damit ich ihr Gute Nacht sagen konnte.

Und wie hätte es nicht anders kommen können, tauchte Noah hinter seiner Mom auf.

Erst sah er mich nicht, doch als er seinen Blick hob, blickten wir uns direkt in die Augen.

Und auch wenn ich es ungern zugeben wollte: es gefiel mir.

Sehr sogar.

Denn seine Augen hatten dieses Mal ein gewisses Glitzern.

ich schwöre bald passiert mehr zwischen den beiden - seid geduldigg
aber jedes detail ist gerade wichtig für den verlauf der geschichte

:) (:

Nɪᴄʜᴛ ɴɪᴄʜᴛsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt