𝙛𝙪̈𝙣𝙛𝙪𝙣𝙙𝙙𝙧𝙚𝙞𝙨𝙨𝙞𝙜 | „𝙞𝙘𝙝 𝙫𝙚𝙧𝙢𝙞𝙨𝙨𝙚 𝙙𝙞𝙘𝙝"

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NOAH

Ich war ehrlich aufgeregt.

Drei Stunden noch. Drei Stunden bis ich neben Jill auf dem Hocker sitzen konnte. Ganz nah.

Nachdem Augenkontakt auf dem Sportplatz konnte ich es gar nicht erwarten, sie wiederzusehen.

Es war anders. Irgendwie.

Näher.

Und das machte mich einerseits verdammt glücklich, doch gleichzeitig verspürte ich eine gewisse Angst in meinem Körper.

Meistens wenn ich mich Menschen ein wenig öffnete, wollten sie danach alles sehen. Doch so weit war ich lange noch nicht.

Ich hatte nicht viel zu verbergen, keine drastischen Rückschläge - zumindest für andere Menschen. Doch für mich waren sie groß genug um eine Last auf meinen Schultern zu sein.

Und gegen diese half auch keine Physiotherapie.

An manchen Tagen war sie leichter als an anderen, doch wenn Jill bei mir war, fühlte sie sich nur noch wie ein Arm um meine Schulter an. Ein Druck, der da war - doch nicht unangenehm.

Erschöpft und doch erstaunlich gut gelaunt schloss ich die Wohnungstür auf. Es war nicht doppelt abgeschlossen, was hieß, dass jemand Zuhause war.

Komisch. Eigentlich kam Mom erst in einer Stunde.

„Hallo?" Meine Worte hallten ein wenig im Flur nach.

Keine Antwort. Nur ein Rumpeln von oben.

Ich streifte meine Sneaker von den Füßen und machte mich auf den Weg nach oben.

Die Geräusche kamen aus Alvas Zimmer. „Alva?"

„Scheiße.", hörte man die fluchende Stimme meiner Schwester. „Warum bist du schon von der Schule zurück?"

Verwirrt guckte ich auf die Uhr und betrachtete das Chaos in ihrem Zimmer. „Wir haben freitags immer früher aus. Was machst du hier?"

„Wohnen." Ironisch lachte sie auf.

Wohnen. Das tat sie lange nicht mehr hier.

Die Definition von Wohnen war nämlich definitiv nicht zweimal im Monat auftauchen und dann wieder spurlos verschwinden.

„Obwohl. Sagen wir so, aus eurer Perspektive bin ich nur zu Besuch da."

„Alva, um ehrlich zu sein bist du wirklich eher der Besuch, als ein Familienmitglied. Du bist nie da. Wo treibst du dich so lange rum? Sind wir- ... bin ich dir so unwichtig?" Dass sie Mom und Dad anstrengend fand, konnte ich verstehen, aber mich? Wir waren immer so gut gewesen.

„Noah ... du weißt, dass du mir wichtig bist. Aber meine Freunde sind mir auch wichtig. Und die brauchen mich gerade."

Ich schnaubte. „Wie lange dauert dieses gerade schon an? Vier Monate? Ich brauch dich auch. Nicht gerade, sondern immer."

Sie schaute mich mit einem mach-mir-kein-schlechtes-Gewissen-ich-kann-nichts-daran-ändern-Blick an.

Fuck Alva, du konntest so viel daran ändern. So viel.

Aber nein, deine Freunde, von welchen ich noch keinen einzigen kennengelernt hatte, waren dir wichtiger. Du verbrachtest lieber Zeit mit ihnen.

„Sag mir wenigstens wieso. Wieso hälst du es nicht länger als ein paar Stunden Zuhause aus." Wenn das hier überhaupt noch ihr Zuhause war...

Nɪᴄʜᴛ ɴɪᴄʜᴛsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt